Operation Knick-Senk-Fuß

Dr. med. Jan Matussek Frage an Dr. med. Jan Matussek Chefarzt für Kinderorthopädie und Kindertraumatologie am Klinikum Emil van Behring, Berlin

Frage: Operation Knick-Senk-Fuß

Guten Tag, mein Sohn hat einen ausgeprägten Knick-Senk-Fuß und trägt seit vielen Jahren in den Schuhen Einlagen. Zu Hause läuft er auf Socken. Er hat keine Schmerzen. Nun hat unser Orthopäde angeraten, dass er unseren Sohn operiert. Er will die Füße mit einer Schraube aufrichten. Unser Sohn wird bald 11. Was halten Sie von einer Operation, ohne dass Schmerzen vorliegen? Falls Sie zur Operation raten, ist das Einsetzen einer Schraube die richtige Methode? Der Arzt hat gesagt, dass er diese OP seit 8 Jahren mit ca. 20-30 Fällen pro Jahr durchführt. Ist das ausreichende Erfahrung? Was halten Sie von Fußgymnastik? Der Orthopäde findet sie sinnlos. Könnte auch ein Kinderarzt so etwas verordnen? (damit man die richtigen Übungen lernt) Vielen Dank für Ihre Einschätzung.

von KrümelsMami2009 am 01.07.2020, 00:26



Antwort auf: Operation Knick-Senk-Fuß

Liebe Familie, liebe Eltern, eine klassische Frage und ein häufig bearbeitetes Problem in den Köpfen der Eltern. Tatsächlich kann man sich konservativ mit Einlagen und Fußgymnastik austoben bis ca. zum 10. Lebensjahr, dann allerdings haben bei starken Knick Senk Füßen die konservativen Methoden ausgedient. Natürlich weiß ich nicht in diesem Forum, wie stark die Knicksenkfüße bei ihrem Sohn sind. Viele Kinder haben in diesem Alter Knick - Senkfüße, und das hat oft etwas mit der allgemeinen Haltungsschwäche des gesamten Körpers zu tun. Was ist nun ein starker Knick Senkfuß: Wenn sich ihr Sohn vor ihnen hinstellt, und sie ihn von hinten sehen und erkennen, dass das Längsgewölbe vollständig abgeflacht ist und der innere Fußrand auf den Boden aufdrückt, dann kann man sicher von einem starken Knick Senkfuß reden. Wenn sich der gleiche Fuß dann im Zehenspitzenstand gut aufrichtet und ein schönes Längsgewölbe ausbildet, dann sprechen wir von einem weichen, flexiblen Knicksenkfuß. Diese starken und flexiblen Knicksenkfüße sind ab dem 10. Lebensjahr gut mit der von Ihrem Hausorthopäden beschriebenen Operation zu behandeln. Aber Stop: Es handelt sich hier um eine Art Trick, bei dem das Abknicken durch eine "Türstopper" Situation verhindert wird. Sowie der TürStopper das zu weite Aufschlagen der Tür verhindert, so verhindert die Schraube das zu weite Einknicken des Fußes. Ein guter Trick, der gut funktioniert. Ein Italiener hat das entwickelt und, auch wir machen das an unserer Klinik mit Erfolg. Nach 3 Jahren kommt die Schraube wieder raus. Die Operation ist tatsächlich harmlos. Aber es ist trotzdem eine Operation mit Narkose und mit den kleinen Risiken. Um also die Frage zu beantworten, ob diese Operation bei ihrem Sohn notwendig ist, muss man die Stärke des KnickSenkFußes, also der Haltungsschwäche, beurteilen. Das kann nur der behandelnde Orthopäde oder Kinderorthopäde und so weiter. Sie brauchen Vertrauen in ihren Orthopäden, aber Krankengymnastik und Muskelstärkung: Dieser Zug ist in dem Alter ihres Sohnes eigentlich abgefahren. Dazu würde er jetzt allzu schnell Gewicht zunehmen und der Muskelaufbau wird mit der Gewichtszunahme des Körpers und dem Druck auf dem Fuß nicht mithalten können. Ausnahmen bestätigen die Regel. Herzliche Grüße, Ihr Jan Matussek

von Dr. J. Matussek am 20.07.2020



Antwort auf: Operation Knick-Senk-Fuß

Noch als Nachtrag: Mein Sohn ist sportlich und sehr schlank. Bei der Fußgymnastik verspreche ich mir konkrete Stärkung der Fußmuskeln, die im Alltag (Fußball, Basketball, etc.) nicht so beansprucht werden. Knieschmerzen hat er auch nicht. Mir fällt auch keine X-Beinstellung auf.

von KrümelsMami2009 am 01.07.2020, 17:30



Antwort auf: Operation Knick-Senk-Fuß

Die Bandbreite der Möglichkeiten bei ihrer Beschreibung des Fußes ist sehr hoch. Die Bandbreite der Normvarianten, also der normalen Fußformmöglichkeiten von sehr hohem Längsgewölbe bis zu leicht abgeflachtem Längsgewölbes ist ebenfalls sehr hoch. Viele Eltern verhalten sich zu den Füßen ihrer Kinder überängstlich und fast neurotisch und zwingen die Ärzte häufig dazu, irgendwelche Behandlungsmethoden vorzuschlagen. Ich bleibe bei meiner Aussage, dass ab dem 10. Lebensjahr entweder gehandelt werden muss, oder man sich bewußt zu einer Nicht-Behandlung entscheidet. Es gibt keine eindeutige Aussage zu einem noch-gerade gesunden Knicksenkfuß und einem schon gerade sehr krankhaften Knick Senkfuß. Die Grauzone ist sehr groß. Die Entscheidung müssten sie für ihren Sohn treffen, indem Sie ihn beobachten und sich fragen, ob ihr Sohn irgendeinen Leidensdruck hat. Den Leidensdruck haben meistens die Eltern, die glauben, ein flexibler leichter Knick-Senkfuß wäre das Ende jedweder sportlichen oder beruflichen Karriere später. Das Gegenteil ist meistens der Fall: Geht man in die Länder der sog. Dritten Welt , wo gesunde und sich viel bewegende Kinder barfuß herumlaufen, so sieht man eher eine Art Plattfuß, als einen hochgewölbtem Fuß. Und ob Sie es glauben oder nicht: Die jetzige sportliche Aktivität Ihres Sohnes entscheidet über die Frage, ob behandelt werden muss oder nicht. Der Jugendliche , der den ganzen Tag im Sessel sitzende, etwas übergewichtige Junge mit einem haltungsschwachen Knick Senkfuß: Der wird eine ärztliche Behandlung brauchen, mehr noch als der sportlich hochaktive, nicht schmerzgeplagte Jugendliche mit einem Knicksenkfuß, der sich den ganzen Tag bewegt. Die Frage nach der richtigen Behandlung ist auch unter den Ärzten sehr umstritten: Einfach ist es bei einem schmerzhafter Knick Senkfuß dem 10. Lebensjahr … Den sollte man behandeln. Der andere Knicksenkfuß, der das Kind nicht behindert und auch im Rahmen eines 100 m Sprints nicht ein Hindernis darstellt, den sollte man in Ruhe lassen. Mit herzlichen Grüßen/Grüßen, JM

von Dr. J. Matussek am 20.07.2020



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