Frage im Expertenforum Kinderwunsch an Dr. med. Klaus Bühler:

Wie sag ich es meinem Kinde

Dr. med. Klaus Bühler

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Frauenarzt

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Frage: Wie sag ich es meinem Kinde

Mitglied inaktiv

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Sehr geehrter Herr Dr. Bühler Ich bin jetzt nicht sicher, ob meine Frage in dieses Forum passt, da Sie aber ein Fachmann sind, wende ich mich mit meiner Sorge an Sie. Ich bin verheiratet und wir haben ein drei jähriges Kind. Damals bin ich problemlos schwanger geworden. Nachdem wir über 8 Monaten auf ein zweites Kind gewartet haben, sind wir zum Arzt. Ernüchterung: Aus unerklärlichen Gründen ist die Spermaqualität meines Mannes offenbar so, dass mein FA uns ein IVF empfielt und zwar je schneller je besser, wegen meinem Alter. Für mich ist eine Welt zusammengebrochen. Nebst der Unlust auf die ganze Prozedur mache ich mir grosse Sorgen, wie es wohl ist in einer Familie, wenn ein Kind ganz natürlich und ohne fremde Hilfe, das andere jedoch künstlich und irgendwie nicht selber gezeugt wurde. Ich habe diffuse Ängste, dass ich ein anderes Verhältnis zu einem Kind aufbaue, das nicht in mir, sondern im Reagenzglas entstanden ist. Ich fürchte, dass die Art der Entstehung immer zwischen uns sein wird, trennend. Irgendwie schäme ich mich sogar und habe fast keinen Mut für eine IFV, andererseits wünsche ich mir sehr ein zweites Kind, ein Geschwisterchen. GIbt es Literatur, Studien oder Erfahrungsberichte über die psychosozialen Folgen der Art der Zeugung. Was sollte ich denn meinem Kind später mal sagen? Wo finde ich Hilfe? Besten Dank Anna


Dr. Klaus Bühler

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Hallo Anna, nicht nur die beiden betroffenen Frauen/Mütter, die schon vor mir geantwortet haben, ... nein alle können mitfühlen, was jetzt in Ihnen vorgeht. Viele unserer Körperfunktionen nehmen wir als gegeben hin, denken gar nicht mehr nach, wie sie eingesetzt werden. Auch beim Schreiben Ihrer Zeilen oder meiner, keiner von uns diktiert bewußt den Hände nund Fingern, wo diese auf der Tatsatur hin und drücken müssen. Alles geht von alleine. Immer erst, wenn eine solche Körperfunktion 'mal nicht funktioniert, werden wir uns der Tatsache bewußt, welch Meisterwerk unser Körper eigentlich darstellt. Klappt eine solche Körperfunktion 'mal nicht, dann haben wir alle auch kein Problem, dies als Krankheit oder Krankheitsfolge zu bezeichnen. Nur mit Störungen der Fortpflanzungsfunktion haben sehr viele große Schwierigkeiten, hier auch offen von Krankheit zu reden; angefangen bei unseren Politikern. Denn nur dadurch kam es zum §27a, SGB V. Aber auch die Fortpflanzungsfunktion ist eine wichtige Körperfunktion, für das Fortbestehen der Menschheit wohl die wichtigste, auch wenn andere Funktionsstörungen (Herz-Kreislauf, Magen-Darm, ...) für das Leben des einzelnen aktuell viel wichtiger sein können. Aber immer, wenn eine solche Störung auftritt, haben wir kein Problem, eine medizinische Behandlung durchzuführen. Vielleicht ist man/frau bei sehr belastendenen und langwierigen Krankheiten 'mal der Fortführung der Therapie müde - dafür gibt es immer wieder auch prominente Beispiele bei zehrenden Krebserkrankungen; jeder hat das Recht auch nein zu sagen, ich will nicht mehr! -, aber im Grunde suchen wir bei jeder Krankheit bzw. krankheitsbedingten Störung nach Linderung und Heilung . Dabei sollte dann der medizinsche Fortschritt auch voll zum Tragen kommen. Wenn ich durch Nagelung und Plattung einen komplizierten Bruch besser einer Heilung zuführen kann als mit dem herkömmlichen Gips, dann hat niemand Probleme, dies auch angewendet zu wissen. Nur bei der fortpflanzungsMEDIZINISCHEN Behandlung werden plötzlich von einigen Seiten "(pseudo-)moralische und -ehtische Probleme gesehen. Wenn wir diese Störung und Erkrankung dieser Körperfunktion nach neusten wisenschaftlichen und medizinischen Erkenntnissen angehen, "vergehen wir uns an Gottes Willen". Dies ist für mich Ausdruck großer Heuchelei und großen Opportunismus. Auffallend ist für mich, dass eine solche Argumentation dann auch häufig von solchen Kreisen angeführt wird, die im nächsten Atemzug für das "Recht auf Abtreibung" und deren Bezahlung durch die Gesellschaft plädieren. Dadurch wird die Heuchelei nur noch mehr unterstrichen. Fortpflanzungsmedizin ist ein Teil der Humanmedizin wie jeder andere auch. Es werden dabei medizinische Maßnahmen durchgeführt - keine Versuche; wie behandlen auch keine Versuchskaninchen!! -, die zum Teil für die Betroffenen auch sehr belastend sein können, körperlich, seelisch und auch materiell. Das sollten sich viele PolitkerInnen und JournalistInnen vor Augen führen, wenn sie dies in der Öffentlichkeit wieder aus fadenscheinigen Gründen kleinzureden versuchen. Ich sehe darin sehr häufig eine grobe Missachtung und Geringschätzung der Frauen. Nur, was passiert bei solche einer Behandlung. Es muss dafür Sorge getragen werden, dass funktionstüchtige Keimzellen da sind. Von diesen Keimzellen geht zukünftiges Leben aus, deshalb stellen sie die Grundvoraussetzung dar. Dann müssen mittels der medizinischen Maßnahmen Ei- und Samenzellen auch zusammenkommen können, wenn dies auf die ganz normale Art und Weise eben nicht (mehr) planbar herbeigeführt werden kann. Verkennen wir nicht, oberstes Ziel einer solchen Behandlung ist die PLANBARE Herbeiführung mit berechtigten Aussichten auf Erfolg einer Schwangerschaft. Das heißt nicht, dass es eben auf ganz sonst übliche Art nicht auch eintreten könnte. In den allermeisten Fällen ist dies so; nur mit welchen Aussichten und wie planbar. Wenn dies einem Lottogewinn gleich kommt - und diese kommem ja auch vor!! -, dann muss sich ein jedes Paar überlegen, was zu tun ist: abwarten, bis es eben so eintritt und dabei die fortpflanzungsfähige Lebensphase insbesonder der Frau ohne Schwangerschaft verstreichen zu lassen zu riskieren, oder in dieser Lebensphase der Frau, alle Maßnahmenzu ergreifen, diese Störung zu überwinden. Dabei ist dann nichts - und darauf stellt das Augenzwinkern von Bienetraurig ab! -, künstlich. Es werden eben nur Ei- und Samenzellen zusammengebracht, ja bei der ICSI sogar die Samenzelle in die Eizelle gebracht. Der Befruchtungsvorgang, sprich die Verschmelzung der beiden Zellkerne, der beiden Erbinformationsanlagen, läuft auch im Reagenzglas nach den genau gleichen NATÜRLICHEN Gesetzmäßigkeiten ab, wie sonst im Eileiter. Aber zugegebener Maßen, und wahrscheinlich ist dies auch die Intention derer, die den Ausdruck "künstliche" Befruchtung wider besseren Wissens oder aus eklatantem Unwissen immer wiedergebrauchen, schafft dieser Ausdruck erst einmal Argwohn. Hat man/frau sich dann erst einmal mehr mit dieser medizinischen Behanlung beschäftigt, verschwindet auch schnell die Verteufelung und man/frau erkennen, wie damit eine gestörte Körperfunktion überwunden werden kann. Aber dass es "natürlich" abläuft, sieht man/frau auch daran, dass von 10 zur Befruchtung gelangten Eizellen nur zwei bis drei letztlich die Fähigkeit in sich tragen, auch zur Schwangerschaft zu führen. Dies ist auch so, wenn die Befruchtung im Eileiter abläuft, und ja ebenso für die Tatsache verantwortlich, dass die "natürliche" Fruchtbarkeitsrate beim Menschen bei 27% bis 39% pro Zyklus liegt. Diese Messlatte wird dann auch 100prozentig durch die medizinischen Maßnahmen erreicht. Das daraus entstehende Kind ist ein "normales" Kind, wie jedes ander auch! Sie Anna, Sie sind schwanger, Sie tragen diese Schwangerschaft aus mit allen Freuden und Belastungen, Sie spüren bald das Strampeln in Ihrem Bauch, Ihr Kind spürt Ihren Herzschlag, kennt Ihre Stimme und die der Personen um Sie herum, Sie bringen das Kind zur welt. ES IST IHR KIND!! Es ist genauso Ihre Freude, auch irgendwann Ihre Sorge. Nur eines, Sie müssen sich wie bei jeder anderen medizinischen Behandlung dazu bekennen. Gegen Sie, gegen Ihren Willen, gegen Ihre Einstellung kann es keine Behandlung geben. Das schaffte dann nur Leiden. Ich wünsche Ihnen alles Gute, viel Verständnis in Ihrer Umgebung und einen Therapeuten, der sich auch die Zeit nimmt, Ihnen erst einmal nur zuzuhören und Ihre letztliche Entscheidung auch voll und ganz akzeptiert. Gruß Ihr KB


Mitglied inaktiv

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Hallo Annimel, auch für mich brach damals eine Welt zusammen... inzwischen bin ich eine ICSI-Mama. Ich sehe es so: Es ist nicht schlimm, dass wir ICSI brauchen...... sondern Gott sei Dank gibt es diese Methode. Es gibt eine Möglichkeit uns zu helfen..... ist das nicht toll??? Ansonsten gibt es Foren im Internet (wunschkinder.net; kleinputz und andere), wo deine übrigen Fragen diskutiert werden. Von Frauen, die genauso betroffen sind wie du..... Alles Gute!!


Mitglied inaktiv

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Hallo, also ich sehe ein Baby, das "nicht auf natürlichem Weg" entstandenen ist noch mehr als ein kleines Wunder an und werde es noch viiiiiel mehr schätzen als ich es natürlich auch mit einem Kind tun würde, was natürlich entstanden ist. Leider hatte ich bisher nur eine FG in der 13. SSW nach einem Kryotransfer und ansonsten noch 1 negativ. Ich verstehe also so ganz dein Problem nicht. Schätze dich glücklich, dass du schon "ein Wunder" bei dir hast und mach dir keine so großen Gedanken, wie ein Kind entsteht. Es bleibt trotzdem immer ein Wunder, wenn nicht jede künstliche Befruchtung (sorry, Herr Dr. Bühler) klappt bzw. bei vielen Paaren klappt es sogar nie!!!! Viele Grüße Bine, die grad vor der 2. ICSI steht


Mitglied inaktiv

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Vielen Dank für die Antworten - es tut mir Leid, wenn ich undankbar wirke - ich bin total glücklich mit unserem Sohn! Ich wünsche allen, die ein Kind möchten, dass sie das erleben dürfen, es ist so wunderbar. Ich habe mich nie mit dem Thema Befruchtung auseinandergesetzt, und drum ist für mich alles neu. Mir war nicht bewusst, dass "künstlich" abwertend ist. Sorry! Ich bin zur Zeit nicht schwanger, weil ich noch nicht bereit bin für die ganze Prozedur. Ich habe Angst! Ich hoffe halt noch auf den "Lottogewinn", wie Dr. Bühler das formuliert hat. Liebe Grüsse von Anna


Mitglied inaktiv

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Hallo, das tut mir auch sehr Leid für euch. Vielleicht hast du noch etwas Zeit, um dich mit dem Thema genauer zu befassen. Dann wirst du vielleicht bald merken, dass es eine Hilfe der Medizin ist auf die man allenfalls zurückgreifen kann, wenn man möchte, wie es Dr. Bühler in etwa erklärt hat. Ob es dann tatsächlich mit einer IVF oder ICSI zu einem Baby kommt das ist dann auch nicht garantiert. Darum würde ich mir da nicht zu viele Gedanken machen. Es ist einfach eine andere Art der Befruchtung eine ausserkörperliche Befruchtung und deshalb nichts abwertendes sondern eine Hilfeleistung. Alles Gute.


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