Frage: Theory of mind

Hallo Frau Windisch, meine Tochter wird nächste Woche 4 Jahre alt. Sie ist zwar entwicklungsverzögert, aber ich denke so langsam sollte sie in der Lage sein, sich in andere Menschen hineinzuversetzen. Kann man das irgendwie testen bzw. am alltäglichen Verhalten erkennen? Ich frage deshalb, weil ich denke, dass dies ein Meilenstein in der sozial-emotionalen Entwicklung ist. Außerdem mache ich mir Sorgen, weil sie sich für andere Kinder nicht interessiert bzw. nicht beachtet. Vielleicht wegen der Verzögerung in der Sprache. Vielen Dank und viele Grüße, Engelline

von Engelline am 06.01.2021, 22:53



Antwort auf: Theory of mind

Hallo, sie sprechen hier von der Empathie. Die Empathie ist nicht angeboren, sie wird von den Kindern im sozialen Kontext erlernt, sprich durch eigene Erfahrungen (Eltern-Kind-Bindung, die Reaktion der Eltern auf das Kind, trösten, Nähe, Bedürfniserfüllung) und durch das Nachahmen der Eltern (Modell-Lernen), sie wird also von der Interaktion und Kommunikation in der Familie beeinflusst, aber auch von Temperament und kogn.Faktoren. Die Entwicklung der Empathie durchläuft verschiedene differenzierte Stadien in der emotionalen Entwicklung, die im 2.LJ mit der Erkenntnis der eigenen Person und der Trotzphase beginnt und sich dann bis zum 6.LJ fortsetzt. Im 3.-5.LJ beginnen Kinder andere Kinder mit in ihr Spiel einzubeziehen, z.B.in Form von Rollenspielen (beeinflusst vom Temperament des Kindes, schüchterne, ängstliche Kinder sind zurückhaltender). Die Grundlage sich in andere Hineinzuversetzen, ist das Erkennen und Zuordnen der eigenen Gefühle (beobachten ob sie das kann, reflektieren: z.B. wenn sie wütend ist, zu ihr zu sagen: jetzt bist du aber wütend, du ärgerst dich. Erkennen der Emotionen anderer z.B.in Büchern), dann gelingt auch das Verständnis für die anderen. Mit der Entwicklung der Empathiefähigkeit geht auch die Entwicklung positiver sozialer Verhaltensweisen einher, die Kontakt und Spiel mit anderen Kindern beeinflussen. Förderung: Geschichten sind eine gute Möglichkeit, um sich in andere Menschen hinein zu versetzen., mitzufiebern, empathisch zu reagieren ( Empathie kennen lernen auf aktiv-passive Weise). Rollenspiele (so-tun-als-ob, Mutter-Vater-Kind spielen, Tiere spielen, z.B.ängstliche, wütende, liebe, hilfsbereite Tiere, ...), kooperative Spiele. Positive Erfahrungen im Zusammenspiel mit anderen Kindern. Loben/Anerkennen, wenn sie sich empathisch verhält, z.B. das Spielzeug geteilt wird, etc. Empathie im alltäglichen Verhalten erkennen: beobachten Sie ihr Kind, wenn Sie sich selbst z.B.stossen (kann auch gespielt sein): reagiert ihr Kind darauf, z.B.kommt trösten, pustet, schaut es Sie mitleidvoll an oder sagt "arme Mama/Papa". Oder schauen Sie traurig und "jammern" etwas, wenn es darum geht, wer beim gemeinsamen Gesellschaftsspiel beginnen darf: reagiert ihr Kind darauf und schafft es schon sie hier zu vertrösten oder ihnen sogar den Vorzug zu lassen? Die Entwicklung der Empathie beginnt in diesem Altersbereich und kann natürlich von Entwicklungsverzögerungen beeinflusst sein, gehen Sie ihrem Kind mit gutem Beispiel voran und leben Sie Empathie vor, erklären Sie Gefühle kindgerecht und spiegeln diese wider. Für weitere Einschätzungen können Sie sich an Dr.Nohr/Frau Henkes bei "psychischer Entwicklung von Babys und Kindern" wenden.

von Kristin Windisch am 07.01.2021