Mamawasser
Sehr geehrtes Expertenteam, mich belastet eine Situation sehr. Und zwar möchte unser Sohn (2,5) , seit vielen Monaten (bestimmt schon 4 Monate oder länger), immer zum Essen zu mir auf den Schoß und von mir gefüttert werden. Da zappelt er dann meist rum was mich langsam in den Wahnsinn treibt. Da ich so selbst kaum und nicht gemütlich essen kann, möchte ich das nicht mehr. Ich habe gehofft dass es einfach eine Phase ist aber es dauert halt schon so lange. Mein Mann sagt immer: „Du bist selbst Schuld weil du es zugelassen/ gemacht hast, er wird mit 6 Jahren noch von dir gefüttert werden wollen.“ Es hat jedoch einen Grund warum ich das mit mache. Ich habe gelesen, dass Kinder das machen, um Zuwendung, ungeteilte Aufmerksamkeit zu bekommen. Wenn man das Kind füttert dann ist man ja nicht abgelenkt und man hat nur Zeit für es, kümmert sich, zeigt seine Liebe. Ich habe das u. a. In dem Buch: „Das gewünschteste Wunschkind aller Zeiten treibt mich in den Wahnsinn“ gelesen. Aber so langsam nervt es mich, ich möchte wieder in Ruhe essen. Wenn ich zu ihm sage dass ich ihn füttere, aber erst selber esse dann weint er und bittet mich wieder ihn zu füttern. Er akzeptiert es auch nicht auf seinen Stuhl zu sitzen wenn ich ihn ganz nah an meinen schiebe. Ich schenke meinem Sohn nicht die ganze Zeit die volle Aufmerksamkeit da ich ja auch was im Haushalt machen/ kochen muss, aber wir gehen fast jeden Tag raus oder spielen etwas zusammen. Und ich zeige ihm meine Liebe.
Dr. med. Ludger Nohr
Hallo, Sie beschreiben ein schönes Beispiel dafür, dass bedürfnisorientierte Erziehung die Bedürfnisse aller Beteiligten im Blick haben muß, nicht nur die der Kinder. Das Ergebnis hier (und sonst) ist, dass Sie genervt sind und Ihr Sohn, auch deshalb, noch mehr festhält. So wird aus einer zeitweise schönen gemeinsamen Erfahrung gemeinsamer Frust, denn auch Ihr Sohn merkt natürlich, dass es nicht mehr passt, Sie anders reagieren. Daher ist es in der Regel viel besser, eine Situation herzustellen, die es auch Ihnen wieder möglich macht, Ihre Zuneigung ehrlich zu zeigen. Es kann sein, dass bis dahin ein paar Tränen geflossen sind, aber Ihr Sohn wird dann merken, dass ihr Kontakt wieder offener und unbelasteter ist. Bei "liebevoller Klarheit" merkt Ihr Sohn zum Einen, dass es Grenzen gibt und zum Anderen, dass das nicht den Verlust der Zuneigung bedeutet. Diese Chance muß man ihm geben. Und übrigens, mit Schuld hat das alles nichts zu tun, das ist eher eine (nutzlose) Frage zwischen den Erwachsenen. Dr.Ludger Nohr
Mamawasser
Also ich weiß nicht ob es daran liegt, dass er sich vernachlässigt fühlt. Hat mein Mann Recht, bin ich selbst Schuld, hätte ich es früher „unterbinden“ sollen? Wie kann ich denn erreichen dass mein Sohn auf seinem eigenen Stuhl sitzt und selber isst, ohne dass er sich von mir zurück gestoßen fühlt? Im Kindergarten isst er sehr gut alleine. Er zieht sich auch nicht selbst an oder aus, nur wenn er z. B. schnell baden will oder raus will, dann geht es alleine. Ansonsten muss immer ich alles machen. Mache ich etwas falsch? Müsste er nicht selbständiger sein? Normal wollen sie doch in dem Alter alles selbst machen. Mach ich etwas falsch? Vielen Dank.
Schniesenase
Hallo Mamawasser, aus Deinen vorsichtigen Fragen lese ich heraus, dass Du Dir viele Gedanken darüber machst, ob das Verhalten Deines Kindes in Bezug auf die Selbstständigkeit "normal" ist. Meine Erfahrung mit "Normalität" bei Kindern ist die, dass es alles sehr individuell ist und auch wenig RICHTIG oder FALSCH gibt. "Schuld" ist irrelevant. Niemand ist an was auch immer Schuld. Wir machen doch alles so gut wir eben können. Und auch Dein Kind wird selbstständig werden. Ich denke dann immer: "Wenn sie ihren ersten Freund mit nach Hause bringt, will sie sicher nicht mehr auf dem Schoß essen oder beim Anziehen Hilfe haben." ;-) Die Frage ist eher, ob Ihr, Du und Dein Kind so glücklich seid, wie es jetzt ist. Und da klingt doch deutlich durch, dass Du es nicht bist. Wenn Du nicht glücklich damit bist, dass Dein Kind immer auf Deinem Schoß essen will, ist Dein Kind auch nicht in seiner Mitte, denn Deinen unterdrückten Unwillen spürt er ja auch. Das ist schlimmer, als wenn Du klar formulierst, dass es Dir wichtig ist, in Ruhe Dein Essen zu genießen. Da weiß er dann, es liegt nicht an ihm, sondern Du hast einen Wunsch, das so zu machen. Für mich ist dabei entscheidend: Was sind meine Grenzen? Nicht: Weil mein Kind selbstständig werden soll, erziehe ich es jetzt auf Gedeih und Verderb dahin, dass es gefälligst selbstständig genug alles selbst macht (überzogen formuliert), selbst isst, sich selbst anzieht etc. Sondern: Weil ich gerne auch in Ruhe essen möchte, finde ich eine andere Lösung, mit der das Kind sich dann einfach auch zufrieden geben muss. Bei uns ist das so, dass ich dann immer auf Papa verwiesen habe, dem das nichts ausmacht bzw. der vielleicht dann schon fertig war mit seinem Essen. Oder ich habe gesagt, dass Schoß geht, sobald ich selbst in Ruhe gegessen habe, und dann habe ich ggf. auch erlaubt, dass mein Kind noch mal kurz spielen gehen durfte. In der Zeit konnten wir in Ruhe essen. Bei so kleinen Kindern ist das doch alles gut, was für alle gut ist. Mein Kind ist übrigens zehn Jahre alt und genießt es immer noch, bei uns am Ende der Essenszeit auf dem Schoß zu landen und den Nachtisch dort zu essen. Ich mag das nicht so gern, so lange ich auch esse, meinem Mann macht es nichts aus, er freut sich sogar darüber. Unser Kind ist übrigens sehr selbstständig. Ja, und dann möchte das Kind natürlich manchmal auch wirklich sehr durchsetzen, was es am schönsten findet (z.B. auf dem Schoß essen), und ich bestehe dann aber auf meine eigene ruhige Esszeit. Dann weint mein Kind vielleicht auch mal, weil es das doof findet. Oder weil es hofft, das Weinen hilft beim Durchsetzen. Wichtig finde ich, dass Du von der Vorstellung abgehst, Dein Kind könnte sich abgewiesen fühlen, wenn Du Deine eigenen Grenzen deutlich machst. Das müssen doch unsere Kinder auch lernen; dass andere Menschen, insbesondere die Eltern, auch Wünsche und Vorstellungen haben, wie ihr Leben aussehen soll. Was das Anziehen anbetrifft, hat mein Kind es auch sehr lange genossen, dass ich ihr geholfen habe. Das ist einfach ein Stück Zuwendung. Aber wenn ich noch etwas erledigen musste, dann ging es eben nicht, und ich bat sie, selbst zu machen. Das hat sie immer auch verstanden und dann gemacht, weil es eben keine erzieherische Maßnahme, sondern nachvollziehbare Notwendigkeit war. Du siehst ja beim KiGa, dass er es kann. Dann ist doch alles paletti. Der Rest kommt schon noch. Bedürfnisorientiert begleiten heißt halt nicht, auf die eigenen Bedürfnisse komplett verzichten. Das wäre ja auch absurd. Was leben wir damit unseren Kindern vor? Dass Bedürfnisse von Frauen nicht wichtig sind? Dass es falsch ist, als Erwachsene die eigenen Bedürfnisse zu beachten? Dein Kind weiß, dass Du ihn sehr liebst. Er kann aushalten zu erfahren, dass auch die Mama Dinge möchte und eben auch nicht möchte. Alles Liebe und Gute! VG Sileick
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