Elternforum Entwicklung im 1. Lebensjahr

Erfahrungsaustausch: Frust nach Kaiserschnitt

Erfahrungsaustausch: Frust nach Kaiserschnitt

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Hallo! Wem geht es ähnlich? Ich suche Gleichgesinnte zum Gedanken- bzw. Erfahrungsaustausch zu folgender Problematik: Ich habe vor 2 Monaten unseren kleinen Sohn (1. Kind) per Kaiserschnitt entbunden. Die Sectio wurde nach 26 Stunden Wehen aufgrund eines Geburtsstillstandes in der Austreibungsphase notwendig. Im Augenblick der Entscheidung zum Kaiserschnitt war mir dieser Recht, da ich nach den 26 Stunden endlich zum Ende kommen wollte (obwohl ich wg. PDA nur kurze Zeit heftige Wehenschmerzen hatte; die ersten Wehenstunden fand ich erträglich) und ich wußte, dass die Geburt durch den KS in 1/2 Stunde beendet ist. Aber bereits einige Tage nach der Geburt hatte ich das Gefühl, dass mir das echte Geburtserlebnis sehr fehlt. Diese Art Trauer hält bis heute an. Ich hatte nie Angst vor der Geburt, wollte immer unbedingt eine erleben, konnte sie schließlich kaum erwarten. Über einen evtl. Kaiserschnitt habe ich kaum nachgedacht. Ich sagte mir, einen Kaiserschnitt nur dann, wenn es medizinisch notwenig ist. Dieser Fall trat ein, und nun trauere ich der nicht erlebten Geburt nach. Ich habe gelesen, dass dies in einem solchen Fall nicht ungewöhnlich ist. Aber wie komme ich davon los? Ich habe immer das Gefühl, dass ich in der Klinik etwas wesentliches nicht beendet habe und immernoch etwas "abschließen" muss. Wer von Euch hat auch einen ungeplanten Kaiserschnitt erlebt und empfindet ähnlich? Habt Ihr einen Weg gefunden, einen "Abschluss" der Geburt zu finden bzw. die Trauer zu verarbeiten?


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Hallo Jana! Meine kleine ist auch durch einen ungeplanten Kaiserschnitt zur Welt gekommen. Ich hatte mich so schön auf die Geburt vorbereitet, aber dann ging die Geburt nicht von alleine los und musste eingeleitet werden. 9h nach dem Cocktail hat Ihr Herz angefangen Probleme zu machen, bzw, auf dem CTG waren ihre Herztöne nicht mehr zu sehen. Dann haben sie innerhalb von zehn Minuten Kaiserschnitt gemacht. Und das auch in Vollnarkose. Anschliessend kam die kleine noch für vier Tage auf die Intensivstation weil sie nicht atmen wollte. Ich habe sie also erst sehr spät bei mir gehabt. Am Anfang, so die ersten vier Wochen, hatte ich auch das Gefühl es würde was fehlen, und ich hätte keinen Anspruch auf das Kind weil ich es ja nicht "geboren" habe. Aber ich sage mir immer wieder, wenn ich nicht gerade zu diesem Zeitpunkt am CTG gehangen hätte, wäre unser Sonnenschein jetzt nicht mehr hier.


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Da fehlt was vom Text. Ich könnte meine kleine nicht mehr lieben wenn sie auf normalem Wege geboren worden wäre. Vieleicht solltest du eher den Gedanken in den vordergrund stellen, das du dieses Kind neun Monate in deinem Bauch hattest und dafür gesorgt hast das aus ihm ein lebensfähiges Menschlein wird. Vieleicht hilft dir das ja. Und meiner Meinung nach macht eine gute Mutter nicht nur aus, das Kind auf normalem wege und unter starken Schmerzen geboren zu haben. Ich wünsche Dir das du mit deinen Gefühlen wieder ins reine kommst. Alles Liebe Yvonne


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Liebe Jana, da bist du ja eine ganz frische Mutter und deswegen möchte ich erst einmal noch von ferne gratulieren! Außerdem bist du ja kaum aus dem Wochenbett heraus und da ist es nicht unnormal, dass deine Hormone auch noch ein bisschen verrückt spielen, was dich u. U. nachdenklicher macht oder trauriger stimmt, als es normaler Weise der Fall wäre. Ich möchte dir aber versichern, dass deine Empfindungen völlig normal sind. Ich kenne das aus eigener Erfahrung sehr gut, obwohl meine Tochter mit einem geplanten Kaiserschnitt geboren wurde. Sie lag in Beckenendlage, wollte sich weder alleine noch mit Hilfe drehen und deswegen rieten mir die Ärzte zum KS. Es war mein erstes Kind. Ich war trotz vieler erlesener Informationen natürlich unsicher und habe unter diesen Umständen eingewilligt, denn ich hatte große Angst, dass es beim Versuch einer spontanen Entbindung zu Problemen kommmen könnte. Allerdings hat mir niemand vorher gesagt und ich bin auch nicht auf die Idee gekommen, wie sehr es mir über lange Zeit hinweg zu schaffen gemacht hat, dass ich keine "normale" Geburt erlebt habe. Ich habe so mit mir gehadert und das ganze Thema war für mich irgendwie "unvollständig"; es fehlte etwas. Das konnte mir auch keiner ausreden und ich war auch generell der Meinung (bin ich noch!), dass ich eine gute und liebevolle Mutter bin - trotzdem hatte ich dieses Gefühl. Im Laufe der Zeit, in der meine Tochter größer wurde und allmählich nicht mehr wie ein Baby aussah, sondern ein selbständiges Mädchen wurde, ist es natürlich verblasst. Ich habe nicht mehr alle paar Tage daran gedacht, aber ich bin es nie ganz losgeworden und habe im Stillen alle beneidet, die von ihren Geburten berichtet haben. Ich habe auch die Erfahrung gemacht, dass man bei der Schilderung dieses Problems auf wenig Verständnis stößt. Im Gegenteil. Entweder muss man sich sagen lassen, man solle doch froh sein oder man wird sogar so hingestellt, als ob man zu feige für eine spontane Entbindung sei. Man glaubt es kaum, aber auf solche Gedanken kommen manche Leute und schämen sich nicht, das solchermaßen anzudeuten oder zu sagen. Im Mai 2004 habe ich dann noch ein Kind bekommen, einen kleinen Jungen, und den durfte ich ganz normal entbinden. Das hat für mich erst diese Lücke wirklich geschlossen. Ich war so glücklich, denn erst jetzt ist die Sache für mich richtig "rund". Ich wünsche dir sehr, dass du diese negativen Gedanken schneller überwindest. Es stimmt zwar, dass du ein Erlebnis, auf das du dich vorbereitet hattest, nicht gehabt hast. Trotzdem geht es letztlich nur darum, dass dein Kind und du die Geburt gesund und glücklich überstanden haben. Die Zeit wird dafür sorgen, dass deine Trauer sich legt und dir nicht mehr so stark zu schaffen macht. Du darfst ruhig trauern und vielleicht hilft es dir, wenn du öfter darüber reden kannst. Dann kommt dieses Gefühl wenigstens raus und du "frisst" es nicht in dich hinein. Ich wünsche dir alles Gute! Kopf hoch und viele Grüße, Agnetha


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Hallo Mama-Jana, Du bist ein bissel zu ungeduldig. Bei mir dauerte es etwa ein Jahr, bevor ich über den ungeplanten Kaiserschnitt nicht mehr traurig war. Natürlich war ich nicht den ganzen Tag deprimiert oder so. Aber die Enttäuschung kam immer mal wieder hoch und das verlorene Geburtserlebnis einer spontanen Entbindung war lange ein Thema für mich. Ich hatte 24 Stunden Wehen gehabt, eine missglückte PDA, die schlecht saß, einen Kreislaufkollaps mit Blutdruckwerten unter 50, Kreislauftropf, Wehentropf und schließlich einen Geburtsstillstand wegen Kopf-Becken-Missverhältnis (großes Kind). Ich bekam dann einen Kaiserschnitt unter Vollnarkose. Ich hatte davor solche Angst, dass ich mich am liebsten am Türrahmen festgekrallt hätte, als sie mich in den OP rollten... Auch ich hatte vorher null Angst vor der Geburt. Ich bin, als die Wehen einsetzten, voller Freude und Zuversicht in die Klinik gefahren. Leider kamen mir beide Gefühle irgendwann abhanden, weil denn doch alles so anders kam, als ich es mir so schön vorgestellt hatte vorher. Wie gesagt, hörte ich nach etwa einem Jahr allmählich auf zu hadern. Es hat mir geholfen, oft von dem Erlebnis zu erzählen. Das geht zum Beispiel in Pekip- oder Krabbelgruppen, wo man viele andere Mütter kennenlernt. Man sieht dann (mit Erstaunen), dass von 10 Frauen mindestens 8 eine Schwangerschaft oder Geburt mit Komplikationen hatten, bei der alles anders kam, als sie sich vorgestellt hatten. Viele Frauen machen dabei sehr Schlimmes durch. Das relativiert das eigene Erlebnis etwas, weil man dann sieht, dass man eigentlich noch recht gut weggekommen ist. Es ist einfach so, dass auch im 21. Jahrhundert eine Geburt etwas völlig Unvorhersehbares und ein echtes Abenteuer mit nicht unerheblichen Risiken ist. Das Sprichwort: "Denn erstens kommt es anders, und zweitens als man denkt" trifft wohl nirgendwo mehr zu, als bei der Geburt. Wenn man sich das klar macht, kann man eher akzeptieren, dass die Dinge (wie so oft im Leben) eben auch hier nicht so gekommen sind wie erhofft. Mein erster Kaiserschnitt ist jetzt 7 Jahre her. Vor fünf Monaten hatte ich meinen zweiten Kaiserschnitt (geplant wegen Querlage und wieder sehr schwerem Kind von geschätzten 4500 g). Dieses Mal habe ich seltsamerweise fast überhaupt nicht mehr mit der OP gehadert. Man wird im Laufe der Jahre gelassener und dankbarer, dass mit dem Kind alles in Ordnung ist - das allein zählt nämlich letztlich. Auch kenne ich mehrere Mütter, darunter eine Freundin von mir, wo die Kinder während einer zu lange dauernden spontanen Geburt Hirnschäden wegen Sauerstoffmangels erlitten. Das Kind der Freundin ist leicht geistig behindert und es ist fraglich, ob es je ein eigenständiges Leben wird führen können. Letztlich muss man ja auch dankbar sein, dass wir in unserem reichen Land die Möglichkeit des Kaiserschnitts haben. Es gibt viele Länder, wo eine Frau einfach samt ihrem Kind stirbt, oder das Kind verliert, wenn eine Geburt schiefgeht. Oder wo die Krankenhäuser schlecht ausgestattet, die Ärzte wenig ausgebildet und die Bestecke schmutzig sind, so dass jedee OP lebensgefährlich ist. Langer Rede kurzer Sinn: Gib Dir Zeit und erlaube Dir Deine Enttäuschung. Versuche nicht, dieses Gefühl abzustellen oder zu verdrängen. Sieh andererseits aber bewusst auch die Vorteile der OP: Du und Dein Baby seid gesund! Dein Kind lebt und ist nicht an der Länge der Geburt zugrundegegangen oder hat Schaden genommen. Das ist Grund für Dankbarkeit, weil es keineswegs (auch heute nicht und auch bei uns nicht) selbstverständlich ist. Übrigens hast Du gute Chancen, das nächste Kind spontan zu bekommen: 70 Prozent aller Kaiserschnittfrauen kriegen da nächste Kind auf natürlichem Wege - gegenüber 80 Prozent der Frauen ohne vorherigen Kaiserschnitt. Das ist doch gar nicht schlecht, huh? Liebe Grüße, Bonnie-B


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Danke für Eure lieben Antworten. Es ist ja nicht so, dass ich darüber vor Kummer umkomme, aber ich denke halt immer wieder darüber nach. Und es ist wohl wirklich so, dass man eher denken sollte, dass der KS notwendig war und letztendlich alles (deswegen) gut gegangen ist. Und unser kleiner Spatz ist so lieb, wächst und gedeiht, schreit kaum und kann jetzt mit seinen 2 Monaten sogar schon bis zu 1 Stunde alleine spielen :-) (mit seinem Fitnesscenter oder wie die Dinger heißen und mit seinen Fingerchen)