Mersene
Liebe Frau Henkes, ich bin verzweifelt, da mein gerade 3 Jähriger Sohn es scheinbar lustig findet, anderen weh zu tun. Ein häufiges Szenario dabei ist, dass er beim ins Bett gehen mir gerne ins Gesicht tritt, die Haare zieht, oder sich auf mich drauf wirft. Ich weiß nicht was ich machen soll, nichts hilft. Halte ich ihn dann fest und sage, dass ich ihn loslasse, wenn es wieder lieb ist und aufhört mir wehzutun, sagt er zwar ja, aber macht dann nach dem loslassen sofort weiter udn lacht dabei, als ob es ein Spiel sei.Aus Verzweiflung bin ich auch mal Laut geworden, da es auch wirklich sehr schmerzt und dann einfach rausgegangen, da hatte er geweint aber als ich zurück kam doch wieder weiter gemacht. Jeden Abend ist es ein Kampf und ich habe auch schon Angst vor dem zubett bringen. Auch schlägt er seinen 20 Monate alten Cousin mit dem er bei den Großeltern spielen darf. Ich habe Angst, dass er Probleme in der Kita bekommen wird, wenn es August diesen Jahres losgeht. Er redet auch noch nicht so viel. Was kann man tun?
Guten Tag, das Verhalten Ihres Sohnes ist gar nicht untypisch für Kinder seines Alters. Kinder stellen nämlich fest, dass sie sehr viel auslösen, wenn sie anderen wehtun. Es erfolgt ja eigentlich immer eine heftige Reaktion auf den Schmerz. In diesem Alter können Kinder sich den Schmerz anderer noch nicht gut vorstellen. Sie merken aber, dass sie durch ihr Verhalten bei anderen etwas Besonderes auslösen. Das finden Kinder natürlich gut. Denn sie wissen, dass sie eigentlich klein und hilflos sind und plötzlich gelingt es ihnen, das Verhalten anderer so stark zu beeinflussen. Damit können sich Dreijährige sehr wirkmächtig und stark fühlen. Das sind wichtige und gute Gefühle für die Entwicklung der Kinder. Dagegen ist nichts einzuwenden. Sie müssen aber jetzt lernen, dass sie solche Gefühle besser in Situationen entwickeln, die sozial angemessen sind. Deshalb ist es für Ihren Sohn sehr wichtig, dass Sie ihn bremsen. Aber das sollte - wenn möglich - ruhig und unaufgeregt geschehen. Damit nehmen Sie seinem Verhalten schon viel von seiner Bedeutung. Sie müssen sich von Ihrem Sohn nicht attackieren lassen. Sie erklären ihm das ja auch bereits. Es ist auch sinnvoll, das Zimmer zu verlassen, um sich seinen Angriffen zu entziehen. Wenn er das dann wiederholt, können Sie wieder rausgehen. Er begreift dann schon, dass es Ihnen ernst ist und Sie dieses Verhalten nicht akzeptieren. Dann darf er ruhig auch mal weinen. Wenn er aufhört zu schlagen, sind Sie doch sofort wieder für ihn da. Vielleicht können Sie an Ihrer Angst vor dem Zubettbringen arbeiten, denn Angst ist kein guter Ratgeber. Sie wird Sie unsicher machen und das spürt Ihr Sohn. Sprechen Sie mit Ihrem Partner oder einer vertrauten Person darüber und machen Sie sich bitte immer wieder klar, dass Ihr Verhalten angemessen ist. Sie müssen sich nicht schlagen lassen. Aber Sie sind in dieser Konstellation die Erwachsene. Sie können Ihr Verhalten planen und bei unangemessenem Verhalten Ihres Sohnes eingreifen. Das kann der Dreijährige noch nicht. Er ist auf Ihre - wohlwollende und notwendige - Führung angewiesen. Wenn er auf den jüngeren Cousin losgeht, muss eben die gerade betreuende Person eingreifen und den Cousin schützen. Wegen seines Verhaltens im Kiga brauchen Sie sich keine Sorgen zu machen. Das ist eine ganz neue Situation und da sind deutlich ältere Kinder. Die werden Ihren Sohn schon bremsen. Kinder können einander soziales Verhalten oft besser beibringen, als Erwachsene das vermögen. Sie sind nämlich ganz unverstellt und direkt. Das wird Ihr Sohn schnell lernen. Ich hoffe, ich konnte Ihnen etwas von Ihrer Verzweiflung nehmen. Wenn man weiß, warum Kinder sich so verhalten, fällt es oft leichter mit problematischem Verhalten umzugehen, bis das Kind dieses abstellen kann. Vielleicht hilft Ihnen der Text zur "liebevollen Klarheit" auf unserer Seite auch weiter. Ich wünsche Ihnen alles Gute. Ingrid Henkes