Frage: Fragmin ab 38.SSW

Sehr geehrter Dr. Bluni! Aufgrund meines Faktor- v -Leidens, heterozygot, sind sich meine behandelnden Ärzte(FÄ +Internist) einig, dass ich ab 38.SSW(Bin jetzt 36+4) Fragmin spritzen sollte, bis 8 Wo postpp. Nun meine Frage. Gibt es unter dieser Therapie eventuelle Nebenwirkungen wie Blutungen, vorzeitige Wehen oder negative Einflüsse fürs Baby? Meine FÄ sieht alles ganz easy und meinte nur " wird problemlos verlaufen"...Bis jetzt verlief die gesamte SS ohne Probleme.Ich habe aber schon Bedenken wg des Medikamentes. Vielen Dank für Ihre Antwort.

Mitglied inaktiv - 25.05.2011, 11:48



Antwort auf: Fragmin ab 38.SSW

Hallo, 1. diese Mutation (ein Austausch eines Eiweißes) in einem wichtigen Gerinnungsfaktor des Blutes wird auch als Faktor V-Mangel oder APC-Resistenz bezeichnet und sie kommt einer angeborenen Thromboseneigung gleich. Hierdurch kann eine körpereigener Hemmstoff der Gerinnung (das aktivierte Protein C = APC) nicht mehr ausreichend am Faktor V binden und dies führt so zu einer verstärkten Gerinnbarkeit des Blutes. Die Störung liegt auf dem Chromosom (Teil der Erbanlage) Nr. 1. Da alle Chromosomen beim Menschen in doppelter Form vorliegen, kann entweder nur ein Chromosom betroffen sein (heterozygoter Träger) oder beide Chromosomen (homozygoter Träger). In gewissen Situationen (Pille, Schwangerschaft) kann diese Störung eine besondere Bedeutung gewinnen, als nämlich hiermit ein erhöhtes Thromboserisiko verbunden ist. Unter Berücksichtigung einer solchen Gerinnungsstörung wäre dann in Anlehnung an die Empfehlungen Fachgesellschaften zu erörtern, ob und ab wann der Schwangeren, neben Kompressionsstrümpfen auch ein so genanter "Blutverdünner" (niedermolekulares Heparin) verordnet wird, um das Thrombose- und Embolierisiko zu minimieren. Dazu würde dann ggf. auch der Zeitraum des Wochenbettes (etwa 6 Wochen nach der Entbindung) gehören. Am sinnvollsten ist es hier, dass die Frage einer Blutverdünnung mit einem erfahrenen Gerinnungsspezialisten oder einer Gerinnungsambulanz abgestimmt wird. Heterozygote Merkmalsträger weisen ein ca. 5 -10fach erhöhtes Thromboembolierisiko auf, homozygote Merkmalsträger ein 80 - 100faches Risiko. 2. Niedermolekulare Heparine kommen zum Einsatz, wenn bestimmte Konstellationen von Gerinnungsstörungen und/oder eine Vorgeschichte mit einem thromboembolischen Ereignis vorliegen. Dazu gibt es konkrete Risikokonstellationen und sich daraus ableitende Empfehlungen. 3. sofern bei einer Frau „nur“ ein heterogener Faktor-V-Mangel vorliegt, aber keine zusätzlichen Risikofaktoren, wie Adipositas, Präeklampsie, Infektion, Trauma oder Bettlägerigkeit hinzukommen, wird nach den aktuellen Leitlinien keine Heparinisierung empfohlen. Es liegt demzufolge ein so genanntes niedriges Risiko vor. (nachzulesen in: Frauenarzt, 51 (2010) Nr 6, „Thromboembolieprophylaxe in Schwangerschaft und Wochenbett“, A.G. Puhl, K. Heidner, C. Skala, H. Schinzel, S. 570-583) 4. Die prophylaktische Verabreichung niedermolekulare Heparine in der Schwangerschaft kann schon als recht sicher bezeichnet werden. Mögliche Nebenwirkungen unter einer solchen Therapie treten selten auf, sollten aber bedacht werden: es kann zum Abfall der Blutplättchen kommen oder Blutungen hinter dem Mutterkuchen, beim Kind sind keine negativen Folgen zu erwarten. VB Quellen: Geisen U, Abou-Mandour N, Schambeck Ch, Zilly M, Keller F. Pilotstudie und EthiG-Studie zur Thromboseprophylaxe in der Schwangerschaft. Vascular care 2001; 1: 12–9. Hirsh, Jack, Bates, Shannon M., Greer, Ian A., Pabinger, Ingrid, Sofaer, Shoshanna, Venous Thromboembolism, Thrombophilia, Antithrombotic Therapy, and Pregnancy, American College of Chest Physicians, Evidence-Based Clinical Practice Guidelines, (8th Edition), Chest 2008;133;844S-886S Frauenarzt, 51 (2010) Nr 6, „Thromboembolieprophylaxe in Schwangerschaft und Wochenbett“, A.G. Puhl, K. Heidner, C. Skala, H. Schinzel, S. 570-583 http://www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/003-001_S3_AWMF-Leitlinie_Prophylax e_der_venoesen_Thromboembolie__VTE__Kurz_04-2009_12-2013.pdf (AWMF-S3-Leitlinie „Prophylaxe der venösen Thromboembolie (VTE)“, Version vom 18. März 2009 mit eingearbeitetem Addendum vom 08. Mai 2010, letzter Abruf:21.12.2010)

von Dr. med. Vincenzo Bluni am 25.05.2011