Mitglied inaktiv
Liebe Frau Dr. Müller, zu meiner Vorgeschichte: Ich bin 28 Jahre, mein Mann 39 Jahre alt. Vor vier Jahren bekam ich unseren Sohn. Er wurde auf normalem Wege und nach nur drei Monaten "Üben" gezeugt. Seit zwei Jahren besteht bei uns erneut Kinderwunsch, bis jetzt leider unerfüllt. Seit fast einem Jahr befinde ich mich in Behandlung in einem Kinderwunsch-Zentrum, da bei mir eine Störung der Eireifung (kein Eisprung) festgestellt wurde. Daraufhin wurde ich folgendermaßen behandelt: 1 Zyklus Clomifen + Utrogest 1 Zyklus Gonal F + Utrogest 4 Zyklen Menogon + Utrogest Menogon habe ich immer gut vertragen (keine Nebenwirkungen). Auch reagierte ich sehr gut darauf. Es bildeten sich immer ein bis zwei Follikel, die am 12. Zyklustag sprangen (ausgelöst durch Predalon). Die Befunde einer Bauchspiegelung waren übrigens normal. Das Spermiogramm meines Mannes wurde als normal beschrieben. Als ich mir die Ergebnisse allerdings ansah, fiel mir auf, dass nur 18 % der Spermien eine normale Kopfform hatten. Aufgrunddessen wurde die von mir vor kurzem beantragte Insemination von meiner privaten Krankenversicherung abgelehnt. Mein Mann sei der Verursacher der Sterilität. Frage 1: Wir beurteilen Sie diesen Befund? Dauraufhin haben mein Mann und ich uns dazu durchgerungen, die Kosten komplett selbst zu tragen. Ich stimulierte ich mit Menogon. Gestern - am 11. Zyklustag - konnte die Ärztin auf dem Ultraschall jedoch keinen brauchbaren Follikel erkennen. Frage 2: Warum reagiere ich plötzlich auf das Medikament nicht mehr? Mir wurde in der Praxis außerdem wie üblich Blut abgenommen und mir ein Termin für Montag, den 30. 8. gegeben. Bis dahin sollte ich weiter stimulieren. Am Nachmittag kam ich auf die Idee, dass ein evtl. vorhandener Follikel vielleicht schon gesprungen sein könnte und deshalb die Ultraschalluntersuchung so ablief. Ich rief daraufhin von mir aus in der Praxis an, um mich nach den Blutuntersuchungsergebnissen zu erkundigen. Nach mehreren eindringlichen Bitten wurde ich schließlich mit dem Kollegen meiner Ärztin verbunden, der mir sagte, ich solle mit der Stimulation aufhören, da er anhand der Blutuntersuchung erkennen könne, dass diesen Monat keine Eireifung stattfindet. Frage 3: Was halten Sie von diesem Vorgehen: Es wird praktisch dem Zufall überlassen (ob ich nun anrufe oder nicht), ob die Stimulation fortgesetzt oder abgebrochen wird. So langsam schwindet meine Hoffnung, jemals noch einmal schwanger zu werden, was mich sehr traurig macht. Gleichzeitig habe ich keine Lust mehr, immer wieder so weite Strecken in die Kiwu-Praxis zu fahren, um irgendwelche Behandlungen durchzuführen, die doch nichts bringen. Eine Möglichkeit erscheint mir jedoch sinnvoll: Ich habe vor einiger Zeit im Fernsehen eine Reportage gesehen, in der die Kinderwunsch-Karriere eines Paares beschrieben wurde. Dieses Paar hatte unzählige Behandlungen, darunter auch mehrere Icsi-Behandlungen erfolglos hinter sich gebracht. Daraufhin ließ es sich in Utrecht behandeln. Dort ist die Präimplantationsdiagnostik erlaubt, was wohl zu einer höheren Schwangerschaftsrate führt, weil nur die besten befruchteten Eizellen eingesetzt werden. Mein Mann und ich wären evtl. bereit, die Kosten für ein bis zwei Zyklen dieser zu bezahlen. Allerdings wissen wir nicht, wie wir die entsprechenden Kontakte bekommen können, um eine Behandlung in die Wege zu leiten. Frage 4: Können Sie uns evtl. in dieser Hinsicht behilflich sein? Aber, was noch wichtiger ist: Wie beurteilen Sie diese Möglichkeit vor dem Hintergrund unserer Vorgeschichte? Ich weiß, es ist sehr lang geworden. Aber ich freue mich schon auf Ihre Antwort. Vielen Dank dafür !! Ihre Bine
Dr. Birgit Müller
Hallo Bine, zu 1) Spermiogramme werden nicht immer einheitlich ausgewertet, deshalb ist es schwierig, einen Fremdbefund zu beurteilen. Allerdings gibt es ein WHO-Laborhandbuch zur Bewertung von Spermiogrammen; hier ist - im Gegensatz zu älteren Regelungen - kein absoluter Grenzwert der Spermienmorphologie mehr festgelegt; vielmehr wird auf eine Art "Erfahrungswert" verwiesen, wonach erst bei weniger als 15% normal geformter Spermien von einer deutlichen Fruchtbarkeitseinschränkung ausgegangen wird. Die Begründung Ihrer PKV ist also als sehr fragwürdig zu beurteilen, zumal alle anderen Kriterien offenbar im Normbereich liegen. zu 2) Einen einzelnen Zyklus würde ich nicht überbewerten, zumal Sie noch jung sind und noch nicht viele Hormonbehandlungen hatten (ansonten könnte man es als "Erschöpfung" der Ovarien interpretieren). Ich würde einen weiteren Zyklus abwarten, kann wieder normal reagieren. zu 3) Ich kann hierzu nur sagen, daß es in unserer Praxis üblich ist, daß alle Pat. mittags nach den US + Blutuntersuchungen anrufen, um zu erfragen, wie´s weitergeht. Wie soll´s denn sonst funtionieren? zu 4) Ich denke, dies ist einen Schritt zu weit gedacht. PID macht Sinn bei älteren Frauen mit nachlassender Eizellqualität, bei denen man von häufigen Chromosomenfehlverteilungen ausgehen muß - diese werden mittels PID erkannt und "herausgefiltert", weil sie sich nicht weiterentwickeln oder zu einer hohen Abortrate führen würden. Selbst bei Eizellspendeprogrammen im Ausland wird meines Wissens keine PID durchgeführt, weil das junge Alter der Spenderinnen die hohen Erfolgsraten quasi garantiert. Mein Rat: Sparen Sie sich das Geld für PID im Ausland, Sie werden davon nicht wirklich profitieren. Anders bei dem Paar aus der Fernsehreportage; hier war die PID sicherlich sinnvoll nach einer solch langen Vorgeschichte mit mehreren ICSI-Behandlungen. Mein Rat: Versuchen Sie 2-3 weitere Stimulationen mit hMG oder FSH und (falls erfolgreich) Inseminationen. Dann würde ich vor einer ICSI zunächst prüfen, wie die Spermienqualität bei den Inseminationen war und ggf. eine IVF beantragen (Ihr Mann ist wahrscheinlich gesetzlich versichert, was die Kostenübernahme einer ICSI schwierig machen würde). Aus meiner Sicht haben Sie ein Recht auf Kostenerstattung der IVF durch Ihre PKV, da die "erfolglose konservative Sterilitätstherapie" eine Indikation zur IVF ist und zu prüfen bleibt, ob man Ihren Mann tatsächlich zum "Verursacher" abstempeln darf. So, jetzt war meine Antwort, glaube ich, so lang wie Ihre Frage! Liebe Grüße Dr. B. Müller
Mitglied inaktiv
Liebe Frau Dr. Müller, erst einmal vielen Dank für Ihre Antwort. Und nun zu meiner Frage: Sie sprachen in Ihrer Antwort von einer "Erschöpfung" der Eierstöcke. Was ist darunter zu verstehen? Gewöhnt sich mein Körper gewissermaßen an die Hormongaben und reagiert infolgedessen immer schlechter darauf? Bedeutet dies sogar, dass die Gefahr besteht, dass mein Körper von selbst das FSH immer weniger produziert, da es ihm ja von außen zugeführt wird? Insgeheim hoffe ich nämlich immer, dass ich während der Behandlungspausen vielleicht doch spontan schwanger werden könnte, da es ja schon einmal geklappt hat.Ist das überhaupt noch möglich? Ich hoffe, Sie beantworten mir auch noch diese Fragen: 1. Empfehlen Sie mir aufgrund der in meinem ersten Posting geschilderten offensichtlich mangelhaften Kommunikation in der Kiwu-Praxis einen Praxis-Wechsel? 2. Für wie groß halten Sie in meinem Fall die Einflussmöglichkeiten von Stress und schlechter Ernährung? Ich arbeite als Lehrerin an einer Brennpunkt-Schule, was bedeutet, dass ich mich auch außerhalb des Unterrichts viel um meine Schüler und ihre Probleme kümmern muss. Dazu kommen sehr häufige Konferenzen. Da ich mich in meiner spärlichen Freizeit natürlich ausschließlich meinem Sohn widmen möchte, kümmere ich mich sehr nachlässig um meine eigene Ernährung. Das bedeutet, dass ich mich tagsüber hauptsächlich von "leeren Kalorien" ernähre. Manchmal kommt es sogar vor, dass ich erst nachmittags erstmals dazu kommen zu essen. Dies hat allerdings bisher keine Spuren hinterlassen: Ich fühle mich im Allgemeinen fit und bin normalgewichtig (62 kg bei 1,80 m). Und: Glauben Sie auch, dass ein zu starker Kinderwunsch die Erfüllung desselben geradezu verhindern kann? Puh, schon wieder so lang! Vielen Dank schonmal für Ihre Antwort. Bine