Frage im Expertenforum Kinderwunsch an Dr. med. Friedrich Gagsteiger:

Heterozygote  C677T-Mutation

Dr. med. Friedrich Gagsteiger

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Frage: Heterozygote  C677T-Mutation

lisa.florian@yahoo.de

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guten Tag Herr Doktor ich Hatte bereits 2 Frühaborte daraufhin machte ich einige Blutuntersuchungen.  In der Zwischenzeit bin ich wieder schwanger 5+2 (6.Ss woche). Jetzt sind die Ergebnise gekommen und es kam heraus dass ich eine Heterozygote  C677T-Mutation habe. Ich nehme bereits seit Juni Folsäure 800 Mikrogramm (babyforte Folsäure plus) hierbei handelt es sich zum glück um Methyltetrahydrofolsäure, welches ich in dem Fall ja besser aufnehe. Jetzt bin ich aber sehr in Sorge da ich gelesen habe dass ich bei dieser Diagnose eigentlich minimum 5mg tägl zu mir nehmen müsste jetzt habe ich Angst dass ich bis jetzt viel zu wenig zu mir genommen habe und mein Baby dafurch ein Neuralrohrdeffekt entwickeln könnte ( Spina bifida).  Ich nehme zusätzlich aufgrund erhöhter Anticardiolipin antikörper auch Ass 100 und Heparine ein.  Vielen DAnk  Herr Doktor vielleicht können Sie mich ja einwenig beruhigen  lg lisa 


Dr. Friedrich Gagsteiger

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1. MTHFR-Mutation und Folsäurebedarf Heterozygote C677T-Mutation: Bei einer heterozygoten Form (nur ein Gen ist verändert) ist die Enzymaktivität in der Regel nur leicht bis mäßig eingeschränkt. Das bedeutet, dass Sie im Vergleich zur homozygoten C677T-Mutation (bei der beide Gene verändert sind) meist weniger stark betroffen sind. Folsäure vs. 5-MTHF: Sie nehmen bereits 5-Methyltetrahydrofolat (5-MTHF) ein. Das ist grundsätzlich vorteilhaft, weil diese “aktive” Form des Folats nicht erst umgewandelt werden muss und so direkt zur Verfügung steht. Dosierung: Die übliche Standard-Dosierung für Frauen mit Kinderwunsch bzw. in der Frühschwangerschaft liegt (je nach Land) meist bei 400–800 µg Folat/Tag. Frauen mit erhöhtem Risiko (z.B. vorangegangene Schwangerschaft mit Neuralrohrdefekt, homozygote MTHFR-Mutation oder andere Risikofaktoren) wird gelegentlich eine höhere Dosis (z.B. 4–5 mg Folat/Tag) empfohlen. Bei einer heterozygoten MTHFR-C677T-Mutation allein wird nicht in jedem Fall standardmäßig 5 mg pro Tag verordnet; oft gelten hier je nach Arzt/Leitlinie Dosierungen von 800 µg bis 1 mg als ausreichend. Gerade weil Sie bereits die aktivierte Form (5-MTHF) nutzen, ist diese wirksamer als einfaches Folsäure-Präparat, das erst noch umgewandelt werden müsste. 2. Frühaborte und Neuralrohrdefekte Frühaborte haben oft viele mögliche Ursachen (genetisch, immunologisch, hormonell usw.). MTHFR-Heterozygotie kann eine Rolle spielen, muss aber nicht alleinige Ursache sein. Sie haben außerdem erhöhte Anticardiolipin-Antikörper, deshalb erhalten Sie ASS 100 und Heparin – das ist bereits eine sinnvolle Therapie, um Thrombosen in der Schwangerschaft vorzubeugen. Neuralrohrdefekte: Das Neuralrohr schließt sich meist zwischen der 3. und 4. Woche nach der Befruchtung (also etwa in der 5. und 6. Schwangerschaftswoche). Sie sind derzeit bei 5+2 (ca. 6. SSW). Da Sie bereits Folsäure in aktivierter Form nehmen, haben Sie einen gewissen Schutz. Rückwirkend noch mehr nehmen? Manche Frauen machen sich Sorgen, dass sie schon zu Beginn der Schwangerschaft nicht “genug” Folat hatten. Sie nehmen aber seit Juni 800 µg 5-MTHF und haben damit bereits einen höheren Spiegel als jemand, der z.B. erst ab Schwangerschaftstest beginnt. 3. Was können Sie jetzt tun? Gespräch mit Ihrem Arzt: Am wichtigsten ist das klärende Gespräch mit Ihrem Gynäkologen, um zu entscheiden, ob im Einzelfall – etwa wegen Ihrer Vorgeschichte mit Frühaborten und den Anticardiolipin-Antikörpern – eine höhere Folatdosierung notwendig ist. Ernährung: Achten Sie ergänzend auf eine folatreiche Ernährung (grünes Blattgemüse, Hülsenfrüchte, Orangen, Vollkornprodukte etc.). Kontrollen: Lassen Sie ggf. Ihren Homocysteinspiegel messen; bei einer MTHFR-Mutation kann ein erhöhter Homocysteinspiegel ein Hinweis sein, dass mehr Folat/B-Vitamine (oder eine entsprechende angepasste Dosis) sinnvoll sein könnten. 4. Beruhigung Auch wenn manchmal 5 mg Folsäure bei speziellen Indikationen empfohlen werden, ist bei einer heterozygotenMTHFR-Variante (C677T) keine allgemein gültige Richtlinie, dass grundsätzlich immer 5 mg nötig sind. Sie haben bereits einen guten Schritt getan, indem Sie nicht erst seit dem positiven Schwangerschaftstest, sondern schon länger und in aktivierter Form Folat zu sich nehmen. Zudem erhalten Sie für Ihre Anticardiolipin-Thematik schon die empfohlene Blutverdünnungstherapie (ASS 100 und Heparin). Das ist wichtig, um das Risiko von Komplikationen (Fehlgeburten, Plazentaproblemen) zu reduzieren. 5. Zusammenfassung Ihre aktuelle Einnahme von 800 µg 5-MTHF pro Tag ist bereits deutlich über der üblichen Empfehlung für gesunde Schwangere ohne Risikofaktoren und wirkt in der Regel sehr gut bei einer heterozygoten MTHFR-Mutation. Ob eine kurzfristige Dosiserhöhung sinnvoll ist, sollten Sie individuell mit Ihrem Arzt besprechen. Panik ist jedoch in der Regel nicht angebracht, da Sie bereits seit Monaten eine aktivierte Form von Folat einnehmen und die entscheidende Phase für das Neuralrohr (3.–4. Woche post Konzeption) damit abgedeckt ist. Ich hoffe, diese Informationen können Sie etwas beruhigen. Sprechen Sie in jedem Fall mit Ihrem behandelnden Arzt, damit Sie eine auf Ihre persönliche Situation zugeschnittene Empfehlung erhalten. Ich wünsche Ihnen alles Gute für Ihre weitere Schwangerschaft!


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