Frage im Expertenforum Impfen an Prof. Dr. med. Ulrich Heininger:

Impfungen für meine 4 Monate alte Tochter

Prof. Dr. med. Ulrich Heininger

Prof. Dr. med. Ulrich Heininger
Leitender Arzt Infektiologie / Vakzinologie
Stellvertretender Chefarzt

zur Vita

Frage: Impfungen für meine 4 Monate alte Tochter

Mitglied inaktiv

Beitrag melden

Hallo Herr Dr. Heiniger! Ich bin einigermaßen verwirrt, was Impfungen für meine 4 Monate alte Tochter betrifft: Ich lebe im Ausland. Meine Hebamme empfahl mir, da ich stark unter Allergien leide, das Kind nicht so durch viele gleichzeitige Impfungen zu belasten. Sie riet daher, mit 3 Monaten DT plus Polio zu impfen, was ich auch getan habe. Die Kinderärztin hier meinte, ich hätte mir damit ruhig noch Zeit lassen sollen, sie würde im ersten Lebensjahr nicht impfen. Habe jetzt Besuch von einer Kinderärztin aus Deutschland gehabt, die mir riet, ich solle eine 6-fach Impfung machen lassen plus TB (Afrika)! Worauf die Hebamme meinte, die Pertussis-Impfung wäre nicht gut so früh, da die Kinder oft hohes Fieber bekämen und bei uns jetzt im Sommer wäre die Hib-Gefahr extrem niedrig! Diese Woche steht der 2. Impftermin an- soll ich wieder nur DT plus Polio impfen lassen oder Pertussis und Hib auch oder gar nichts? Wenn ich jetzt Pertussis als 3fach Impfung spritzen lasse, hätte sie nach 3 Impfungen ja lediglich 2x Pertussis, aber 3x DT...HILFE!!! Vielen Dank für Ihren Rat!! Christiane


Prof. Dr. med. Ulrich Heininger

Prof. Dr. med. Ulrich Heininger

Beitrag melden

Hallo Christiane, ich kann mir gut vorstellen, dass Sie durch die verschiedenen Aussagen nun verwirrt sind. Zu meinem grossen Bedauern, machen manche Hebammen (in Ueberschreitung ihrer zweifellos vorhandenen Kompetenz, wenn ich das so sagen darf) und leider auch Andersdenkende (was ja durchaus erlaubt ist) in den eigenen Reihen uns Impfbefürwortern "das Leben schwer" - will sagen, sie widersprechen den allgemeinen Empfehlungen, die praktisch von allen Fachgesellschaften auf dieser Welt ausgesprochen werden: möglichst früh und vollständig zu impfen. Die Ihnen genannten Gründe für das Nicht-Impfen bzw. erst später impfen bei Ihrer Tochter sind nicht haltbar. 1.) Impfungen sind keine Belastung für das menschliche Immunystem. Eine 6-fach-Impfung (Diphtherie, Wundstarrkrampf, Keuchhusten, Polio, Hib und Hepatitis B) z.B. ist weniger Antigenbelastung als eine Streptokokken-Halsentzündung. das Immunsystem ist kein Muskel und reagiert deshalb nicht mit einem "Muskelkater" bei Anstrengung. Und Allergien rufen sie auch nicht hervor - sonst hätte man in der damaligen DDR, wo viel geimpft wurde, nicht WENIGER Allergien gesehen als in Westdeutschland sondern mehr! 2.) Im ersten Lebensjahr nicht zu impfen ist unsinnig - gerade der frühe Schutz z.B. vor Hib oder Keuchhusten ist sehr wichtig! 3.) Die heutigen Pertussisimpfstoffe in Kombination machen nicht mehr Fieber als Impfstoffe ohne Keuchhustenanteil! Und auch nicht oft (weniger als 5% 39°C, weniger als 1 auf 1000 40°C. Der Rat der deutschen Kinderärztin ist sinnvoll! Ich würde auf alle Fälle bei der anstehenden 2. Impfung alle möglichen Komponentenin einem Impfstoff empfehlen. Das gleiche dann nochmals bei der 3. Impfung. Und schliesslich ein viertes Mal weitere 6 Monate später. Das macht dann insgesamt zwar nur 3 statt 4 Pertussisimpfungen in den ersten beiden Lebensjahren, aber das genügt möglicherweise auch (und entspricht z.B. den Impfempfehlungen in Schweden).


Mitglied inaktiv

Beitrag melden

Wenn Impfungen das Imunsystem nicht belasten, dann frage ich mich doch wieso ein Kinderarzt vor einer Impfung immer fragt, ob das Kind auch wirklich gesund ist. Außerdem geht es bei den Nebenwirkungen ja nicht nur um Allergien sondern auch um Krampfanfälle z. B. bei Keuchhustenimpfungen die immer wieder auftreten. Ich bin ziemliche Impfgegnerin und habe meine Tochter (auch auf Raten des Arztes) nur gegen DT und Polio impfen lassen und das auch erst nach 9 Monaten. Ich glaube da muß jeder seinen ganz persönlichen Weg finden, Linn


Prof. Dr. med. Ulrich Heininger

Prof. Dr. med. Ulrich Heininger

Beitrag melden

Linn, es ist etwas unfair, ärztliche Sorgfaltspflicht ("ist das Kind vor der Impfung auch wirklich gesund") so negativ auszulegen. Es geht darum zu vermeiden, dass eine bereits vorhandene Erkrankung (!), deren Verlauf in nächster Zeit nicht vorhersehbar ist (wir sind AerztInnen und keine Propheten), übersehen wird und hinterher geglaubt wird, die Impfung hätte sie ausgelöst. Da warten wir lieber bis die Erkrankung wieder vorbei ist, bevor wir impfen. Wir leben glücklicherweise unter solch bequemen Bedingungen, dass wir nicht 6 Monate in einem abgelegenen Dorf warten müssen, bis das Impfteam wieder vorbei kommt (Afrika!). Dort impft man auch die kranken Kinder, damit sie noch am Leben sind, wenn man in 6 Monaten wieder vorbeischaut.


Bei individuellen Markenempfehlungen von Expert:Innen handelt es sich nicht um finanzierte Werbung, sondern ausschließlich um die jeweilige Empfehlung des Experten/der Expertin. Selbstverständlich stehen weitere Marken anderer Hersteller zur Auswahl.