Esmeralda
Hallo, hat hier jemand auch ein schüchternes Kind und vielleicht ein gutes Buch zu dem Thema? Ich glaub, wir geraten grad in so einem Teufelskreis, dass wir schon zu oft ermutigt / geschubst haben und dann so Druck / Enttäuschung rein kommt. Mir ist einfach nicht klar, wie ich mich als Mutter eigentlich verhalten sollte. (Kind ist fast 4 Jahre) Danke
Hallo Esmeralda, ich kann leider keine eigenen Erfahrungen beitragen, aber wir haben von Freunden einige Ratgeber bekommen, die sie nicht mehr brauchten und da war "mein wunderbares schüchternes Kind" dabei (von Inke Hummel). Bisher ist unsere Tochter (2) nicht sonderlich schüchtern, daher haben wir leider noch nicht reingeschaut, aber unsere Freunde haben uns nur Bücher weitergegeben, die sie selbst gut fanden.
Das schau ich mir mal an, der Titel klingt schon gut.
Ein Buch habe ich nicht, aber etwas vielleicht noch Besseres: Eigene Erfahrungen mit meiner Tochter. Meine Tochter war im Kiga-Alter auch extrem schüchtern. Sie sprach noch nicht mal mit den Erzieherinnen. Auf dem Spielplatz ließ sie alle vordrängen und konnte sich schlecht wehren und behaupten. Auf der Kirmes fuhr sie nur im Karussell mit, wenn auch ich mitfuhr, niemals allein. Mir war es wichtig, sie zwar zu ermutigen, aber nicht zu drängen. Sätze wie "Du brauchst doch keine Angst zu haben", "Trau dich doch mal" oder "Sei doch nicht so schüchtern" sind nämlich schädlich für Kinder. Weil ihre Botschaft für das Kind in Wirklichkeit lautet: "So wie du bist, gefällst du uns nicht. Wir hätten gern, dass du anders bist." Das verunsichert ein Kind, und DANN wird seine Schüchternheit zum Problem. Weil dann noch ein Gefühl der Entwertung dazu kommt. Ich habe meiner Tochter stattdessen vermittelt: Du bist genau richtig so, wie du bist. Und genau so gefällst du uns, du bist wunderbar. Wenn die Kiga-Erzieherinnen über sie gesagt haben, sie sei aber schüchtern, habe ich iim Beisein meiner Tochter gesagt: "Nein. Sie ist nicht schüchtern. Sie möchte nur zuerst mal zuschauen. Vielleicht macht sie später mit." Ich habe also nicht erlaubt, dass andere ihr ein Etikett verpassen und sie damit in eine ungute Ecke drängen. Denn das Ding ist: Wenn wir sagen, unser Kind ist schüchtern, dann packen wir es in eine negative Schublade, und aus der kommt es kaum noch raus. Es fängt dann sogar irgendwann an, unsere Erwartungen zu erfüllen, denn das tun Kinder immer. Wenn Mama sagt, ich bin schüchtern, dann stimmt das wohl auch, denn Mama weiß alles. So wird das Ganze zur Self Fulfilling Prophecy und die Schüchternheit wird aufrechterhalten. Und weil sie negativ besetzt ist, bekommt das Kind ein negatives Selbstbild. Wir haben also unserer Tochter erlaubt, so zu sein, wie sie ist. Damit haben wir ihr eine feste Basis, eine große Sicherheit und Gelassenheit gegeben. Und von dieser festen Basis aus hat sie im Laufe der Jahre immer weiter ihre Flügel aufgespannt und ist geflogen. Sie ist im Grundschulalter immer noch scheu gewesen, auf der weiterführenden Schule wurde es aber schon deutlich besser. Weißt du, wir dürfen unsere Kinder nicht zu statisch sehen. Sie entwickeln sich irre stark, viel mehr als wir glauben. Sie bleiben nicht, wie sie als Kind mal waren. Meine Tochter ist heute erwachsen. Sie arbeitet bei einer bekannten, internationalen Wirtschaftsprüfungs-Kanzlei. Sie berät große Unternehmen wie Siemens und erstellt komplexe Unternehmensbewertungen. In Konferenzen präsentiert sie sich freundlich, fröhlich und selbstsicher. Nie im Leben würdest Du denken, dass sie mal ein Kind war, das kaum mit anderen sprach. :-) Erlaube Deiner Tochter so zu sein, wie sie im Moment ist. Fordere sie nicht auf, anders zu sein. Finde lieber pragmatische Lösungen für jede Situation. Ich selbst musste wie gesagt auf Karussells im Stehen meine Runden drehen und bei Kindergeburtstags-Einladungen die Mütter bitten, ob ich mit da bleiben durfte. Vermittle ihr, dass sie wunderbar ist. DAS ist es, was sie stark, fröhlich und selbstbewusst machen wird. Nicht heute und nicht morgen. Dafür aber ganz sicher. LG
Wundervoll erklärt. Vielen Dank für diesen wertvollen Beitrag.
Toll geschrieben
Dankeschön, Astrid, für eine ausfühliche Erfahrung. Ganz toll, wenn Kinder sich so angenommen fühlen dürfen.
Ein sehr schönes Buch, wie ich finde, ist Wir Schüchternen (oder ähnlich, ich kenne eher den engl Titel) von Simona Ciraolo. Ich habe sie in London kennen gelernt und liebe ihre Bücher. Und das Thema passt für unseren Zwerg auch gut (haben es auch schon mit ihm angeschaut, ist aber mit seinen 20 Monaten noch nicht so an Geschichten interessiert) Mir gefällt daran, dass es Kindern zeigt, dass es völlig in Ordnung ist schüchtern zu sein und dass es andere auch sind.
Wow, das Buch hat ja auch tolle Bilder! Vielen Dank für diesen Tipp!
"Frei und unverbogen" von Susanne Mierau.
Dabei geht es nur am Rand um das Thema Schüchternheit. Vielmehr darum, sein Kind genau so und bedingungslos anzunehmen, wie es ist. Denn genau so ist es wunderbar perfekt
Das spricht mich auch an. Leider ist "unverbogen" erziehen gar nicht so ein verbreitetes Denken... :( Ich finde es da manchmal schon schwer, da dem zunehmenden Druck von außen standzuhalten, und zweifle auch manchmal an mir und meiner Haltung, das gebe ich zu.
Vielleicht ein Grund mehr das Buch zu lesen
Ich kenne den Druck / die Blicke Kommentare etc. und mir hilft es, wenn ich Bücher von Menschen lese, die mich in meinem Weg stärken. Außerdem gibt es z.B auch bei Facebook Gruppen für bedürfnisorientierte Erziehung (oder gar keine Erziehung) die super sind um sich auszutauschen
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