Frage im Expertenforum Impfen an Prof. Dr. med. Ulrich Heininger:

RSV Impfung

Frage: RSV Impfung

Anna_94

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Sehr geehrter Herr Dr. Heininger,   ich habe eine Frage zum Thema RSV-Immunisierung bei Babys.   Ich bin schwanger, und in der 29. SSW hat mir mein Frauenarzt vorgeschlagen, neben der Keuchhustenimpfung auch eine RSV-Impfung zu erhalten. Er erklärte, dass RSV die häufigste Ursache für eine künstliche Beatmung bei Babys ist. Wir möchten natürlich, dass unser Kind davor bestmöglich geschützt ist. Zwar werden Neugeborene nach STIKO-Empfehlung in den ersten Tagen nach der Geburt immunisiert (passiv mit Antikörpern, wenn ich es richtig verstanden habe), dennoch besteht eine geringe Wahrscheinlichkeit, dass man z. B. unter der Geburt einen Schnupfen hat und sich das Baby infiziert, bevor diese Immunisierung erfolgt.   Diese Impfung gilt als ziemlich sicher, ist jedoch von der STIKO für Schwangere (noch?) nicht empfohlen, weshalb man sie selbst bezahlen muss. Wir haben außerdem eine Studie gefunden, in der gezeigt wurde, dass eine mütterliche Impfung die Rate schwerer RSV-Erkrankungen bei Babys tatsächlich reduziert.   Wäre eine solche Impfung aus Ihrer Sicht empfehlenswert? Kann die Impfung am selben Tag wie die Keuchhustenimpfung erfolgen (geplant in der 29. SSW)? Ich habe gelesen, dass eine RSV-Impfung eher ab der 32. SSW und mit einem Abstand von etwa zwei Wochen zur Keuchhustenimpfung empfohlen wird. Wäre es daher sinnvoller, in der 29. SSW gegen Keuchhusten zu impfen und dann beim nächsten Termin in der 33. SSW gegen RSV?   Müsste sich in diesem Fall auch mein Mann gegen RSV impfen lassen?   Beim Keuchhusten habe ich es so verstanden, dass alle Personen, die Kontakt mit dem Neugeborenen haben, möglichst geimpft sein sollten. Dadurch entsteht ein sogenannter Nestschutz: Die Kontaktpersonen sind immun, erkranken nicht und können das Kind nicht anstecken.   Funktioniert dieses Prinzip bei RSV genauso, oder erhält das Baby den Schutz vor allem über Antikörper, die über die Plazenta bzw. über die Muttermilch übertragen werden? Reicht es also aus, wenn nur ich mich impfen lasse, oder sollten sich – wie beim Keuchhusten – alle Personen im Haushalt ebenfalls impfen lassen?   Ist es außerdem von der Saison abhängig, ob Babys gegen RSV immunisiert werden sollten? Mein Entbindungstermin ist der 08.04., also bereits nach der typischen RSV-Saison (Berlin). Ist eine Immunisierung dann für uns überhaupt notwendig?   Falls ich mich gegen RSV impfen lasse: Muss das Kind nach der Geburt zusätzlich noch passiv immunisiert werden?   Vielen Dank im Voraus für Ihre Einschätzung und frohe Weinachten!    


Prof. Dr. med. Ulrich Heininger

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Hallo Anna Sie werfen eine wichtige Frage auf und stellen auch sehr wichtige Zusatzfragen. Grundsätzlich ist es so, dass RSV-Infektionen bei Neugeborenen und jungen Säuglingen schwere Krankheitsverläufe verursachen können, weswegen viele Länder impfmassnahmen seit ca. 1-3 Jahren (je nach Land) ergriffen haben. Dabei stellen sich 2 Alternativen: ENTWEDER 1) dem Neugeborenen (Geburt zwischen Oktober und März) oder jungen Säugling (Geburt zwischen April und September) im Winterhalbjahr einen schützenden Antikörper (Nirsevimab) einmalig als Injektion zu verabreichen (=passive Immunisierung) ODER 2) Der schwangeren Frau im letzten Schwangerschaftsdrittel (meist zwischen der 32. und 36. Schwangerschaftswoche) eine Impfung gegen RSV zu verabreichen um dadurch über die Plazenta dem Kind mütterliche Schutzstoffe (=Antikörper) zukommen zu lassen. Beide Massnahmen sind in etwa gleich wirksam (ca. 80% Reduktion der Erkrankungswahrscheinlichkeit mit schweren Verläufen). ACHTUNG: Die STIKO empfiehlt die RSV-Impfung für Schwangere aktuell noch nicht, obwohl ein Impfstoff mit dem Namen Abrysvo dafür zugelassen ist und Fachgesellschaften ihn empfehlen. Schwangere können sich dennoch impfen lassen, am besten in Rücksprache mit ihrer/m Frauenärztin/arzt. Die passive Immunisierung hingegen ist von der STIKO empfohlen. Bei uns in der Schweiz wird den werdenden Müttern beide Alternativen angeboten, in England wird ausschliesslich die Impfung in der Schwangerschaft empfohlen. Sie sehen also, dass unterschiedliche Länder unterschiedliche Strategien bevorzugen. Zu Ihren weiteren Fragen: «Wir haben außerdem eine Studie gefunden, in der gezeigt wurde, dass eine mütterliche Impfung die Rate schwerer RSV-Erkrankungen bei Babys tatsächlich reduziert.   Wäre eine solche Impfung aus Ihrer Sicht empfehlenswert?» Ich persönlich finde sie empfehlenswert, akzeptiere aber auch die Alternative, nämlich das Neugeborene/jungen Säugling passiv zu immunisieren. Bei uns in der Schweiz, wie gesagt, dürfen das die Mütter selbst entscheiden und die Krankenkassen bezahlen das eine genauso wie das andere. «Kann die Impfung am selben Tag wie die Keuchhustenimpfung erfolgen (geplant in der 29. SSW)? Ich habe gelesen, dass eine RSV-Impfung eher ab der 32. SSW und mit einem Abstand von etwa zwei Wochen zur Keuchhustenimpfung empfohlen wird. Wäre es daher sinnvoller, in der 29. SSW gegen Keuchhusten zu impfen und dann beim nächsten Termin in der 33. SSW gegen RSV?» Ja, ich finde die zeitliche Staffelung sinnvoller als die gemeinsame Gabe. «Müsste sich in diesem Fall auch mein Mann gegen RSV impfen lassen?» Nein. Anders als beim Schutz vor Keuchhusten geht es nur um den direkten Schutz des Kindes. Zum einen, weil keine RSV-Impfung ausserhalb der Schwangerschaft und vor dem Alter von 60 Jahren bei gesunden Personen erprobt ist. Und zum anderen, weil die RSV-Impfung gut die eigene Krankheit bei den Geimpften verhindern kann, weniger aber die Virusübertragung. «Beim Keuchhusten habe ich es so verstanden, dass alle Personen, die Kontakt mit dem Neugeborenen haben, möglichst geimpft sein sollten. Dadurch entsteht ein sogenannter Nestschutz: Die Kontaktpersonen sind immun, erkranken nicht und können das Kind nicht anstecken.» SO ist es, aber man nennt es nicht Nestschutz sondern Kokon. Unter Nestschutz versteht man die Übertragung von IgG-Antikörpern von der Mutter über die Plazenta auf das ungeborene Kind. «Funktioniert dieses Prinzip bei RSV genauso..» NEIN  «..oder erhält das Baby den Schutz vor allem über Antikörper, die über die Plazenta bzw. über die Muttermilch übertragen werden?» JA: «Reicht es also aus, wenn nur ich mich impfen lasse…» JA  «..oder sollten sich – wie beim Keuchhusten – alle Personen im Haushalt ebenfalls impfen lassen?» NEIN. «Ist es außerdem von der Saison abhängig, ob Babys gegen RSV immunisiert werden sollten?» ja, habe ich oben erläutert:  dem Neugeborenen (Geburt zwischen Oktober und März) sofort, dem jungen Säugling (Geburt zwischen April und September) im darauffolgenden Winterhalbjahr. «Mein Entbindungstermin ist der 08.04., also bereits nach der typischen RSV-Saison (Berlin). Ist eine Immunisierung dann für uns überhaupt notwendig?» Nein, bei diesem Geburtstermin ist sie nicht sinnvoll und auch bei uns nicht empfohlen. In so einer Situation wäre dann die Gabe von Nirsevimab im Herbst 2026 für den Säugling die bessere Empfehlung. «Falls ich mich gegen RSV impfen lasse: Muss das Kind nach der Geburt zusätzlich noch passiv immunisiert werden?» diese Frage erübrigt sich aus o.g. Gründen. Grundsätzlich aber lautet die Antwort: Nur wenn zwischen RSV-Impfung der Schwangeren und der Geburt des Kindes weniger als 2 Wochen vergangen sind, sollte das Kind zusätzlich Nirsevimab erhalten, weil es möglicherweise zu wenige Antikörper von der Mutter erhalten hat. Alles Gute und weiterhin guten Verlauf Ihrer Schwangerschaft und frohe Festtage wünsche ich Ihnen!   


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