Frage: arbeitende Mutter

Lieber Dr. Posth, danke für Ihre Erklärungen zur geistigen Entwicklung von Säuglingen. Sie haben uns schon sehr beim Verständnis unserer Tochter (4,5 Mon.) geholfen. Ich habe jedoch noch Fragen zu unserer spezif. Situation: Mangels anderer Möglichk., bin ich nach dem Mutterschutz wieder voll arbeiten gegangen. Mein Mann ist zu Hause und ein ganz liebevoller Vater. Ich arbeite im Schuldienst, und bin zu unregelm. Zeiten zu Hause. Mal nach 5h, mal nach 9h. Den Rest mache ich abends, um die übrige Zeit mit meinem Kind zu haben. Fr-So bin ich ganz zu Hause. Ich stille und pumpe ab. Nachts bin ich für sie da. Wie ist es nun mit der Primärbezugsperson?Diese Rolle ist ja bei uns nicht eindeutig einer Person zugewiesen, oder?Ist das ein Problem für unsere Tochter?Oder könnte es bei der spät. Loslösung eines werden?Wäre es besser, wenn ich mich stärker zurückhalte?Sie ist momentan in einer sehr Mama bezogenen Phase.Schadet es ihr, wenn ich mich ihr durch die Arbeit entziehen muss?Danke,Steffi

Mitglied inaktiv - 17.01.2005, 20:18



Antwort auf: arbeitende Mutter

Liebe Steffi, ja, das ist eine schwierige Frage. Eine solche Situation, die inzwische öfter vorkommt, würde man als die einer konkurrierenden primären Bindung bezeichnen. Meines Wissens gibt es dazu noch überhaupt keine aussagekräftigen Studien. Allenfalls gibt es Einzelerfahrungen und -beobachtungen. Mir scheint es nach solchen Einzelerfahrungen so zu sein, als suche sich der Säugling nach bestimmten Gesichtspunkten seine hierarchisch erstpositionierte pr. Bez.person aus und ordnet alle weiteren einfach nach. Solche Gesichtspunkte können sein: Stillen oder Füttern, häufige Pflege, vieles Herumtragen, intensive Ansprache, angenehmes Schmusen, etc. Manchmal mag auch einfach spontane Sympathie den Ausschlag geben. Wahrscheinlich ist es besser, daß tatsächlich einer von beiden Eltern erst einmal in gewisser Weise dominant ist, damit der andere für die Loslösung im zweiten Lebensjahr sozusagen frei bleibt. Eine zu intensive Bindung im ersten Lebensjahr erschwert automatisch die Loslösung im zweiten, die sich dann leicht aggressiver gestaltet. Beide Eltern sollte sich über ihre Rollen und über deren letztlich gleichwertige Bedeutung im Klaren sein, sondern gibt es Rivalitäten unter ihnen, die beim Säugling zu einer Bindungsverwirrung führen können. Dadurch entstehen wieder unsichere Bindungen am Ende des ersten Lebensjahres. Alles noch ein bißchen Neuland und sicher nicht ganz so einfach zu verstehen! Die früheren Generationen gingen (allerdings nicht aus solchen Einsichten heraus) der ganzen Problematik intuitiv aus dem Weg, in dem sie die Rollen zwischen Mann und Frau von Anfang an klar verteilten. Leider war damit eine Nichtanerkennung der Mutterrolle verbunden und eine Unterdrückung der Frau im gesamten sozialen Leben. Das war also die Kehrseite der Medaille, die nicht wiederholt werden sollte. Aber aus emotions- und entwicklungspsychologischer Sicht kommen da in Zukunft brenzlige Gesprächsthemen auf uns alle zu. Die Lust aufs "Kinderkriegen", schrumpft immer weiter, und zahllose Frauen entscheiden sich inzwischen gegen ein Kind. Wir stehen hier an einem Punkt, an dem Soziologie, Politik, Psychologie, Philosophie und schließlich Medizinethik eine hochkomplexe Verbindung eingehen. Dieser Dialog ist schwer zu führen, und von seiten der Politik kommen bisher die magersten Auskünfte. Jedenfalls sehe ich das so. Viele Grüße

von Dr. med. Rüdiger Posth am 19.01.2005



Antwort auf: arbeitende Mutter

Hallo, ich arbeite auch Voll und in Schichten.Mal bin ich um 14h30 zu Hause,mal bin ich ab 12h30 weg und um 21h30 zurück - bin Krankenschwester.Unsere kennt es nicht anders und sie kommt super zurecht.Da wir ein Mädel haben, ist sie eh mehr das Papa - Kind, was ich normal finde und weswegen ich auch nicht unzufrieden bin!Ich bin für Trösten da, um Geschichten vorzulesen, rausgehen,kuscheln und ihre Einschlafhilfe am Abend.Wir sind beide ihre Primäebezugspersonen ;-))

Mitglied inaktiv - 18.01.2005, 20:44