Frage: Gedächtnis

Lieber Dr Posth, mein Sohn (in zwei Monaten 3 J)"spielt" z.Zt. sehr mit seinem Gedächtnis: Er erzählt aus Zeiten vor seinem Spracherwerb, er erinnert (fast erschreckend präzise) unglaublich viele (ein Mal gehörte) Namen, Orte, an denen wir vor einem Jahr und früher waren erkennt er wieder ("Hier war ich mal. Da war ein Fest. Du warst nicht dabei!"). Auffällig oft fragt er: "Wo waren wir jetzt" - d.h. das unmittelbar Vorausgegangene (gerade waren wir auf dem Spielplatz, beim Einkaufen usw) scheint er nicht zu wissen: Hinkt das Kurzzeitgedächtnis nach? Oder spielt er? Ist diese intensive Beschäftigung Teil der Identitätsbildung? Danke für Ihre Arbeit - auch in diesem Forum!

Mitglied inaktiv - 29.03.2004, 22:03



Antwort auf: Gedächtnis

Liebe Anne, es ist tatsächlich so, daß das Kurzzeitgedächtnis in den ersten Lebensjahren mit dem Ansturm an Eindrücken nicht mithalten kann. Nur die sehr eindringlichen Erlebnisse werden peu a peu ins Langzeitgedächtnis übernommen und damit Bestandteil der "inneren Welt" des Kindes. An solche Geschehnisse kann sich das Kind dann auch erinnern, und warum welche Details dabei eine besondere Rolle spieln, bleibt immer das Geheimnis des Kindes selbst. Mit der zeit wird aber die Kurzzeitgedächtnisfunktion immer besser, wahrscheinlich weil viele Ereignisse inzwischen strukturiert und im Gehirn soweit auch in sogenannten Repräsentationen organisiert sind, daß jetzt mehr Platz dafür vorhanden ist. Viele Grüße

von Dr. med. Rüdiger Posth am 30.03.2004