Frage im Expertenforum Kinderwunsch an Dr. med. Friedrich Gagsteiger:

Wie viele Transfere sinnvoll

Dr. med. Friedrich Gagsteiger

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Reproduktionsmediziner

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Frage: Wie viele Transfere sinnvoll

MarieCurie2025

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Sehr geehrter Herr Dr. Gagsteiger, wir befinden uns aktuell in der ICSI. Aktueller Befund: Schlechtes Spermiogramm meines Partners. Bei mir wurden keine tiefergehenden Untersuchungen vorgenommen. Wie viele Versuche/Transfere sind sinnvoll und ab wann sollte ich mich ebenfalls untersuchen lassen? Vielen Dank :-)


Dr. Friedrich Gagsteiger

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Guten Abend, ich kann gut nachvollziehen, wie viel Hoffnung – und manchmal Frust – mit einer ICSI-Therapie einhergehen. Viele Paare hangeln sich von Laborwert zu Laborwert und fragen sich unterwegs, ob sie auf dem richtigen Kurs sind. Darum hier ein kompakter Überblick, der Ihnen helfen soll, die nächsten Schritte selbstbewusst zu planen. Bitte prüfen Sie die Punkte anschließend gemeinsam mit Ihrem behandelnden Team; jedes Paar bringt eigene Besonderheiten mit. Wie viele Versuche sind vernünftig? In Deutschland versteht man unter einem „ICSI-Versuch“ einen kompletten stimulierten Zyklus: also Stimulation, Eizellentnahme und alle frischen und späteren Kryo-Transfers, die aus dieser Punktion hervorgehen. Gesetzliche Krankenkassen beteiligen sich in der Regel bis zu drei Mal an den Kosten, sofern die Alters- und Ehe-Kriterien erfüllt sind. Registerdaten zeigen, dass nach drei solcher Zyklen – wenn also alle frischen und eingefrorenen Embryonen übertragen wurden – etwa die Hälfte der Paare ein Kind bekommen hat. Ein vierter oder sogar fünfter Zyklus kann die Quote noch leicht anheben, der Zugewinn ist dann aber deutlich geringer. Viele Kliniken besprechen deshalb mit dem Paar von Anfang an einen Drei-Zyklen-Plan und überlegen erst danach, ob man weitermacht oder die Strategie ändert.   Warum sollte man trotzdem schon früh auch die Frau anschauen, obwohl das Spermiogramm schlecht ist? Auch wenn der Hauptfaktor beim Mann liegt, lohnt sich ein Basis-Check bei der Frau gleich zu Beginn: Hormonstatus (AMH, FSH/LH, Östradiol), TSH, ein transvaginaler Ultraschall mit Zählung der kleinen Follikel sowie eine Kontrolle, ob die Ovarien leicht erreichbar sind. Die Untersuchung ist simpel, beeinflusst aber die Stimulationsdosis und spart unter Umständen erfolglose Zyklen. Aufwändigere Tests – etwa eine diagnostische Gebärmutter­spiegelung, Gerinnungs- oder Genanalysen – empfiehlt man meist erst, wenn nach zwei bis drei gut gelaufenen Embryotransfers noch keine Einnistung stattgefunden hat. Dann sprechen die Fachgesellschaften von „wiederholtem Implantationsversagen“ und raten zu vertiefter Suche nach versteckten Ursachen wie einer chronischen Endometrium­entzündung oder seltenen Gerinnungsstörungen. Praktische Tipps für die nächsten Schritte Bitten Sie Ihr Zentrum um die fehlenden Basisuntersuchungen, falls noch nicht alles erfolgt ist, und legen Sie schriftlich fest, nach wie vielen kompletten Zyklen Sie Bilanz ziehen wollen. Achten Sie parallel auf gut belegte Lebensstil-Faktoren: Nikotinverzicht, moderates Gewicht, ausreichendes Vitamin-D-Spiegel und Folsäure – alles Kleinigkeiten, die die Erfolgswahrscheinlichkeit messbar steigern können. Holen Sie sich frühzeitig emotionale Unterstützung, etwa durch psychosoziale Kinderwunsch­beratung. Studien zeigen, dass ein stabiles Stress-Management nicht nur die Therapie erträglicher macht, sondern indirekt auch die Schwangerschafts­chancen verbessert. Prüfen Sie mögliche finanzielle Zuschüsse Ihres Bundeslandes für einen vierten Versuch oder für Kryo-Transfers – es lohnt sich, die jeweiligen Förderrichtlinien durchzusehen. Zum Mitnehmen Drei vollständige ICSI-Zyklen sind in den meisten Fällen ein sinnvoller erster Horizont; bis dahin nutzen Sie statistisch den größten Teil Ihres Erfolgspotenzials aus. Gleichzeitig ist es wichtig, schon zu Beginn alle leicht zugänglichen Faktoren bei beiden Partnern abzuklären – gerade weil eine schlichte Schilddrüsenfehlfunktion oder ein niedriger Eierstockvorrat sonst erst nach mehreren erfolglosen Transfers ans Licht käme. Bleiben Sie neugierig, stellen Sie viele Fragen und scheuen Sie sich nicht, Therapiepausen oder Zweitmeinungen einzufordern, falls sich das für Sie richtig anfühlt. Ich wünsche Ihnen auf Ihrem weiteren Weg viel Kraft, Gelassenheit und das Quäntchen Glück, das es am Ende oft braucht. Mit herzlichen Grüßen und den besten Wünschen für Sie und Ihre Familie Ihr Dr. Friedrich Gagsteiger BestFertility – Kinderwunschzentrum am Albert-Einstein-Platz in Ulm


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