Frage im Expertenforum Schwangerschaftsberatung an Dr. med. Vincenzo Bluni:

Schwangerschaftsrisiko mit 36 Jahren

Dr. med. Vincenzo Bluni

Dr. med. Vincenzo Bluni
Facharzt für Frauenheilkunde und Geburtshilfe

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Frage: Schwangerschaftsrisiko mit 36 Jahren

Mitglied inaktiv

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Hallo Herr Dr. Bluni, ich bin 36 Jahre alt, habe keine Kinder und hatte vor 10 Monaten eine Fehlgeburt in der 8.SSW (Ursache laut meine FA eine sehr starke Grippe direkt zu Beginn der SS, die mit starken Medikamenten bekämpft wurde, da ich von der SS nicht wußte). Mein Mann (43) und ich waren danach bei einem Humangenetiker zu einem Bluttest, er konnte kein erhöhtes Risiko feststellen,welches gegen eine erneute SS sprechen würde. Wie sieht es jedoch aus, mit 36 steigt doch die Kurve einer Risiko-SS bzw. das Risiko von Missbildungen steigt. Gibt es hier irgendwelche Erfahrungswerte? Was würden Sie einer Patientin raten, wenn diese schwanger würde im Bezug auf Fruchtwasseruntersuchung o.ä.? Wie hoch ist eigentlich das Risiko von Flugreisen während einer SS, bzw. Wann darf man fliegen, wann nicht? Vielen Dank Maria


Dr. med. Vincenzo Bluni

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liebe Maria, nach den bisher noch geltenden Definitionen ist eine schwangere Frau, die 35 Jahre oder älter ist, als "Risikoschwangere" zu klassifizieren. Sicher sollte man dieses differenzierter handhaben und hier eher darauf verweisen, dass mit höherem Schwangerschaftsalter bestimmte Risiken für die Schwangerschaft ansteigen, wozu frühe Fehlgeburten, Frühgeburtlichkeit, schwangerschaftsspezifische Erkrankungen und auch eine höhere Wahrscheinlichkeit für genetische Erkrankungen des Kindes (z.B. Down-Syndrom) gehören. Dennoch ist diesese kein Grund, von einer Schwangerschaft abzuraten oder hier Ängste zu schüren. Sofern kein besonderes familiäres Risiko für genetische Störungen oder Missbildungen vorliegt, die Frau nicht 35 Jahre oder älter ist und sie auch nicht schon vorweg ein entsprechendes Bedürfnis nach Informationen zur vorgeburtlichen Missbildungsdiagnostik äußert, würde sicher nicht generell zu einer weiterführenden Diagnostik geraten werden. Die Besprechung zu diesem Thema kann natürlich auch schon zu jedem Zeitpunkt vor diesem Alter stattfinden. Ist die schwangere Frau 35 Jahre oder älter und/oder gibt es ein familiäres Risiko für genetische Erkrankungen oder Missbildungen, sollte man mit ihr bei Kinderwunsch oder zu Beginn einer Schwangerschaft schon über die damit verbundenen Risiken für Mutter und Kind sprechen und dazu gehört eben auch das Thema Pränataldiagnostik inklusive der Möglichkeit einer genetischen Beratung. Über die nicht invasiven Verfahren der Pränataldiagnostik, wie z.B. die Nackentransparenzmessung, das Ersttrimeesterscreening oder den Triple-Test sollte man, sofern gewünscht, ebenso mit der Schwangeren/ dem Paar sprechen, wie auch über die invasiven Verfahren, wie Amniozentese (Fruchtwasserpunktion) oder Chorionzottenbiopsie. Dazu gehört dann auch die individuelle Information über mögliche Konsequenzen und Risiken, so dass die Eltern den Sachverhalt gut nachvollziehen können, um ihnen die Möglichkeit zu geben, dann eine eigene Entscheidung für oder gegen eine weiterführende Diagnostik zu treffen. Das Risiko für die Geburt eines Kindes mit einer Trisomie 21 ("mongoloide Störung" oder Down-Syndrom) liegt bei einer 25jährigen (keine familiäres Risiko vorausgesetzt) bei 1: 1352, bei einer 30jährigen bei 1:895,bei einer 32jährigen 1:659, bei einer 36jährigen bei 1:280, bei einer 38jährigen 1: 167 und bei einer 40jährigen bei 1:97. Ebenso steigt bei einer Frau ab dem 35. Lebensjahr das Risiko für schwangerschaftsspezifische Komplikationen, wozu auch Fehlgeburten gehören, an. Das Risiko einer Fehlgeburt infolge einer Fruchtwasserpunktion oder einer Chorionzottenbiopsie liegt in etwa bei 1:100, was dem Risiko einer 40jährigen für die Geburt eines Kindes mit einem Down-Syndrom entspricht. Wenn die Frau/die Eltern sich gegen eine invasive Diagnostik wie der Amniozentese oder Chorionzottenbiopsie zum Ausschluss einer Trisomie oder ähnlicher Chromosomenstörungen entscheiden, weil sie das Risiko z.B. für eine Fehlgeburt nicht eingehen möchten, dann ist der Frau (insbesondere, wenn sie älter ist, als 35 Jahre) in erster Linie die Messung der Nackentransparenz oder das Ersttrimesterscreening zwischen der 11.+14. SSW zu empfehlen. Auf den Triple-Test muss man zumindest hinweisen, dass es ihn auch gibt. Hier ist also zunächst die ausführliche Information der jeweiligen Methoden im Vordergrund stehend. Die Entscheidung selbst kann aber nur das betroffene Elternpaar selbst fällen. VB


Mitglied inaktiv

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Hallo Maria, bin selbst "schon" 38 und gerade zum dritten Mal schwanger. Das Risiko, ein Down-Kind (Trisomie 21) zu bekommen liegt mit 36 Jahren zwischen 1:275 (0.36%) und 1:200 (0.5%), also weit unter 1 Prozent. Das Risiko, durch eine Fruchtwasseruntersuchung eine Fehlgeburt auszulösen, liegt dagegen bei 1 bis 2 Prozent. Man muss hier also genau abwägen. Eine Alternative zur Fruchtwasseruntersuchung ist das sog. Ersttrimester-Screening, eine Mischung aus Blutuntersuchungen und Doppler-Ultraschall. Dieses Screening hat in Bezug auf Missbildungen und Behinderungen eine Sicherheit von etwa 97 Prozent. Es sollte allerdings von einem darauf spezialisierten Arzt in einer Fachpraxis/Klinik durchgeführt werden, da die hohe Sicherheit von der Erfahrung des Ultraschall-Untersuchenden abhängt. Ich selbst habe mich gegen die Fruchtwasseruntersuchung und für das Ersttrimester-Screening entschieden. Diesen Fein-Ultraschall muss man selbst bezahlen, er kostet etwa 130 bis 150 EUR. Im letzten SS-Drittel kann man, wenn man sehr besorgt ist, übrigens noch einen weiteren Feinultraschall machen lassen (um die 32. Woche herum). Fliegen sollte man am besten zwischen dem 4. und 6. Monat. Ganz Vorsichtige tun dies aber gar nicht, weil die Belastung durch die natürliche Röntgen- und Gammastrahlung aus dem Weltraum in 10 Kilometer Höhe wesentlich stärker ist, als am Boden. Ich persönlich aber würde durchaus fliegen. Manche Fluggesellschaften befördern keine Schwangeren mehr ab dem 7. Monat. Übrigens würde ich nicht davon ausgehen, dass Deine damalige Fehlgeburt von der Erkältung kam. Die allermeisten frühen Aborte haben Fehler bei der Zellteilung als Ursache, die man von außen nicht beeinflussen kann. Etwa 30 Prozent aller Schwangerschaften enden ja so. Hinterher sucht man natürlich immer eine Ursache, das ging mir damals auch so. Meine Ärztin sagte aber, in 99 Prozent der Fälle seien KEINE äußeren Einflüsse Schuld an der FG. In der jetzigen Schwangerschaft hatte ich übrigens anfangs ebenfalls eine dicke Grippe, dazu habe ich öfters viel zu heiß gebadet, Glühwein getrunken usw., als ich von der SS noch nix wusste. Trotzdem ist mit dem Krümel bisher alles wunderbar. Eine intakte (!) Schwangerschaft lässt sich durch äußere Einflüsse meist nicht stören, sondern ist robust. Meist ist es bei frühen Aborten so, dass mit dem Embryo etwas nicht stimmte, und sich die Natur selbst hilft, OHNE dass man die FG verschuldet hätte. Liebe Grüße und eine schöne Kugelzeit, Bonnie


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