M_hApril22
Sehr geehrter Herr Dr. Paulus, ich esse hin und wieder geschrotete Leinsamen (sowohl warm als kalt) und weiß um den geringen Blausäuregehalt. Heute Morgen habe ich etwa einen guten Esslöffel mit Haferflocken gegessen. Das ganze habe ich mit kochendem Wasser übergossen (weil keine Zeit zum Porridge kochen), wobei die Leinsamen unter den Haferflocken lagen. Ich habe das ganze dann einige Minuten später gegessen, obwohl es etwas bitter geschmeckt hat. Diesen bitteren Geschmack (wie Apfelkerne) habe ich auch jetzt, knapp 3 Stunden danach, noch. Symptome bis auf leichte Kopfschmerzen und diesen bitteren Geschmack im Mund habe ich nicht. Nun bin ich etwas verunsichert, da ich natürlich meinem Kind nicht schaden will/ wollte. Die Leinsamen sind nicht von einem aktuellen Produktrückruf betroffen und wurden vor etwa einer Woche geöffnet. Wie lautet Ihre Einschätzung hierzu? Könnte trotz fehlenden (weiteren) Symptomen bei mir es zu einer kindlichen Schädigung kommen?
Cyanogene Glycoside in Leinsamen können Blausäure freisetzen (ca. 50 mg Blausäure auf 100 g Leinsamen). Der geringe Wassergehalt der Samen, der saure pH-Wert im Magen und der Abbau durch Rhodanasen verhindert jedoch Vergiftungen bei Aufnahme normaler Mengen. Jede vorherige Erhitzung durch Backen, Kochen oder Braten zerstört die Glykoside darüber hinaus. Die primäre Giftwirkung von Blausäure besteht in der Blockade der Sauerstoff-Bindungsstelle in der Atmungskette der Körperzellen. Bei dem von Ihnen beschriebenen Konsum von Leinsamen sind sicherlich keine Dosen von Blausäure freigesetzt worden, die zu einem Sauerstoffmangel im mütterlichen bzw. kindlichen Organismus führen.