Mrspapayaa
Guten Tag Herr Gagsteiner, Nach einer modifizierten Icsi naturelle kam es heute 2 Tage nach Punktion zum Transfer eines 4-Zellers. Als Vorbereitung auf die Kinderwunschbehandlung nehme ich Nahrungsergänzungsmittel gemäß pimp my eggs (200mg Ubiquinol, Omega3, L-Carnitin, Folsäure, Magnesium und ein Multivitaminpräparat). Sollte ich nach dem Transfer irgendetwas davon weglassen? Kann zb Ubiquinol eine Einnistung verhindern oder ist es eher gut die Mittel weiter zu nehmen? Über eine kurze Rückmeldung wäre ich sehr dankbar! Viele Grüße
Guten Tag, Seitens der Fachliteratur findet sich kein Hinweis, dass eines der von Ihnen eingenommenen Mikronährstoffe die Einnistung eines Embryos hemmt. Im Gegenteil: Für mehrere der Präparate liegen sogar Signale vor, dass sie IVF-/ICSI-Ergebnisse minimal verbessern oder Schwangerschaftskomplikationen verringern können. Coenzym Q10 / Ubiquinol Eine systematische Übersichtsarbeit mit sechs randomisierten Studien (1 529 Frauen mit „diminished ovarian reserve“) zeigte signifikant höhere klinische Schwangerschaftsraten, mehr reife Eizellen und weniger Zyklusabbrüche unter 100–300 mg CoQ10 täglich vor und während der Stimulation . Zusätzlich reduzierte eine doppelblinde RCT mit 200 mg/Tag ab SSW 20 das Prä-Eklampsie-Risiko um 44 % . Ubiquinol gilt damit als sicher; typische IVF-Kliniken empfehlen, es ab dem positiven Herzschlag auf 100 mg zu senken oder ganz abzusetzen, weil dann sein Hauptnutzen (Mitochondrienschutz der Eizelle) entfällt. Omega-3-Fettsäuren Ein Meta-Analyse (Heliyon 2024) über neun Studien fand eine um 74 % erhöhte Chance auf Schwangerschaft bei Frauen, die entweder Fischölkapseln oder eine fischreiche Ernährung nutzten (OR 1,74; p ≤ 0,01) . Die Autoren bemängeln zwar Heterogenität, aber eine schädliche Wirkung wurde nirgends beschrieben. Üblich sind 250–500 mg EPA + DHA pro Tag; mehr als 1 g sollte man nur nehmen, wenn kein Heparin/ASS-Regime läuft. Folsäure Die deutsche BfR-Leitlinie bestätigt erneut (Update 2024), dass Frauen mit Kinderwunsch ab vier Wochen vor Konzeption bis Ende 12. SSW täglich 400 µg Folat (oder äquivalenter Folinsäure) benötigen, um Neuralrohrdefekte zu verhindern . Höhere Dosierungen bringen keinen Zusatznutzen, können aber einen Vitamin-B12-Mangel verschleiern. L-Carnitin Eine Propensity-Score-Analyse (Frontiers in Endocrinology 2024; 515 IVF-Patientinnen) belegte, dass 3 g/Tag L-Carnitin über Ø 44 Tage vor der Punktion die Reifungs-, Befruchtungs- und Blastozystenrate signifikant steigerte, ohne Nebenwirkungen bei Mutter oder Kind . Eine kleinere RCT bei PCOS fand dagegen keinen Effekt auf die Schwangerschaftsrate (BiomedCentral 2023) . Konsens: Bis 2 g/Tag gelten als sicher; wer Magengrummeln bemerkt, kann die Dosis einfach halbieren. Magnesium Orales Magnesium wird seit Langem zur Krampf-Prophylaxe eingesetzt; eine Metaanalyse von 2022 (7 RCTs, n = 2 653) zeigte eine moderate Reduktion des Prä-Eklampsie-Risikos (RR 0,76) – allerdings vor allem bei Hochrisikopatientinnen . Negative Effekte auf Implantation oder Frühschwangerschaft sind nicht beschrieben. Das BfR setzt den sicheren Höchstwert für Supplemente bei 250 mg elementarem Magnesium pro Tag an . Multivitamin & Vitamin A Multis sind sinnvoll, solange sie Vitamin A überwiegend als Beta-Carotin enthalten. Laut BfR sollen Präparate für Erwachsene maximal 0,2 mg Retinol (= ca. 666 IU) pro Tagesdosis liefern, Schwangere ausdrücklich nicht mehr als 0,8 mg (= 2 500 IU) . Prüfen Sie also das Etikett; die meisten Kombi-Präparate liegen ohnehin darunter. Praktische Umsetzung Bleiben Sie bis zum Schwangerschaftstest bei Ihren aktuellen Dosen (200 mg Ubiquinol, Omega-3, L-Carnitin ≤ 1 g, 400 µg Folat, 250 mg Magnesium, Multivitamin). Nach positivem β-hCG: Ubiquinol auf 100 mg reduzieren oder absetzen; alles andere unverändert. Nach sichtbarem Herzschlag (6.–7. SSW): Folat bis Ende 12. SSW, Omega-3 & Multivitamin gerne weiter, Magnesium bei Bedarf; L-Carnitin fakultativ. Einnimmtipp: Fettlösliche Stoffe (Ubiquinol, Omega-3, fettlösliche Vitamine) immer zu einer Mahlzeit mit etwas Öl. Labor: Zum routinemäßigen Progesteron-Check passt oft gleich ein Vitamin-D-Spiegel (> 75 nmol/l) – viele „Multis“ decken das nicht ausreichend ab. Kurzfazit Aktuelle Evidenz und behördliche Grenzwerte sprechen dafür, alle genannten Nahrungsergänzungen ohne Risiko für die Embryo-Einnistung weiterzuführen. Einzig CoQ10 können Sie nach dem Bestätigungs-Ultraschall wieder einsparen, wenn Sie möchten. Ich wünsche Ihnen eine ruhige Lutealphase und drücke weiter fest die Daumen!
Mrspapayaa
Herzlichen Dank für Ihre ausführliche Antwort! Diese hilft mir wirklich sehr weiter. Ich habe noch eine kurze Nachfrage: Da wir es erst mit Inseminationen versucht hatten, nehme ich die Präparate nun schon ca 10 Monate. Kann ich sie bedenkenlos weiternehmen (in der Dosis wie Sie benennen) oder besteht ein Risiko der Überdosierung und damit negative Auswirkungen auf den Ausgang der ICSIs? Viele Grüße!
Ja, Sie können die Präparate grundsätzlich weiterhin einnehmen – vorausgesetzt, die Dosierungen bewegen sich im üblichen Bereich. Folsäure (400–800 µg), Vitamin D (800–1.000 IE), Omega-3-Fettsäuren (ca. 1 g), Myo-Inositol (2×2 g) und Coenzym Q10 (200–400 mg) gelten auch bei längerer Einnahme als sicher und unterstützen nachweislich die Eizellreifung und Hormonbalance. Eine Überdosierung mit negativen Auswirkungen auf die ICSI ist bei diesen Mengen nicht zu erwarten. Etwas mehr Aufmerksamkeit erfordert DHEA – falls Sie es nehmen, sollte es regelmäßig im Blut kontrolliert werden (DHEAS, Testosteron, SHBG). Es wird meist nur über 2–3 Monate vor der Stimulation eingesetzt und dann pausiert. Folsäure über 1 mg/Tag sollte nur in Kombination mit einer Vitamin-B₁₂-Kontrolle erfolgen. Auch bei Vitamin D empfiehlt sich eine gelegentliche Laborkontrolle, um eine Überversorgung zu vermeiden. Kurz gesagt: Bei kontrollierten Dosierungen ist die Einnahme über 10 Monate hinweg in Ordnung. Wichtig ist, dass keine doppelten Wirkstoffgaben durch mehrere Präparate entstehen und dass gelegentlich die relevanten Blutwerte überprüft werden. Dann spricht nichts dagegen, Ihre Nahrungsergänzung bis zur ICSI weiterzuführen.
Mrspapayaa
Vielen Dank Ihnen für Ihre wirklich sehr hilfreichen Antworten! Sie haben mir total weiter geholfen. Nun habe ich doch noch eine weitere Frage zur längerfristigen Einnahme, und zwar bei Männern: Mein Mann hat das OAT-Syndrom und nimmt folgende Nahrungsergänzungsmittel (auch bereits über 10 Monate): -schwarzes Maca 15 gr -Astaxanthin 12 mg -L-Carnitin 1500 mg -Ubiquinol 100 mg -Omega 3 500mg -Magnesium 100 mg -Zink 25mg Kann auch er die Nahrungsergänzungsmittel weiter einnehmen oder sollte er eine Pause machen? Uns wurde etwas von einem sogenannten "Peak" nach 3-6 Monaten erzählt, weil dann die Speicher voll seien, sodass die Spermienqualität daraufhin wieder sinken könnte. Was sagen Sie als Experte dazu? Herzliche Grüße!
Vielen Dank für Ihre freundlichen Worte – es freut mich sehr, dass ich Ihnen weiterhelfen konnte! Zu Ihrer Frage: Die längerfristige Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln beim OAT-Syndrom ist ein häufiges Thema in der Reproduktionsmedizin, und es ist gut, dass Sie sich Gedanken darüber machen. 1. Grundsätzliches zur Einnahmedaue Die meisten Mikronährstoffe wie Zink, Magnesium, Omega-3, L-Carnitin oder Ubiquinol wirken nicht durch „Speicherauffüllung“ im klassischen Sinne (wie etwa bei Eisen oder Vitamin B12), sondern durch kontinuierliche Unterstützung des Zellstoffwechsels, der Mitochondrienfunktion und der Reduktion oxidativen Stresses. Eine Pause wäre daher medizinisch nicht unbedingt notwendig, wenn die Einnahme gut vertragen wird und keine Nebenwirkungen auftreten. 2. Der sogenannte „Peak“ Der oft zitierte „Peak nach 3–6 Monaten“ basiert auf Beobachtungen, dass sich nach dieser Zeit die Spermienqualität messbar verbessern kann – aber nicht zwangsläufig wieder abfällt. Vielmehr ist das Plateau erreicht, das sich nur bei weiter bestehender Einnahme und günstigen Lebensstilfaktoren stabilisiert. Ein Abfall der Qualität nach einem „Peak“ kann eher durch andere Faktoren verursacht sein (z. B. Stress, Infekte, Ernährung, Hitzeexposition, Medikamente). 3. Fazit und Empfehlung Ihr Mann kann die genannten Supplemente grundsätzlich ohne Bedenken längerfristig weiter einnehmen, sofern keine Überdosierung einzelner Substanzen vorliegt und er keine Medikamente einnimmt, die mit bestimmten Mikronährstoffen interagieren. Die Dosierungen erscheinen gut gewählt und liegen im üblichen Bereich für eine fertilitätsfördernde Therapie. Ein „Zyklus“ mit regelmäßiger Einnahme über mindestens 6 Monate ist sinnvoll, danach kann man z. B. alle 3 Monate einen kurzen Check machen (z. B. Spermiogramm oder Mikronährstoffstatus, wenn gewünscht), um zu schauen, ob eine Anpassung nötig ist. Herzliche Grüße!
Mrspapayaa
Allerliebsten Dank für Ihre ganzen hilfeichen Informationen und vor allem für Ihr riesiges Engagement meine Fragen so ausführlich zu beantworten! Ich war wirklich sehr verunsichert bezüglich der Einnahmen und kann die Nahrungsergänzungsmittel jetzt wieder mit einem guten Gefühl einnehmen. Ich wünsche Ihnen noch einen schönen Abend!
Das wünsche ich Ihnen auch.
Mrspapayaa
Hallo Herr Gagsteiner, Ich habe nochmal eine Nachfrage. Es hat tatsächlich geklappt und ich bin in der 6. SSW. Vor lauter Freude hatte ich die empfohlene Einnahme ab HCG Test falsch im Kopf und 200 mg Ubiquinol statt 100 mg weiter genommen. Jetzt mache ich mir Sorgen ob ich damit Schaden angerichtet haben könnte? Viele Grüße
Herzlichen Glückwunsch zur Schwangerschaft – das sind wunderbare Nachrichten! 🌼 Zu Ihrer Sorge wegen Ubiquinol: Dass Sie für einige Tage 200 mg statt der empfohlenen 100 mg eingenommen haben, ist nach heutigem Wissensstand unproblematisch. Coenzym Q10 (Ubiquinol) ist ein körpereigenes Antioxidans; in Studien wurde es in der Schwangerschaft sogar mit 200 mg/Tag (ab der 20. SSW bis zur Geburt) eingesetzt, ohne dass sich Hinweise auf Schäden für Mutter oder Kind zeigten. Mein Rat: Stellen Sie ab heute einfach wieder auf 100 mg täglich um, so wie ursprünglich besprochen. Falls Sie blutverdünnende Medikamente (z. B. Warfarin) einnehmen, sagen Sie uns bitte Bescheid, da CoQ10 hier interagieren kann. Und natürlich: Bei Blutungen, starken Unterleibsschmerzen oder ausgeprägter Übelkeit melden Sie sich bitte umgehend. Unterm Strich: Die kurze höhere Dosierung dürfte Ihrem Baby sehr nicht geschadet haben – Sie müssen sich deswegen keine Vorwürfe machen. 🌷 Alles Gute!
Mrspapayaa
Hallo Herr Gagsteiner, Vielen Dank für Ihre Antwort und die Glückwünsche😊! Das sind beruhigende Worte. Ich hatte die Sorge, dass sich vielleicht das Fehlbildungsrisiko in der sensiblen Phase dadurch erhöht haben könnte. Ich nehme keine weiteren Medikamente außer Utrogest und L-Thyroxin. Das sollte wahrscheinlich keine Wechselwirkungen haben? Die Übelkeit nimmt allmählich zu, was ich aber eindeutig auf die Schwangerschaft mit steigendem HCG Wert zurück führe.
Guten Tag Die von Ihnen genannten Medikamente sind absolut unproblematisch: Utrogest (Progesteron) wird in der Kinderwunschbehandlung und Frühschwangerschaft sehr häufig eingesetzt und gilt als sicher. L-Thyroxin ist ebenfalls wichtig und notwendig, um eine stabile Schilddrüsenfunktion zu gewährleisten, was wiederum für die Schwangerschaft förderlich ist. Wechselwirkungen zwischen beiden Präparaten gibt es nicht. Dass die Übelkeit zunimmt, passt sehr gut zum steigenden hCG-Wert und ist ein typisches, wenn auch manchmal sehr anstrengendes Zeichen einer intakten Frühschwangerschaft. Alles in allem klingt das, was Sie schildern, nach einem guten Verlauf. Versuchen Sie, die positiven Signale stärker wahrzunehmen als die Sorgen. Alles Gute!
Mrspapayaa
Vielen Dank für Ihre ausführlichen Antworten und Ihre Expertise! Sie haben mir sehr geholfen. Auch Ihnen alles Gute!
Sehr gerne! Wir begleiten Sie hier sehr gerne und mit großem Engagement – und wenn Sie uns irgendwann einmal eine kleine Freude machen möchten, können Sie das auch in Form einer positiven Rückmeldung auf Google tun (zu finden über www.bestfertility.de). Herzliche Grüße und weiterhin alles Gute Ihr Dr. Friedrich Gagsteig