Lieber Herr Dr. Paulus,   ich habe eine Frage zu einigen chemischen Stoffen in der Schwangerschaft sowie eine allgemeine Frage zur Anwendung von Kosmetika.   Als ich schwanger geworden bin, habe ich meine gesamten kosmetischen Mittel weiterhin verwendet. Ich bin davon ausgegangen, dass hochwertige Kosmetik, die in der EU hergestellt und verkauft wird, von den zuständigen Behörden überprüft und zugelassen ist und daher theoretisch keine toxischen Substanzen enthält – auch nicht für Schwangere. Deshalb habe ich mir zunächst keine Gedanken darüber gemacht.   Vor kurzem habe ich jedoch eine App heruntergeladen, mit der man die Verpackungen scannen kann. Sie zeigt an, ob in einem kosmetischen Produkt bedenkliche Stoffe enthalten sind. In meiner getönten Tagescreme (Payot N°2 CC Cream SPF 50) habe ich dabei einige organische UV-Filter gefunden, insbesondere Ethylhexylmethoxycinnamat und Ethylhexylsalicylat, die auf Platz 2 und 4 der Inhaltsstoffliste stehen. Mittlerweile enthalten ja fast alle getönten Cremes einen Lichtschutzfaktor.   Ich habe mich über diese Stoffe informiert. In Tierstudien haben sie tatsächlich verschiedene negative Wirkungen gezeigt, unter anderem als endokrine Disruptoren, also mit möglicher Beeinflussung von Schilddrüsen- und Geschlechtshormonen. Sie stehen im Verdacht, Fehlbildungen der Geschlechtsorgane bei Feten zu begünstigen, neurotoxisch zu wirken sowie einen Einfluss auf die Nabelschnurgefäße und damit auf den Blutdruck in der Schwangerschaft zu haben.   Ich habe diese Creme ausschließlich im Gesicht angewendet, maximal einmal täglich, also nicht exzessiv. Ich benutze sie bereits seit mehreren Jahren und meine TSH-Werte waren immer in Ordnung. Aktuell bin ich in der 24. SSW, im zweiten Screening waren sowohl das Kind als auch die Gefäße unauffällig. Die Anwendung habe ich vorsichtshalber eingestellt.   Nun weiß ich nicht, wie ich diese Informationen einordnen soll. Schließlich haben die Tiere in den Studien die Substanzen in hohen Dosierungen gefressen – das ist etwas anderes, als sie einmal täglich begrenzt auf die Haut aufzutragen.   Ist Ihrer Ansicht nach mit irgendwelchen negativen Konsequenzen für das Ungeborene zu rechnen, und falls ja: Was sollte ich tun?   Außerdem ist in zahlreichen Produkten Phenoxyethanol als Konservierungsstoff enthalten, z. B. in Shampoo, Bodylotion, Handcreme und Deo. Es heißt, dass dieser Stoff in geringen Mengen, wie sie üblicherweise in Kosmetika vorkommen, unbedenklich sei. Kann es jedoch, wenn man mehrere solcher Produkte verwendet, zu einer Anreicherung kommen, sodass die sichere Grenze überschritten wird und Schaden entstehen könnte?   Und was halten Sie von SLS? Es werden schreckliche Dinge darüber geschrieben, aber es ist überall enthalten, vor allem in fast allen Duschgels und sogar in meiner Zahnpasta. Wir sind ständig diesem Stoff ausgesetzt und leben trotzdem gesund weiter …   Ich sehe die App mittlerweile etwas kritisch, denn von all meinen kosmetischen Mitteln enthalten laut ihr nur das Mizellenwasser und eine Gesichtscreme keine „Schadstoffe“. Alle anderen weisen angeblich bedenkliche Inhaltsstoffe auf – und die App bietet sofort „sichere“ Alternativen zum Kauf an. Das wirkt auf mich übertrieben und so, als würde hier mit den Ängsten und Schuldgefühlen von Schwangeren gespielt, um andere Produkte zu bewerben.   Daher meine Frage Nr. 2: Kann man generell davon ausgehen, dass in der EU hergestellte und verkaufte Kosmetik bei bestimmungsgemäßer Anwendung auch für Schwangere sicher ist und keine fetotoxischen Stoffe enthält? Schließlich leben wir nicht mehr im 18. Jahrhundert, als Blei in Kosmetika verwendet wurde. Viele Frauen benutzen Kosmetik, ohne groß darüber nachzudenken – ganz zu schweigen von unseren Müttern oder Großmüttern, die vermutlich noch viel weniger regulierte Produkte verwendet haben. Und trotzdem ist die Welt nicht voller mutierter Babys. Wenn man aber im Internet liest, scheint es, als dürften Schwangere kaum noch etwas essen, geschweige denn sich pflegen. Es ist wirklich schwer auseinanderzuhalten, welche Bedenken berechtigt sind und welche übertrieben.   Vielen herzlichen Dank im Voraus!   Erster Tag der letzten Regel: 02-07-2025 Errechneter Entbindungstermin: 08-04-2026 Medikamente: Vitamine für Schwangere Elevit, Dekrostol 1000 IE, Vagisan Vaginalkapseln mit Lactobakterien