Gestosegefahr trotz guten Dopplerergebnis?

Dr. med. Vincenzo Bluni Frage an Dr. med. Vincenzo Bluni Facharzt für Frauenheilkunde und Geburtshilfe

Frage: Gestosegefahr trotz guten Dopplerergebnis?

Hallo Herr Dr. Bluni, ich bin in der 29. Woche und erwarte mein 2. Kind. Bereits bei meinen Sohn hatte ich immer einen höheren Blutdruck (mal 154/90 oder 146/96 oder 129/98), allerdings wohl nie Eiweiß im Urin oder hab ich Wasseinlagerungen bemerkt. Blutdruck war ausserhalb der Schwangerschaften eigentlich immer normal... Nun wurde bereits einmal Eiweiß im Urin gefunden (da war der Blutdruck 140/90; 13. Woche) und nachdem der Blutdruck (der diastolische) immer bei den nachfolgenden Untersuchungen über 90 war und ich auch innerhalb von einem Monat 2,3 kg zugenommen habe und Wasseinlagerungen habe, wurde ich von meiner Ärztin in die Klinik zum Doppler überwiesen in der 25. Woche. Der lief auch gut und lieferte gute Werte und mir wurde gesagt, dass man mit einem Doppler herausfinden kann, ob Gestose vorliegt oder auftreten kann. Heute war mein Wert allerdings bei 138/100, ich hab öfter mal mehr Wasseinlagerungen und wieder 2 kg seit dem letzten Besuch zugenommen und die Angst steigt nun doch etwas, ob dem Baby der Blutdruck langsam doch schaden könnte bzw. ob doch Gestose vorliegen kann. Von meiner Ärztin kam erst auf Anfrage, dass ich den Blutdruck daheim kontrollieren kann, nächster Termin bekam ich auch erst wieder in 5 Wochen, da ja Ferien kommen. Daher eigentlich die Frage...kann man mit einem Doppler wirklich "vorraussehen", ob eine Gestose vorliegt/nicht passieren wird und sollte ich zusätzlich noch etwas beachten (also bei bestimmten Zeichen ins Krankenhaus fahren?). Ich ernähre mich aufgrund der mir genannten Gestosegefahr, die bis zum Doppler herrschte, schon eiweißreich und kalorienreich und esse nicht salzarm. Kann man sonst zusätzlich noch etwas tun, wie mehr Bewegung oder mehr Ruhe? Ich bedanke mich schonmal im Vorraus, MamaChrista

Mitglied inaktiv - 29.03.2011, 13:39



Antwort auf: Gestosegefahr trotz guten Dopplerergebnis?

Liebe Christa, 1. ein diastolischer Blutdruckwert von mehr als 90 mm HG ist sicher als auffällig zu werten und vor dem Hintergrund Ihrer Vorgeschichte bedarf dieser unabhängig vom Doppler der engmaschigen Kontrolle und eventuellen Therapie. 2. die Zahlen der Literatur beziffern das Wiederholungsrisiko für eine Präeklampsie (Gestose) zwischen 19,5 -25,9 Prozent. Dabei ist das Wiederholungsrisiko umso größer, je früher die Erkrankung aufgetreten ist und liegt über 60%, wenn sich eine Präeklampsie bereits vor der 28. SSW manifestiert hat (Steinhard, 1999); Es ist also nicht gerade gering. Laut einer Studie aus Israel aus dem Jahr 2000 liegt das Wiederholungsrisiko für eine Präeklampsie bei 25,7% in der nachfolgenden Schwangerschaft und bei 37% für Patientinnen, die in ihrer ersten Schwangerschaft an einer schweren Präeklampsie litten. Nach einer Eklampsie ist das Wiederholungsrisiko etwa bei 21.9Prozent bis 46.8 Prozent. Nach einem HELLP-Syndrom ist das Wiederholungsrisiko zwischen 3-5 Prozent anzusiedeln. Für HELLP Patientinnen, die vor der 32. SSW entbunden worden sind, steigt das Risiko für eine erneute Frühgeburt in der nächsten Schwangerschaft um 61% (Sullivan et al. 1994). Im Falle eines erneuten Kinderwunsches mit derartiger Vorgeschichte sollte sicher schon im Vorfeld auch der Hausarzt nach internistischen Symptomen, die von Herz-Kreislaufsystem ausgehen können oder auch die Niere betreffen können, schauen, um hier im entsprechende Risiken auszuschließen. Auch können schon mal Gerinnungsstörungen bei der Frau, die nur mit speziellen Untersuchungen nachweisbar sind, ursächlich sein. Nach den vorliegenden Leitlinien scheint zurzeit die einzige verfügbare Methode zur Prävention der Präeklampsie in einer ab der Frühschwangerschaft beginnenden Einnahme von niedrig dosierter Acetylsalicylsäure (75-150 mg/Tag) zu sein. In Deutschland ist hier die ASS-Dosierung von 100 mg/Tag schon fast etabliert. Darüber hinaus sollte die Frau dann während der Schwangerschaft auf eine möglichst gesunde Ernährung unter Wahrung der maximalen Gewichtszunahme, einer ausreichenden Flüssigkeits-, Eiweiß- und Salzaufnahme achten. Die prophylaktische Einnahme von Magnesium hat sich in wissenschaftlichen Studien eindeutig als vorbeugend erwiesen. Unter Berücksichtigung der Vorgeschichte sind entsprechende Hinweiszeichen frühzeitig zu beachten. Weiterhin ist die Ultraschall-Doppleruntersuchung schon früher, als andere Methoden in der Lage, Hinweiszeichen für eine Präeklampsie (Gestose) erkennen zu können. VB Quellen: http://www.uni-duesseldorf.de/AWMF/ll/015-018.htm AWMF-Leitlinie 015/018 Leitlinien der Arbeitsgemeinschaft Schwangerschaftshochdruck/Gestose der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe e.V. (DGGG):“Diagnostik und Therapie hypertensiver Schwangerschaftserkrankungen“, Stand:5-2008, zuletzt abgerufen:23.11.2010 Dukler D MD, Porath A MD; Bashiri A MD, Erez O MD; Mazor M MD. Remote prognosis of primiparous women with preeclampsia. Eur. J. of Obstet. Gynecol. and Reprod. Biol. 2001,96: 69-74 Janssen, Petra, „Wiederholungsrisiko und anamnestisches Risikoprofil bei hypertensiven Schwangerschaftserkrankungen (HES)”, Dissertation, 2004 Sibai BM., Gordon T, Thom E, Caritis SN, Klebanoff MK, McNellis D et al. Risk factors for preeclampsia in healthy nulliparous women: a prospective multicenter study. Am. J. Obstet. Gynecol. 1995a;172:642-48. Steinhard J, Klockenbusch W. Schwangerschaftsinduzierte Hypertonie und Präeklampsie. Risikofaktoren und Vorhersagemöglichkeiten. Gynäkologe 1999;32:753-60 Sullivan CA, Magann EF, Perry KG, Jr., Roberts WE, Blake PG, Martin JN, Jr. The recurrence risk of the syndrome of hemolysis, elevated liver enzymes, and low platelets (HELLP) in subsequent gestations. Am. J. Obstet. Gynecol. 1994;171:940- 43.

von Dr. med. Vincenzo Bluni am 29.03.2011