Hallo Mel, genau das meine ich: Kliniken machen Werbung für ihre sanfte Geburt, z.B. wird bei Führungen immer die Gebärwanne präsentiert. Im Gespräch sind sie ebenfalls sehr verständnisvoll. Aber während der Geburt ist das dann alles vergessen. Damit es wirklich so läuft, wie vorher besprochen, muss man Glück mit dem gerade anwesenden Personal haben und noch dazu muss die Geburt zügig und genau wie im Lehrbuch vonstatten gehen. Sonst greifen die ganz schnell zu geburtsbeschleunigenden Maßnahmen, die eben auch Nebenwirkungen haben können. Die Gebärende wird in dem Moment nicht umfassend darüber informiert, wieso der Arzt oder die Hebamme jetzt so entscheidet und was die Vor- und Nachteile sind und ob es Alternativen gäbe. Natürlich ist sie in der Situation nur begrenzt entscheidungsfähig, aber man KANN durchaus mit ihr reden. Das erfordert aber Sensibilität des Personals. Auch wenn wirklich ein Notfall auftritt, wäre es durchaus möglich, mit der Gebärenden zu reden. Wenn da ein halbes Dutzend Leute rumrennen, könnte durchaus einer davon dafür zuständig sein, kurz zu sagen, dass z.B. die Herztöne runtergehen und man deshalb jetzt schnell schneiden muss, dass aber das Kind nicht gefährdet ist, wenn man schnell handelt. Auch kriegt die Gebärende natürlich die Stimmung mit. Wenn plötzlich alles hektisch wird, kriegt sie es mit der Angst zu tun. Ein besonneneres Handeln des Personals wäre da besser (vor allem, da Hektik ja gar nichts hilft und die Geburt auch nicht beschleunigt). Das kann ich dem Personal bei meiner ersten Geburt immerhin nicht vorwerfen. Als die Ärztin gesehen hat, dass die Herztöne runter gingen, hat sie einfach den Dammschnitt gemacht, und dann war mein Sohn auch schon da. Ich habe gar nicht mitgekriegt, dass etwas nicht so planmäßig lief. Was ich Ihnen vorwerfe ist, dass sie durch den Verlauf der Geburt diesen Notfall hervorgerufen haben (ich habe wirklich reichlich (auch von Ärzten geschriebenes) gelesen um davon ausgehen zu können, dass es so war). Bei mir ist es aber weit davon entfernt, ein Trauma zu sein, da es in der Situation nicht schlimm war und die Folgen auch schon verheilt waren bis mir überhaupt klar war, was verkehrt war. Die Geburt meines zweiten Kindes lief dagegen prima. Erstmal habe ich ein anderes Krankenhaus gewählt und dann hatte ich auch noch so viel Glück (vielleicht hat aber auch meine Psyche mir einen Streich gespielt), dass die Wehen erstmal nur ganz leicht waren und dann so plötzlich heftig wurden, dass ich es gerade nur so zum rauspressen des Kindes ins KH geschafft habe. Da konnte keiner irgendwie eingreifen und das war gut so. Bei mir wird es (höchstwahrscheinlich) auch keine weiteren Geburten mehr geben. Aber ich finde es schon wichtig, anderen Frauen die Naivität zu nehmen. Denn für die Frauen laufen die Geburten ja eben deswegen oft nicht so toll, weil sie sich auf die Werbung der Klinik verlassen. Ich halte das schon fast für Betrug, was die da veranstalten. Aber während der Geburt hat eben keine Frau mehr die Chance, woanders hin zu gehen. Wenn man vorher weiß, dass ein wenig Misstrauen durchaus angebracht ist, kann man eine Beleghebamme seines Vertrauens engagieren. Der kann man vorher sagen, was einem wichtig ist, und dass sie einen auf jeden Fall während der Geburt anständig informieren soll. Natürlich braucht eine solche Hebamme auch eine resolute Persönlichkeit, um sich gegen die Ärzte durchzusetzen. Leider ist man meistens vorher so naiv zu denken, dass man keine Beleghebamme braucht, da man ja in eine gute Klinik geht. Und das denkt man eben so lange, bis dann eine Geburt nicht so toll läuft. Auch ein verpflichtendes Nachgespräch mit dem bei der Geburt anwesenden Personal fände ich nicht schlecht. Da die kaum Feedback kriegen, wissen sie zum Teil auch gar nicht, wie negativ sich ihre Unsensibilität auf die Psyche der Frauen auswirken kann. Ich drück Dir die Daumen, dass Du das Geschehene bald verarbeiten kannst. LG Linda
Mitglied inaktiv - 25.02.2008, 10:51
