Frage im Expertenforum Schwangerschaftsberatung an Dr. med. Vincenzo Bluni:

Verweigerung von Wehenhemmern - Grundlage?

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Frage: Verweigerung von Wehenhemmern - Grundlage?

Esmeralda

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Sehr geehrter Herr Dr. Bluni, seit fast drei Monaten beschäftigt mich eine Situation und die Rechtslage zu Wehenhemmern. Eigentlich hat es momentan keine direkte Relevanz für mich, da ich im 9. SW-Monat bin. Aber in der 22. Woche hatte ich ein letztlich wohl traumatisches Erlebnis, das mir auch das Vertrauen in die Krankenhausärzte genommen hat. Vielleicht können Sie mir etwas zur Beurteilung der zurückliegenden Situation sagen. In der 22. SSW wurde ich mit massiven Unterleibsschmerzen und -krämpfen schließlich als Notfall ins Krankenhaus eingeliefert. Sowohl Ärzte als auch mein Mann und ich dachten einige Stunden, es handele sich um Wehen, bzw. eine drohende Frühgeburt. Letztendlich war es dann wohl "nur" eine Kolik des Harnwegsystems, evtl. sogar ein Nierenstein. Der Notarzt ließ die Sanitäter mir zuhaus ein Spray geben, das wohl wehenhemmend war. Es brachte zumindest so weit Besserung, dass ich vom Boden auf die Trage mit Unterstützung aufstehen konnte. Im Krankenhaus bat ich aus Angst um den Fötus um mehr Wehenhemmer. Der Arzt meinte daraufhin, die würden sie in der 22. SSW nicht geben, da das Baby nicht lebensfähig sei. Für mich in dem Moment völlig unlogisch, denn ein lebensfähiges Baby bräuchte man nicht im Bauch zu halten. Der zweite Arzt meinte, man könne ja nicht wochenlang Wehenhemmer geben. Für mich ebenfalls unverständlich, da für mich ja erst mal nur die Situation unterbrochen werden sollte und ich nie auf die Idee gekommen wäre, dass das wochenlang anhalten würde. So oder so hätte ich es selbstverständlich zuerst mit Wehenhemmern versucht, eine Fehlgeburt aufzuhalten. Ich war völlig verängst und geschockt, bat meinen Mann, einen Anwalt einzuschalten, war in Panik, den bis dahin völlig gesunden Fötus zu verlieren. Was das Krankenhauspersonal dazu bewog, alles zu versuchen, mich zu beschwichtigen und die Einschaltung eines Anwalts zu unterbinden. Nachdem die akute Situation abgeklungen war, versuchte die dritte Ärztin mir das so zu erklären: 1. Würde bei Föten, die von manchen Kliniken in diesem Alter gerettet würden, (bzw. als Frühgeburt überlebten) das Alter bzw. der ET falsch berechnet worden sein, die Föten in Wirklichkeit schon älter gewesen seien. Was mir die Frage aufwirft, wenn nun mein Baby von Anfang an zu jung geschätzt wurde, hätte es deswegen sterben müssen?? Man kann sich ja auch in die andere Richtung irren! 2. Würden solche Föten, die man in dieser Woche retten würde, ja wahrscheinlich behindert sein. An dieser Aussage kaue ich eigentlich am meisten. In der Situation war ich noch so ausgelaugt und erleichtert, dass ich dazu nichts sagen konnte. Meines Wissens existiert in Deutschland keine Gesetzeslage zur Verhinderung behinderten Lebens! Selbst Abtreibungen aufgrund Behinderung werden ja offiziell nur aufgrund psychischer Belastung der Mutter durchgeführt. Wie können die Krankenhausärzte entscheiden, ob es sich lohnt, mein Kind zu retten oder ob es zu wahrscheinlich ist, dass es mit seiner Behinderung die Gesellschaft belastet ?? Verdichtet lautet meine Frage: Aufgrund welcher Grundlage dürfen Ärzte in der 22. bzw. 23. SSW Wehenhemmer verweigern, sogar gegen den Wunsch der Eltern? Ist das rechtlich wirklich zulässig? Entschuldigen Sie die ausführliche Schilderung. Ich werde einfach nicht fertig damit und habe schon wieder Tränen in den Augen. Viele Grüße Esmeralda


Dr. med. Vincenzo Bluni

Dr. med. Vincenzo Bluni

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Hallo, 1, wie die juristische Einschätzung dazu aussieht, vermag ich nicht zu sagen, das kann unsere Rechtsanwältin, Frau Bader, sicher besser und was das Thema Frühgeborene angeht, so haben wir dafür unter der Adresse https://www.rund-ums-baby.de/fruehgeburt/ auch einen Experten 2. letztlich hat hier aber nach meinem Dafürhalten jede Klinik u. jeder Arzt das Recht, hier die Indikation für oder gegen eine bestimmte Maßnahme zu stellen 3. ist es richtig, dass vor dem Hintergrund der Tatsache, dass die Frühgeburten zum Teil schon zu Beginn der 24. SSW zur Welt kommen (zu welchem Preis, möchte ich einmal dahingestellt lassen), wir aber bis kurz davor meist noch keine Maßnahmen ergreifen werden, um eine drohende Frühgeburt aufzuhalten, es nicht ohne Grund dazu auch ethische Fragen u. Kontroversen gibt. 4. in den sicher meisten Fällen werden die Kliniken kaum vor 23+0 mit einem Wehenhemmereinsatz arbeiten; auch, weil zu diesem frühen Schwangerschaftszeitpunkt die entsprechenden Rezeptoren noch nicht ausgebildet sind und die Überlebenschancen für die Frühchen extrem gering sind Liebe Grüße, VB


Esmeralda

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Vielen Dank für Ihre Antwort. Ich verstehe, dass ein Arzt über Maßnahmen entscheiden kann. Aber wenn der Tod droht, eine Behandlung verweigern, zu der es keine Alternativ-Behandlung gibt? Wie sollen Frauen denn weiterleben, deren Kind vielleicht nur deshalb gestorben ist, weil sie nicht bei einem anderen Arzt oder in einer anderen Klinik waren? :(


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