Guten Tag!
Ich bin ein bisschen ratlos. Unser Kind wird 3 und ist sprachlich als auch geistig sehr stark entwickelt. Er macht noch in die Windeln obwohl er schon auf den Topf gehen könnte.
Läuft er nackt (also ohne Unterhose) durchs Haus macht er beides in den Topf. Sobald er eine Hose anzieht ist es vorbei. Dann wird konsequent in die Hose gemacht. Bescheid sagt er nicht, Fragen darf man ihn nicht, da er dann anhält...Schimpfen hilft nichts, loben auch nicht. Was tun?
Ich bin im Osten geboren, in der Krippe war ein Großteil der Kinder mit einem Jahr trocken. Wie haben unsere Eltern das geschafft? Wir sind ja nicht alle geschädigt davon...aufgrund dieser Situation frag ich mich ob unsere Eltern alles richtig gemacht haben und unsere Generation einfach unfähig ist, Kinder vernünftig zu erziehen oder Sachen durchzuziehen (unabhängig vom Windelfrei werden, z.B. Nuckel abgewöhnen usw.).
LG Franzi
von
franzi0206
am 29.06.2020, 08:38
Antwort auf:
Windelfrei
Hallo Franzi
:-))), von Berichten anderer Eltern aus den neuen Bundesländern wissen wir, dass die Kinder in den Krippen regelmäßig „getopft“ wurden, z. T. ½ bis 1 stündlich. Auch in den alten Bundesländern gab und gibt es Eltern, die es auf diese Weise handhaben und somit überwiegend trockene Windeln haben.
Mit einer eigenständigen Blasen- und Darmkontrolle hatte und hat dies jedoch nichts zu tun.
Voraussetzung hierfür ist, dass die Kleinen zunächst einmal lernen Harndrang zu spüren und dann im Laufe der Zeit herausfinden wie und zu welchem Zeitpunkt sie darauf reagieren und zur Toilette gehen sollten.
Sorgen sie sich also nicht, sie sind weder unfähig noch geschädigt ;-))) und auch unsere Eltern haben nichts falsch gemacht. Die Erfahrungen und das Wissen um diese Dinge haben sich zum Glück in den letzten Jahrzehnten weiterentwickelt und wir wissen heute, dass jedes Kind sich ganz individuell in seinem ureigenen Rhythmus und Tempo entwickelt.
Es gibt zu dem Thema sehr gute Studien und ein Buch von einem Prof. Dr. Remo Largo aus Zürich (Kinderjahre). Er hat jeweils über 20 Jahre Kinder beobachtet und herausgefunden, dass es keinen Unterschied macht ob Kinder regelmäßig getopft werden oder man der Entwicklung einfach ohne Stress seinen Lauf lässt.
Dieser Reifungsprozess beginnt ca. mit dem 2. Lebensjahr, verläuft in kleinen Schritten und sollte mit Vollendung des 5. Lebensjahres abgeschlossen sein,
als Erstes nehmen die Kleinen wahr, dass sie Pipi/ Stuhlgang in die Windel gemacht haben,
als nächstes können sie spüren, dass sie gerade in die Windel machen,
erst danach beginnen sie Harn-/ Stuhldrang zu spüren und lernen anzukündigen, dass GLEICH Pipi/ Stuhlgang kommt, schaffen jedoch anfangs den Weg zur Toilette nicht mehr :-(
später folgt dann die Fähigkeit aufzuhalten und anschließend auf die Toilette zu gehen,
ganz zuletzt können die Kinder dann noch besser damit umgehen, den Gang zur Toilette z.B. verschieben oder bewusst hingehen.
Ihr Sohnemann hat also noch viel Zeit bis Blase und Darm wunschgemäß arbeiten können sollten :-))).
Dieser Lernprozess hat mit „Erziehung“ nichts zu tun und kann von den Eltern nicht beschleunigt ABER unterstützt werden.
Bieten sie ihrem Kleinen immer einmal wieder Töpfchen/ Toilette an und lassen ihn dann ohne Druck und ganz entspannt selbst entscheiden ob er es sich schon zutraut und JETZT der richtige Zeitpunkt ist.
Sie können ihn auch, wenn sie mögen, mitnehmen auf die Toilette und erklären was sie gerade tun. Kinder lernen am Ehesten durch Nachahmung.
Den kleinen Mann jetzt im Sommer eventuell nackig laufen zu lassen ist eine sehr gute Idee und fördert seine Wahrnehmung für den Harndrang. Je weniger Bekleidung der Mensch trägt umso besser ist die Eigenwahrnehmung.
Haben sie noch ein wenig Geduld, lassen ihrem Kleinen seine Windel bis sie feststellen, dass er es in der Regel rechtzeitig und trocken bis zur Toilette schafft. Höschenwindeln sind eine gute Möglichkeit für die Kinder dies eigenständig zu händeln, wenn sie zur Toilette wollen.
Herzliche Grüße
Conny Ackmann
von
Conny Ackmann
am 29.06.2020