Frage im Expertenforum Medikamente in der Schwangerschaft an Dr. med. Wolfgang Paulus:

Sertralin 75mg

Dr. med. Wolfgang Paulus

Dr. med. Wolfgang Paulus
Facharzt und Leiter der Beratungsstelle für Reproduktionstoxikologie an der Universitätsfrauenklinik Ulm

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Frage: Sertralin 75mg

Ella Sophie

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Sehr geehrter Herr Dr. Paulus! Aufgrund eines Kinderwunsches wollte ich meine Sertralin-Dosis von 100 mg auf 50 mg reduzieren, da auch die meisten hier im Forum nur 50 mg nehmen. Leider geht es mir mit den 50 mg psychisch nicht so gut. Ich bin jetzt hin- und hergerissen, da ich in der Schwangerschaft natürlich eine möglichst geringe Dosis nehmen möchte u. gehofft habe, es mit 50 mg zu schaffen. Wenn sich mein Zustand allerdings nicht bessert, kann ich mir eine Schwangerschaft nicht vorstellen. Wie belastend sehen sie 75 mg für das Baby im Vergleich zu 50 mg? Würden Sie bei dieser Dosis eine Reduktion vor der Geburt empfehlen? Was sagen Sie in Bezug auf 100 mg (falls notwendig) bez. Baby und Reduktion vor der Geburt? Würden Sie generell warten, bis sich die psych. Situation bessert um mit möglichst wenig Sertralin auszukommen?? Aber ich weiß ja leider nicht ob bzw. wann es das macht... Mit 100 mg und ich denke auch 75 mg ist es mir gut gegangen. Vielen Dank für Ihre Antwort und Ihre wertvolle Arbeit in diesem Forum!!! MFG Ella Sophie


Dr. Wolfgang Paulus

Dr. Wolfgang Paulus

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Sowohl aus den tierexperimentellen Untersuchungen als auch aus den Erfahrungen in der menschlichen Schwangerschaft gab es primär keinen Anhalt für eine Fruchtschädigung durch Sertralin. Eine Zusammenstellung von 150 Expositionen mit Sertralin im I.Trimenon zeigte keine Häufung von Anomalien (Kulin et al 1998). Eine weitere Studie mit 112 Schwangeren ergab unter Medikation mit Sertralin ebenfalls keinen Anstieg der Fehlbildungsrate (Chambers et al 1999). Anpassungsstörungen nach der Geburt erforderten teilweise eine Betreuung der Neugeborenen in einer Kinderklinik. Bis Dezember 2004 dokumentierte das Swedish Medical Birth Registry 6.555 Kinder nach intrauteriner Exposition mit SSRI in der Frühschwangerschaft. Die kumulierte Fehlbildungsrate lag bei 4,1%, was dem erwarteten Hintergrundrisiko entspricht. Dabei wurde kein typisches Fehlbildungsmuster beobachtet. In diesem Kollektiv sind 1.906 Kinder nach mütterlicher Medikation mit Sertralin enthalten. Die Fehlbildungsrate gab mit 3,5% keinen Anlass zur Beunruhigung (Kallen & Otterblad Olausson 2007), weil dies dem üblichen Fehlbildungsrisiko in der unbelasteten Bevölkerung entspricht. Eine neuere Übersichtsarbeit sieht – wenn überhaupt – allenfalls ein geringes Risiko von weniger als 1% für die Entwicklung eines Hochdruckes im Lungenkreislauf des Feten bei mütterlicher Therapie mit SSRI in der zweiten Schwangerschaftshälfte. Ein Verzicht auf eine erforderliche Behandlung der Mutter in der Spätschwangerschaft erscheint daher nicht sinnvoll ('t Jong et al 2012). Mögliche Zusammenhänge zwischen der langfristigen Einnahme von SSRI und kindlichen Verhaltensauffälligkeiten wie ADHS oder Autismus werden kontrovers diskutiert (Man et al 2015, Figueroa et al 2010). Eine Fortsetzung der aktuellen Behandlung mit Sertralin wäre in der Schwangerschaft durchaus akzeptabel. Nach Einnahme von SSRI wie Sertralin konnte man in bis zu 30% der Fälle in den ersten Tagen nach Geburt (maximal 14 Tage) Anpassungsprobleme der Kinder mit folgenden Symptomen beobachten (Alwan & Friedman 2009): · Atemstörungen, Apnoe · Zyanose · Krämpfe · Temperaturschwankungen · Trinkschwäche, Erbrechen · Hypoglykämie · Hypotonie / Hypertonie · Hyperreflexie, Zittern · Reizbarkeit, anhaltendes Schreien Ein Verzicht auf die Einnahme von Sertralin in der Spätschwangerschaft ist jedoch deshalb nicht erforderlich. Es handelt sich nicht um langfristige Schädigungen, sondern um Veränderungen, die eine vorübergehende kinderärztliche Betreuung erfordern. Es macht daher keinen Sinn, die Dosis von Sertralin so weit zu reduzieren, dass das mütterliche Befinden stark eingeschränkt ist. Unter den Serotonin-Reuptake-Hemmern liegen insbesondere Angaben zu Sertralin in der Stillzeit vor (Llewellyn & Stowe 1998). Bei insgesamt 15 Säuglingen fanden die Untersucher lediglich in 6 Fällen geringe Konzentrationen von Sertralin bzw. Desmethylsertralin im kindlichen Serum. Kindliche Komplikationen wurden nicht beobachtet. Eine Anwendung von Sertralin in der Stillzeit erscheint auf der Grundlage der aktuellen Daten vertretbar. Auch wenn Sie eine Dosis von 75 oder 100 mg einnehmen, wäre dies kein Grund zum Abstillen.


Ella Sophie

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Wie sieht es mit der Belastung des Säuglings beim Stillen aus?? Macht es für diesen einen großen Unterschied, wenn ich statt 50 mg, 75 oder 100 mg nehme?? Vielen Dank für Ihre Antwort!!


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