Frage im Expertenforum Stillberatung an Biggi Welter:

..druck von außen.. an alle

Biggi Welter

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Stillberaterin der La Leche Liga Deutschland e.V.

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hallo, meine 10 monate alte tochter hat seit dem 4 lebensmonat eine kuhmilchallergie und bekommt daher weder kuhmilch noch sonstige milchprodukte. laut kinderärztin können wir erst im spätsommer versuchen sehr langsam milchprodukte einzuführen, deswegen habe ich mich auf eine lange stillphase eingestellt. allerdings nimmt der druck von verwandten, bekannten etc. immer mehr zu! jeder fragt mich, ob ich nicht langsam aufhören wollte. letztens sagte eine freundin: sie findet es eklig, wenn ein kind schon fast läuft und dann immer noch an der brust hängt. auch meine schwiegermutter rief mich an und sagte mir, dass ein bericht im fernsehen kam und muttermilch überhaupt nicht gut sei wegen den schadstoffen. ich entgegne dann immer, dass sie keine kuhmilch außer spezielnahrung aus der apotheke trinken dürfte. sogar die nachbarin sagte letztens als die kleine vor ihr durstig apfelsaft trank: "ach, hast du gemerkt, dass es noch was besseres gibt". teilweise weiß ich gar nicht was ich dazu sagen soll, aber ich bin es leid mich immer wieder rechtfertigen zu müssen. habt ihr nicht einen tip? wie ich solchen freundlichen bemerkungen entgegentreten? danke viele grüße


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Liebe Janine, um es einmal krass auszudrücken: Deine Umgebung hat keine Ahnung. Die WHO empfiehlt ausdrücklich für ALLE Kinder eine Stillzeit von bis zu zwei Jahren und darüber hinaus. Die Ernährungsempfehlungen der WHO sind (in englisch) nachzulesen unter www.who.int/chd/publications/newslet/diaglog/9/feeding_young_children.htm . Es steht in der Innocenti Deklaration ausdrücklich, dass diese Empfehlungen für alle Kinder und nicht nur für Kinder in Drittweltländern Anwendung finden. Die amerikanische Akademie der Kinderärzte (AAP) empfiehlt ebenfalls eine mindestens einjährige Stillzeit für alle Kinder und darüber hinaus solange Mutter und Kind es wollen. Vielleicht noch als erstaunliche Feststellung: In älteren Schriften aus Österreich findet sich der Spruch "drei Karfreitag soll das Kind ziehen", was ebenfalls auf eine mindestens zweijährige Stillzeit hinaus läuft. Wenn das längere Stillen tatsächlich negativ wäre, würden kaum renommierte Organisationen wie WHO und AAP dazu raten. Gerade weil dein Kind keine Kuhmilch verträgt, solltest Du es so lange wie möglich stillen, denn etwas besseres gibt esnicht für dein Kind! Frau Prof. Przyrembel, Leiterin der Nationalen Stillkommission sagte erst kürzlich in einem Artikel der Zeitschrift ELTERN: "..angesichts der stark verbesserten Schadstoffsituation können wir guten Gewissens allen Müttern raten, ihr Kind zu stillen, so oft und so lange sie wollen." Wir müssen damit leben, dass unsere Umwelt mit Schadstoffen belastet ist und damit auch alle Nahrungsmittel und leider auch die Muttermilch. Doch bisher gibt es keine wirklich nachgewiesenen Schädigungen des Kindes durch Schadstoffe in der Muttermilch und demgegenüber stehen die Risiken des Nicht Stillens. Es ist natürlich in unserem Interesse und im Interesse unserer Kinder, dass wir versuchen Schadstoffen aus dem Weg zu gehen und auch selbst die Belastung unserer Erde so gering wie möglich zu halten. Stillen gehört zu den Dingen die wir tun können, um Schadstoffbelastungen zu vermeiden, denn es müssen weder Energie noch Wasser Rohstoffe besonders verbraucht werden, um ein Kind zu stillen, während die Herstellung von künstlicher Säuglinsnahrung ein industrieller Prozess ist, der die Umwelt belastet. Die WHO empfiehlt ausdrücklich für ALLE Kinder eine Stillzeit von bis zu zwei Jahren und darüber hinaus. Die Ernährungsempfehlungen der WHO sind (in englisch) nachzulesen unter www.who.int/chd/publications/newslet/diaglog/9/feeding_young_children.htm. Es steht in der Innocenti Deklaration ausdrücklich, dass diese Empfehlungen für alle Kinder und nicht nur für Kinder in Drittweltländern Anwendung finden. Ich zitiere dir hier auch einmal aus dem Text "Wundertrank oder Giftcocktail? Schadstoffe in der Muttermilch ein Überblick" von Gabi Eugster aus "Laktation und Stillen" 1/2002: "Kein Zweifel, Muttermilch ist die beste Nahrung für ein Baby. Doch seit einigen Jahren wird die Freude am Stillen durch regelmässige Berichte über Umweltgifte in der Muttermilch getrübt. Die zentrale Frage lautet: Überwiegen die Vorteile des Stillens die Nachteile der Schadstoffbelastung? Fachleute, Gesundheitsbehörden und WHO sind sich einig: Stillen ist und bleibt im ersten Lebenshalbjahr die beste Nahrung für ein Baby. In regelmässigen Abständen geht ein Aufheulen durch die Presse: Muttermilch enthalte Schadstoffe, heisst es jeweils. In den Achtzigerjahren waren es die PCBs und Dioxine, Mitte der Neunzigerjahre die synthetischen Moschusduftstoffe, Ende der Neunzigerjahre die UV Filter in Sonnenschutzmitteln und zur Zeit sind es in den USA die Flammschutzmittel. Das Thema wird in absehbarer Zeit wohl auch Deutschland, Österreich und die Schweiz erreichen. Je nach Einstellung des Blattes wird eine Beschränkung der Stilldauer gefordert und mit Expertenstimmen untermauert, oder das Stillen wird trotz allem empfohlen. Immer jedoch geht es um die Frage, ob denn Mütter ihren Kindern etwas Gutes tun, wenn sie diese stillen. Jedesmal werden Frauen massiv verunsichert und suchen Halt und Informationen in der Stillberatung. Sie werden von Zweifeln geplagt, ob sie ihr Kind noch guten Gewissens stillen dürfen, wie lange Stillen gut ist und ob sie ihre Muttermilch untersuchen lassen sollen. In der Stillzeit sind Mütter sensibel und das Vertrauen in ihre Stillfähigkeit kann leicht unterwandert werden." Hier noch ein weiterer Ausschnitt aus dem Artikel: "Muttermilch als Indikator Die vielfältigen Folgen und die weite Verbreitung der Schadstoffe zeigen, dass die Schadstoffbelastung der Muttermilch nur ein kleiner Aspekt eines globalen Problems ist. Denn ein Kind ist den Schadstoffen ausgesetzt, insbesondere auch pränatal, ob die Mutter stillt oder die Flasche gibt. Auch Flaschenmilchnahrung ist mit Schadstoffen belastet, wenn auch weniger stark als Muttermilch. Dabei darf aber das Wasser für die Zubereitung der Flasche nicht vergessen werden, denn dieses enthält meist ebenfalls Schadstoffe. Studien haben ergeben, dass sich gestillte Baby selbst in einer stark schadstoffbelasteten Gegend besser entwickeln, als Flaschenkinder. Stillen stärkt das Immunsystem und es wird heute angenommen, dass gestillte Kinder besser mit der Schadstoffbelastung fertig werden, dass Muttermilch die Babys gegen die Umweltgifte schützt. [26] Dass die Schadstoffbelastung der Muttermilch immer wieder ins Gespräch kommt, hat einen einfachen Grund: In der Muttermilch lässt sich die Belastung mit Umweltgiften beim Menschen einfach messen, ebenso der Verlauf der Giftbelastung über die Jahre. Muttermilchproben sind einfach zu gewinnen und spiegeln die Belastung der Mutter im Fettgewebe wieder. Für die Interpretation der Auswirkungen belasteter Muttermilch aufs Baby müssen zwei gegensätzliche Einflüsse beachtet werden: Auf der einen Seite ist das Baby besonders empfindlich auf Schadstoffe, sein Immunsystem ist noch nicht ausgereift, seine Darmwand noch durchlässiger. Auf der anderen Seite ist die Stillzeit verglichen mit einem ganzen Leben eine relativ kurze Zeit. Aufs ganze Leben betrachtet, ist die zusätzliche Schadstoffmenge, die durchs Stillen aufgenommen wird, verschwindend klein. Zwar wird der ADI Wert (duldbare Tagesdosis) von Dioxinen und auch synthetischen Moschusduftstoffen kurzfristig überschritten, diese Werte wurden jedoch so berechnet, dass ein Mensch ein Leben lang diesen Dosen ausgesetzt wird. Untersuchungen über die Auswirkungen der Muttermilch sind uneinheitlich. Die einen zeigen, dass die Schadstoffmenge im Fettgewebe von gestillten Säuglingen höher ist, als jene der Flaschenkinder, dass diese Unterschiede aber bereits zehn Wochen nach Abstillen nicht mehr nachweisbar sind [3]. Eine andere Studie zeigte bei mit stark PCB belasteter Muttermilch gestillten Kindern auch noch im Alter von 42 Monaten Defizite in der Entwicklung auf. Die Autoren relativieren jedoch diese Ergebnisse gleich selbst und stellen fest, dass emotionale und verbale Zuwendung durch die Mutter die Defizite durch PCB ausgleichen. Stillen fördert jedoch genau diese positive Beziehung zwischen Mutter und Baby. [28] WHO und Unicef empfehlen ausschliessliches Stillen für Säuglinge während der ersten sechs Lebensmonate aus ernährungsphysiologischen, immunologischen, psychologischen und ökonomischen Gründen. Diese Empfehlung ist auch in Anbetracht der untersuchten Schadstoffmengen in den westlichen Ländern uneingeschränkt gültig. Selbst in den Entwicklungsländern, in denen die aufgenommene Menge von DDT durch gestillte Babys um ein vielfaches über dem ADI liegt, wird Stillen mangels einer Alternative von der WHO weiterhin empfohlen. Es wurden auch in diesen Ländern bis heute keine Erkrankungen festgestellt, die alleine auf die erhöhte Aufnahme während der Stillperiode zurück geführt werden können. [29]" Insgesamt lässt sich feststellen, dass die Belastung der Muttermilch mit Schadstoffen rückläufig ist und zu einem gewissen Teil, kann jede Frau darauf Einfluss nehmen, indem sie auf bestimmte Dinge verzichtet (z.B. Kosmetika und Waschmittel mit Moschuverbindungen) und sich bewusst ernährt. Wenn es dir und deinem Kind beim Stillen gut geht, dann gibt es keinen Grund, dass Du jetzt abstillst. Du schadest damit weder dem Kind noch dir, im Gegenteil es gibt eine ganze Reihe von gut dokumentierten Vorteilen sowohl für dich als auch dein Kind, die sich aus einer längeren Stillzeit ergeben. Für dich zur Rückenstärkung und Information hänge ich dir noch einen Text an, der sich mit dem Langzeitstillen beschäftigt, ich hoffe, der lange Taxt erschlägt dich nicht :-). Ich wünsche euch, dass die Anfallsfreiheit anhält. LLLiebe Grüße Biggi "Was Du stillst noch?" Stillen des "älteren" Säuglings Elizabeth Hormann, IBCLC Vortrag, gehalten am Berlin Brandenburgischen Stillseminar, Berlin, 25. Oktober 1997 Wenn wir die Abstillkurven von 64 Gesellschaften (nicht USA und Europa) vergleichen, zu einer Zeit, als wenig kommerzielle und westliche Einflüsse das traditionelle Ernährungsmuster störten, so machen wir interessante Feststellungen: So gut wie keine dieser Gesellschaften hat ihre Kinder vor einem Jahr abgestillt. Bis 2 Jahre war es ein relativ kleiner Prozentsatz der Kinder, der keine Muttermilch mehr bekam. Dies stieg im nächsten halben Jahr rapid an. Bis zum dritten Geburtstag wurden immer noch über ein Viertel der Kleinkinder gestillt; die Restlichen stillten sich zum größten Teil im nächsten Jahr ab; einige wenige haben erst im fünften Lebensjahr die Stillbeziehung ganz beendet. Auch in den USA gab es immer langzeit gestillte Kinder, aber die Proportionen sind ganz anders. Die überwiegende Mehrheit ist in den frühen Lebensmonaten ganz abgestillt worden; bis zum ersten Geburtstag gingen 90% nicht mehr an die Mutterbrust. Die Beantwortung der Frage, wie es dazu gekommen ist, dass Kinder in Industrieländern im Vergleich zu denen in anderen Länder auf der Welt und im Vergleich zu den meisten Kindern im Laufe der Geschichte der Menschheit so früh abgestillt werden, würde den Rahmen dieses Referats sprengen. Sie besteht aus einer Kombination von geschichtlichen, kulturellen und kommerziellen Faktoren. Was ich hier darlegen möchte, sind die wissenschaftlichen Begründungen für die Fortsetzung des Stillens nach den ersten Lebensmonaten, in denen die Vorteile des Stillens mehr oder weniger unbestritten sind. Die ersten 6 Monate Muttermilch hat alles, was ein Baby braucht, um sich optimal körperlich und geistig zu entwickeln. Es geht vor allem um die Entwicklung des Gehirns und nicht darum, das möglichst größte Baby in kürzester Zeit zu produzieren. Der niedrige Eiweissgehalt der Muttermilch ist unter anderem dafür ein Vorteil. Aus der Erfahrung mit künstlicher Babynahrung mit hohem Eiweissgehalt wurde festgestellt, dass solche Nahrung nicht nur zum schnellen Körperwachstum das erstrebte Ziel führte, sondern auch zu hohen Aminosäurewerten im Blut, die eine permanent negative Auswirkung auf das Zentralnervensystem haben könnten (Cunningham 253). DHA (Docosa Hexanoic Acid), eine langkettige Aminosäure, einzigartig in der Muttermilch, sammelt sich im Gehirn (und in der Retina) und ist für deren strukturelle Entwicklung wichtig (Cunningham 254). Diese und sämtliche anderen wissenschaftlichen Entdeckungen sind die Theorie, aber wie sieht es in der Praxis aus? Stillende Mütter haben immer geglaubt, dass ihre Kinder deswegen klüger seien als die Nachbarskinder, die künstliche Babynahrung bekamen. Jetzt gibt es Forschungen, die diese Behauptung zu bestätigen scheinen. Frühgeborene, die in den ersten Lebenswochen die Milch der eigenen Mutter durch Sonde bekommen hatten, hatten nach 8 Jahren durchschnittlich 10 Punkte mehr auf der 10 Skala als die Kinder die künstlich ernährt worden waren (Cunningham 254). Weil diese Studie nur die Muttermilchernährung ohne das Stillen an der Brust erfasst hat, hat sie effektiv die Interaktionen zwischen Mutter und Kind als Faktor in der intellektuellen Entwicklung ausgeklammert und dabei die Vermutung bestätigt, dass Muttermilch per se das Wachstum des Gehirns und Zentralnervensystems positiv beeinflusst. Das gestillte Kind hat nicht nur ein ganz anderes Gehirn und Zentralnervensystem; auch seine Körperentwicklung verläuft anders. Gestillte Kinder haben eine Tendenz, etwas weniger zu wiegen als künstlich ernährte Kinder. Das Fettpolster ist anders aufgebaut und durch den natürlichen Sättigungsmechanismus lernen sie, ihren Appetit zu steuern. Haut und Muskulatur fühlen sich bei Stillkindern anders an (Stuart Macadam 20). Unterschiede im Blutbild und in der Darmflora sind messbar. Nicht nur dank den nutritiven Komponenten, sondern auch wegen der bioaktiven Zusammensetzung Immunfaktoren, Enzyme, Wachstumsfaktoren und Hormonen, die in der Muttermilch einzigartig sind hat das Stillkind lebenslänglich einen anderen Körper als seine nicht gestillte Kohorte, also flaschenernährte Kinder. Um nur einen Faktor unter die Lupe zu nehmen: Die Rolle der Immunfaktoren ist auch in Industrieländern nicht unerheblich. Kurzfristig und langfristig stimuliert das Stillen den Aufbau und die Steuerung des Immunsystems des Kindes und bietet Schutz gegen die Entwicklung sowohl von Autoimmun und Herzkranzarterienkrankheiten als auch vor Allergien. All dies sind mehr als genug Gründe, ein Kind 6 Monate voll zu stillen. Aber welche Vorteile hat es, das Stillen danach fortzusetzen? Stillen bis ca. ein Jahr Ab Mitte des ersten Lebensjahrs zeigt das Kind großes Interesse an dem, was seine Mitmenschen essen. Wird es ihm nicht angeboten, drückt es sein Missfallen ganz deutlich aus ein intellektueller Sprung, aber auch eine Reaktion auf Körpersignale, dass die Zeit gekommen ist, seinen gastronomischen Horizont etwas zu erweitern. Das heißt aber nicht, dass Muttermilch plötzlich nicht mehr wertvoll ist. Sie bleibt während dem ersten Lebensjahr und oft darüber hinaus das wichtigste Nahrungsmittel, nach wie vor eine Quelle von hochwertigen Kalorien, Eiweiss, Vitaminen und Mineralien. Die nächsten sechs Monate oder länger sind eine Kennenlernzeit, in der feste Nahrung Muttermilch ergänzt, aber nicht ersetzt. Auch der Immunschutz und die Entwicklung des Zentralnervensystems wird im zweiten Halbjahr fortgesetzt. Hier gilt das Prinzip von dosisbezogener Auswirkung. Bei der o.g. Studie mit Frühgeborenen war ein Verhältnis ganz eindeutig. Je mehr Muttermilch, desto höher der IQ Wert (Stuart Macadam 18). Die Verbindung zwischen Muttermilchdosis und der Wahrscheinlichkeit der Entwicklung bestimmter Krankheitsbilder ist noch klarer. o Allergien Kinder, die 6 Monate oder länger gestillt wurden, haben weniger Allergien (5%) als die, die weniger als 6 Monate gestillt wurden (36%) (Strimas JH, Chi OS, 1988). o Haemophilus Influenza Typ B Stillen länger als sechs Monate schützt gegen diese Krankheit (Takala, AK et al 1989). o Otitis media Stillen länger als sechs Monate reduziert Otitis media drei bis fünffach bis zum Alter von 27 Monaten (Teei, DW, Klein, JO, Rosner, B, 1980). o Malocclusion Als die Stilldauer von 12 auf 3 Monate reduziert wurde, stieg die Prävalenz von Malocclusion von 3% auf 16% (Labbok, MH und Hendershot, GE, 1987). o Lymphoma in der Kindheit Für Kinder unter 15 Jahren ist das Risiko fünf bis achtfach höher, wenn sie weniger als 6 Monate (oder gar nicht) gestillt wurden (Davis MK, Savitz, DA und Graubord, BI, 1988). o Diabetes Wenn Kinder 12 Monate oder länger gestillt wurden, ist die odds ratio für die Entwicklung dieser Krankheit 0.54 im Vergleich zu nicht gestillten Kindern. o Multiple Sklerose Ein zwei bis dreifach erhöhtes Risiko für Multiple Sklerose entsteht, wenn ein Kind weniger als 7 Monate oder gar nicht gestillt wurde. Stillen im zweiten Lebensjahr und danach Was spricht für das weitere Stillen nach dem ersten Geburtstag? Überraschend viel: Ernährung, z. B.: Zwischen dem 6. und 24. Lebensmonat beträgt die Muttermilchmenge rund 500 ml täglich. Sie kann also einen großen Teil der Kalorien, die ein Kind in diesem Alter braucht, liefern. Im Notfall kann die Milchmenge gesteigert werden und auch ein Kind, das normalerweise Beikost isst, kann wieder ausschließlich mit Muttermilch ernährt werden. Muttermilch liefert 70 Kilokalorien pro 100 ml zweimal die Energiedichte eines Abstillbreis. Kinder im zweiten Lebensjahr können ihren Energiebedarf zu 31% durch Muttermilch decken. Stillkinder im Alter von 13 18 Monaten erhalten bei gleicher Nahrungsmenge 25% mehr Energie als nicht gestillte; ältere Kinder erhalten 17% mehr. Je nach Studie gibt es auch Hinweise darauf, dass Muttermilch noch mehr Energie im zweiten Lebensjahr liefern könnte. Eine Studie aus Uganda machte deutlich, dass dort die Energiebedürfnisse in dieser Lebensphase durch Muttermilch zu 53% gedeckt wurden. Wenn man daran denkt. wie wenig viele Kinder im zweiten Lebensjahr essen sie haben einfach keine Zeit; die Welt ist dafür viel zu interessant sind diese Ergebnisse nur logisch. Wenn ein Kind vor dem zweiten Geburtstag abgestillt wird, braucht es selbstverständlich viel mehr feste Nahrung als vorher laut einer Studie wurden die anderen Nahrungsmittel um 60% erhöht und auch das reicht nicht immer aus. Unter Umständen kann ein abgestilltes Kind unter einem Energiedefizit leiden einem 28%igen Defizit laut einer Studie von 1982. Eine andere Studie zeigte, daß nicht gestillte Kinder nur 84% der vorgeschlagenen Kalorieneinnahme hatten, während noch gestillte Kinder 108% der optimalen täglichen Kalorien zu sich nahmen. Bioverfügbarkeit, Vitamine und Mineralien Die Kalorien der Muttermilch sind keine leeren Kalorien. "Muttermilch bleibt auch die wichtigste Quelle an hochqualitativem Eiweiss, Vitaminen und anderen Nährstoffen" (Helsing und King, 1982). Hochqualitativ und gut bioverfügbar. Wieviel eines Nährstoffes in der Milch ist, ist nicht die interessante Frage. Wir müssen danach fragen, wie bioverfügbar er ist. Es nutzt also nichts, wenn der Nährstoff nur da ist und das Kind nicht darüber verfügen kann. o Eiweiss wird in der Muttermilch besonders gut absorbiert. Im zweiten Lebensjahr deckt Muttermilch die Eiweissbedürfnisse zu 38%. Und die Ergebnisse bei den Vitaminen und Mineralien sind noch eindrücklicher: o Vitamin A wird im zweiten Lebensjahr 100%ig durch Muttermilch gedeckt. In Entwicklungsländern kann dies besonders wichtig sein. Es wurde da festgestellt, dass nicht gestillte Kinder einem sechs bis achtfach höheren Risiko an Xerophthalmie (einer Vitamin A MangelErkrankung des Auges) zu erkranken ausgesetzt sind als gestillte Kinder. Der Schutz bleibt auch nach dem Abstillen erhalten. o Eine tägliche Einnahme von 500 ml Muttermilch liefert 19 mg Vitamin C, 95% der Menge, die Kinder im zweiten Lebensjahr brauchen (Armstrong, 1987). Gegen Ende des ersten Lebensjahres ist die Vitamin CKonzentration der Muttermilch 3,3 mal höher als im Blutplasma der Mutter. Selbst wenn die Mutter erniedrigte Vitamin C Werte hat, wird es in der Milch bis zu 6 12fach angereichert. Stillkinder erhalten so höhere Konzentrationen an Vitamin C als Kinder, die mit Vitamin C angereicherter künstlicher Babynahrung, Gemüse und Früchten ernährt werden. o Eisen ist zu 50% in der Muttermilch im zweiten Lebensjahr erhalten, Kalzium zu 44%, Niacin zu 41 %, Folsäurezu 26% und Riboflavin zu 21%. Eisen ist eines der wichtigen Beispiele der Bioverfügbarkeit. Es ist zwar niedriger in der Muttermilch als in der Kuhmilch, nur wird es aus der Muttermilch zu rund 70% absorbiert (vgl. 10% in Kuhmilch), so dass ein Stillkind besser mit Eisen versorgt ist als ein nichtgestilltes Kind. Immunfaktoren Immunfaktoren sind auch noch wichtig. Früher wurde angenommen, dass nur im Kolostrum sehr hohe Anteile bereitstünden, die sich im Verlauf der Laktation zurückbildeten und nach sechs Monaten nur noch von geringer Bedeutung seien. Heute ist bekannt, dass die Immunglobulinmengen nach dem sechsten Monat steigen, offensichtlich als Reaktion auf die absinkende Milchmenge. Mit 20 Monaten entspricht der Spiegel von IgA und IgG der Höhe, die nach einer Laktationsdauer von zwei Wochen gemessen wurde. Wenn wir darüber nachdenken, ist es auch ganz logisch, dass einige Schutzfaktoren in dieser Zeit steigen, weil Kinder ab sechs Monaten sehr mobil werden; sie kommen überall hin und stecken die unmöglichsten Dinge in den Mund. Sie brauchen viel Schutz. Dieser Schutz erfolgt durch verschiedene Immunfaktoren in der Muttermilch, darunter: Lysozym, ein unspezifischer antimikrobieller Faktor wird in Muttermilch angereichert und erreicht in einigen Fällen nach 12 Monaten die gleiche Menge wie im Kolostrum. Nach neueren Untersuchungen weiss man, dass es bis zum 25. Lebensmonat des Kindes' ansteigt und erst dann abfällt. 1 ml Muttermilch enthält rund 4000 lebende Zellen (überwiegend Lymphozyten und Makrophagen) , die das Wachstum von Bakterien, Viren, Pilzen und Parasiten hemmen. Der Bifidusfaktor in der Muttermilch fördert nach wie vor das Wachstum des Lactobazillus bifidus im kindlichen Darm, so dass sich Staphylokokken gar nicht erst ausbreiten können. Interferon, ein antiviraler Faktor, und Laktoferrin, das durch seine Eisenbindung ein Wachstum von E. coli, Staphylokokkus aureus und einigen Candidapilzen verhindert, sind ebenfalls in der Muttermilch enthalten. Laktoferrin zeigt kontinuierlich ansteigende Werte. Wie wichtig ist dieser immunologische Aspekt für das ältere Stillkind? Diesbezüglich ist die Studie von Chandra aus Kanada sehr interessant, weil seine Studienobjekte gesunde Kinder der Mittelklasse in einem gut entwickelten Industrieland waren. 60 Kinder wurden über einen Zeitraum von 24 Monaten untersucht. Im Hinblick auf drei übliche Erkrankungen fand er erhebliche Unterschiede bei deren Auftreten bei gestillten und künstlich ernährten Kindern : Atemwegserkrankungen auf 10 gestillte Kinder kommen 23 Flaschenkinder Durchfall auf 10 gestillte Kinder kommen 35 Flaschenkinder Mittelohrentzündungen auf 10 gestillte Kinder kommen 95 Flaschenkinder Nach der Einführung fester Nahrung, sind Stillkinder besonders in Entwicklungsländern für Durchfall anfällig. In Bangladesch wurden noch gestillte Kinder und nichtgestillte Kinder zwischen 6 und 35 Monaten bezüglich Durchfallerkrankung verglichen. Die Energieaufnahme bei nicht gestillten Kindern fiel um 40%; bei gestillten Kindern blieb sie fast unverändert. Die Stillkinder bekamen auch 2,5 mal soviel Eiweiss wie die nicht gestillten. Bei Durchfall ist ein Appetitverlust häufig auch in Industrieländern. Doch viele Stillkinder trinken sehr gerne, auch wenn sie sonst keinen Appetit haben. Es wird vermutet, dass das hochqualitative Eiweiss in der Muttermilch dazu führt, dass ein krankes Kind wieder Appetit auf Kohlenhydrate hat, die für die Gewichtszunahme so wichtig sind (Armstrong, 1987) und dies ist bei unseren Kindern auch nicht unwichtig. Das "natürliche" Abstillalter Aus dem bisher Gesagten ist klar geworden, dass Muttermilch ihre Nahrungs und immunologischen Werte behält, so lange sie produziert wird. Trotzdem muss die Stillbeziehung irgendwann zur Ende kommen aber wann? Die Anthropologin Katherina Dettwyler hat versucht, durch kulturvergleichende Studien und durch Vergleiche der Säugetiere untereinander diese Frage in etwa zu beantworten. Ich werde hier auf die Vergleiche der Säugetiere verzichten obwohl sie hoch interessant und überzeugend sind, und nur kulturenvergleichende Studien berücksichtigen. Auf ihrer Suche nach einem "hominiden Entwurf" (hominide blueprint) für das "natürliche" Abstillalter hat sie verschiedene Kriterien angeschaut: o Alter, in dem das Kind das Geburtsgewicht vervierfacht hat o Alter, in dem das Kind ein Drittel des durchschnittlichen Erwachsenengewichts erreicht hat o Bezug auf das Gewicht einer erwachsenen Frau (Abstillalter in Tagen = 2,71 mal das Gewicht einer erwachsenen Frau in Gramm) o Vergleich zu Schwangerschaftswochen (6 x Schwangerschaftswochen auf vergleichenden Primatendaten basiert. o Alter beim Durchbrechen der ersten Backenzähne. Nach keinem der Kriterien würde ein Kind unter 2,3 Jahren abgestillt und die Grenzen reichen bis 6 Jahre für Mädchen und 7 Jahre für Jungen. Sechs Jahre übrigens ist der Zeitpunkt, wann das eigene Immunsystem des Kindes reif und eigenständig wird. Bis zu diesem Punkt, schreibt Dr. Dettwyler, können die Lymphokine in der Muttermilch die aktive Immunantwort sowohl im Serum als auch sekretorisch steigern (Dettwyler, 56). Ist die Idee, dass Muttermilch eine positive Auswirkung auf das Immunsystem des Kindes bis zu 6 Jahren haben könnte, so weit hergeholt? Ganz und gar nicht. Gespendete Muttermilch als Behandlung für verschiedene Krankheitsbilder ist mittlerweile weit verbreitet: o Marinkovich (1988) behandelt IgA lnsuffizienz mit 100ml frischer Frauenmilch täglich o Asquith berichtet über den Einsatz von Frauenmilch bei der Therapie für Leukämie oder Knochenmarktransplantation o Erichson (1990) berichtet, dass verbrannte Kinder Frauenmilch besser vertragen als die übliche hypermolekulare Nahrung und o Wright benutzt mit Erfolg frische Frauenmilch für Erwachsene in den ersten Tagen nach Lebertransplantation (Springer, persönliche Kommunikation, 1996). Ist es so schwierig zu glauben, dass die Milch der eigenen Mutter lange Zeit. bis ins Schulkindalter als effektiver Stimulus für das kindeseigene Immunsystem dienen kann? Sollten wir unsere Abstillvorschläge so hoch setzen? Nicht unbedingt. Die Vorschläge bleiben nach wie vor die Gleichen: "Im Idealfall wird die Still beziehung fortgesetzt, bis das Kind ihr entwachsen ist" (Grundsatz 6, La Leche Liga). Das eine Kind wächst aus seinem Stillbedürfnis früher, das andere später hinaus. Weil das Stillen eine Partnerschaft ist, spielen auch die Bedürfnisse der Mutter eine Rolle. Wir möchten hier keine neue Vorschriften erstellen, sondern durch das Anschauen der wissenschaftlichen und anthropologischen Daten einen erweiterten Blick für das "normale" Abstillalter und eine grössere Toleranz für die Mütter, deren Stillpraktiken von der kulturellen Norm abweichen schaffen. Ich hoffte, mit diesem Referat dazu beigetragen zu haben. REFERENZEN Bradley, J., Baldwin, S., Armstrong, H. Breastfeeding: a neglected household Ievel weaning food resource. in Alnwick D., Moses S., Schmidt OG. (eds.) Improving young child feeding in eastern and southern Africa' Household Ievel feod technology. International Development Research Centre. Ottawa, Canada IDRC 265e 1988 Chandra, RK. Prospective studies of the effect of breastfeeding on incidence of infection and allergy. Acta Paediatr Scand. 68 :691 694 1979 Cunningham, AS. Breastfeeding: adaptive behavior fot child health and longevity in Stuart Macadam P. and Dettwyler KA. Breastfeeding' Biocultural Perspectives New York: Aldine de Gruyter, 1995. Davis MK., Savitz DA., Graubard BI. Infant feeding and childhood cancer I.an.cet 2: 365 3868 1988 Dettwyler KA. A time to wean: The hominid blueprint fot the natural age of weaning in modern human populations in StuartMacadam P. and Dettwyler KA. Breastfeeding' Biocultural Perspectives NewYork: Aldine de Gruyter, 1995. Helsing E. and King FS.. Breastfeeding in practice Oxford University Press, Oxford, UK. 1982 Labbok MH., Hendershot GE. Does breastfeeding protect against malocclusion? An analysis of the 1981 child health supplement to the National Health Interview Survey Am J Prev Med 3: 227232 1987 Mayer EJ., Hamman RF., Savitz DA. et sI. Reduced risk of insulin dependent diabetes mellitus (lDDM) among breastfed children Diabetes 37: 1625 1632 1988 Pisacane AN., Impagliazzo M., Russo R. et sI. Breastfeeding and multiple sclerosis British Medical Journal 308: 1411 1412 1994 Strimas JH., Chi DS. Significance of IgE level in amniotic fluid and cord blood fot the prediction of allergy. Ann Allergy 61: 133 136 1988 Stuart Macadam P. Biocultural perspectives on breastfeeding in Stuart Macadam P. and Dettwyler KA. Breastfeeding: Biocultural perspectives. New York: Aldine de Gruyter, 1995 Takala AK., Eskola J., Palmbren J. et sI. Risk factors of invasive Haemophilus influenzae type b disease among children in Finland J.Pediatr. 115:694 701 1989 Teele DW, Kleine JO., Rosner B. Beneficial effects of breastfeeding on duration of middle ear effusion (MEE) after first episode of acute otitis media (AOM) Pediatr. Res. 14:494 1980


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hallo! ich stelle mich auch bei meinem sohn auf eine längere stillzeit ein da er ein sehr hohes allergierisiko hat und ich natürlich alles tun will um dieses zu reduzieren. obwohl mein sohn erst 8 wochen alt ist, höre ich jetzt schon eigenartige kommentare über das stillen.( z.b. wenn er dann eine ordentliche nahrung bekommt, schläft er dir auch durch ;oder bei einem buben musst du mit dem stillen aufpassen sonst wird er mal schwul weil er einen busenkomplex hat/ unglaublich aber hat mir echt eine freundin geraten!!! ich gehe einfach nicht darauf ein, denn für was sollte ich mich rechtfertigen? das ich meinem kind das beste mitgeben will? manche leute informieren sich einfach nicht und reden irgendwas daher! also nimm dir dieses gerede gar nicht zu herzen!


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Hallo Janine, was du dir so anhören musst, ist wirklich gar nicht schön. Du musst versuchen, dir ein ganz dickes Fell zuzulegen und diese Dinge einfach überhören. Ich bin übrigens in genau der gleichen Situation wie du. Mein Sohn hat ebenfalls auf Kuhmilcheiweiß in meiner Ernährung reagiert. Ich wollte sowieso wieder stillen, wenn auch vielleicht nicht so lange wie jetzt. Er ist nun 13,5 Monate und läuft bereits seit gut 4 Wochen. Uiih, wie würde deine Freundin sich jetzt ekeln, wenn sie das sehen würde! Du kannst darüber ganz sicher überhaupt nicht lachen, wenn ich mir hier so einen kleinen Scherz erlaubt habe, aber ich glaube, dass bei manchen Menschen auch kein Erklären oder Reden hilft. Generell denke ich immer, dass wir sozusagen einen Informationsvorsprung haben, weil wir uns zwangsläufig mit dem Thema mehr befassen mussten, wenn unsere Kinder eben nicht alles vertragen und schon (falls es überhaupt einen Grund bräuchte) deshalb länger gestillt werden als landläufig üblich. Deswegen muss man manchmal erklären, wie man zu dieser Einstellung gelangt ist und u. U. findet man verständnisvolle und/oder einsichtige Zuhörer. Aber bei manchen ist eben Hopfen und Malz verloren. Meine Schwiegermutter ist auch so ein Kaliber. Jedes Mal wenn wir dort sind, fragt sie, ob Felix nicht etwas Vanilleeis essen möchte, Schokolade, Kuchen, usw. Und das, wo ich seit über 10 Monaten genauso jedes Mal antworte: "Nein, da ist doch Kuhmilch drin." Sie glaubts wohl einfach nicht oder denkt, ich spinne mir das zurecht. Also, Kopf hoch, lass dich nicht ärgern. Du weißt (!!!), dass du deinem Kind etwas wirklich Gutes tust, und nur das zählt. Liebe Grüße, Agnetha


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hallo, danke für eure antworten.. es gibt mir etwas mut, dass es nicht nur mir so geht. die kommentare, die ihr schildert hab ich ebenfalls alle schon einmal gehört... oh mann . liebe grüße


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