Frage im Expertenforum Schwangerschaftsberatung an Dr. med. Vincenzo Bluni:

Faktor V Leiden

Dr. med. Vincenzo Bluni

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Facharzt für Frauenheilkunde und Geburtshilfe

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Frage: Faktor V Leiden

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Lieber Dr. Bluni, bei mir wurde bereits vor meinen Schwangerschaften (hatte eine FG in der 9. SSW) festgestellt, daß ich die Gerinnungsstörung Faktor V Leiden heterogyzot habe. Bin jetzt in der 20. SSW und obwohl diese Gerinnungsstörung bekannt ist, bekomme ich kein Heparin verschrieben oder eine Überweisung zum Humangenetiker. Ich verstehe nicht, wo da unterschieden wird?! Meine Cousine hatte aufgrund Faktor V Leiden eine Totgeburt im 9. Monat und musste bei ihrer nächsten SS von Anfang an Fragmin spritzen. Warum bei mir nicht? Ich hatte genau wie meine Cousine noch nie eine Thrombose etc. aber wenn die Gerinnungsstörung bei mir bekannt ist, warum mutet man mir zu, das Risiko eizugehen, daß auch mir sowas passieren könnte? Mache mir deswegen große Sorgen!


Dr. med. Vincenzo Bluni

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Hallo, 1. diese Mutation (ein Austausch eines Eiweißes) in einem wichtigen Gerinnungsfaktor des Blutes wird auch als Faktor V-Mangel oder APC-Resistenz bezeichnet und sie kommt einer angeborenen Thromboseneigung gleich. Hierdurch kann eine körpereigener Hemmstoff der Gerinnung (das aktivierte Protein C = APC) nicht mehr ausreichend am Faktor V binden und dies führt so zu einer verstärkten Gerinnbarkeit des Blutes. Die Störung liegt auf dem Chromosom (Teil der Erbanlage) Nr. 1. Da alle Chromosomen beim Menschen in doppelter Form vorliegen, kann entweder nur ein Chromosom betroffen sein (heterozygoter Träger) oder beide Chromosomen (homozygoter Träger). In gewissen Situationen (Pille, Schwangerschaft) kann diese Störung eine besondere Bedeutung gewinnen, als nämlich hiermit ein erhöhtes Thromboserisiko verbunden ist. Unter Berücksichtigung einer solchen Gerinnungsstörung wäre dann in Anlehnung an die Empfehlungen der Gesellschaft für Thrombose- und Hämostaseforschung (GTH) zu erörtern, ob und ab wann man der Schwangeren, neben Kompressionsstrümpfen auch einen so genanten "Blutverdünner" (niedermolekulares Heparin) verordnet, um das Thrombose- und Embolierisiko zu minimieren. Dazu würde dann ggf. auch der Zeitraum des Wochenbettes (etwa 6 Wochen nach der Entbindung) gehören. Am sinnvollsten ist es hier, dass die Frage einer Blutverdünnung mit einem erfahrenen Gerinnungsspezialisten oder einer Gerinnungsambulanz abgestimmt wird. Meines Wissens - bitte dieses aber nochmals vor Ort individuell besprechen! - bietet der alleinige, heterozygote Defekt ohne Thrombose in der Vorgeschichte ein niedriges Risiko nach der Klassifikation: Man würde aber einen Blutverdünner für die Zeit des Wochenbettes empfehlen. Heterozygote Merkmalsträger weisen ein ca. 5 -10fach erhöhtes Thromboembolierisiko auf, homozygote Merkmalsträger ein 80 - 100faches Risiko. 2. Niedermolekulare Heparine kommen zum Einsatz, wenn bestimmte Konstellationen von Gerinnungsstörungen und/oder eine Vorgeschichte mit einem thromboembolischen Ereignis vorliegen. Dazu gibt es konkrete Risikokonstellationen und sich daraus ableitenende Empfehlungen. 3. sofern bei einer Frau „nur“ ein heterogener Faktor-V-Mangel vorliegt, aber keine zusätzlichen Risikofaktoren, wie Adipositas, Präeklampsie, Infektion, Trauma oder Bettlägerigkeit hinzukommen, wird nach den aktuellen Leitlinien keine Heparinisierung empfohlen. Es liegt demzufolge ein so genanntes niedriges Risiko vor. (nachzulesen in: Frauenarzt, 51 (2010) Nr 6, „Thromboembolieprophylaxe in Schwangerschaft und Wochenbett“, A.G. Puhl, K. Heidner, C. Skala, H. Schinzel, S. 570-583) VB


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