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"Zufallsgewinne abschöpfen"

"Zufallsgewinne abschöpfen"

Dots

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Weil ich diesen Teil des dritten Entlastungspakets nicht verstanden habe - weil ich nicht wusste, was "Zufallsgewinne" sind bzw. was hier damit gemeint ist - habe ich vorhin den Tagesspiegel Background zum Thema Energie abonniert. Das schreibt er in dem Artikel zum Thema Abschöpfung von Übergewinnen: "Mit dem SPD-Strategiepapier zur Energiekrise und der Regierungsklausur in Meseberg ist die Übergewinnsteuer zurück in der Debatte. Experten, Politikerinnen und Politiker streiten entlang bekannter Gesinnungslinien über die Modelle zur Ausgestaltung der Steuer. Thomas Wendel von Thomas Wendel veröffentlicht am 02.09.2022 aktualisiert am 03.09.2022 In einem Strategiepapier forderte die SPD kürzlich, den Ausgleich für die hohen Energiepreise auch mittels einer Übergewinnsteuer zu finanzieren. Passend dazu hatte Kanzler Olaf Scholz (SPD) den Ministerpräsidenten Spaniens, Pedro Sánchez, zur Kabinettsklausur nach Meseberg eingeladen. Dieser hat eine Übergewinnsteuer bereits per Dekret eingeführt: „Die Bürger müssen den Eindruck haben, dass die Lasten gerecht verteilt werden. Das ist der Grund, warum wir diese Steuer verabschiedet haben“, warb Sánchez. Doch Übergewinnsteuer ist nicht gleich Übergewinnsteuer. Und je nachdem wie sie ausgestaltet wird, findet sie Unterstützer, halbe Unterstützer und Gegner. Zu letzteren zählte bislang Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) – obwohl er sich kürzlich gegen den „Rendite-Autopilot” im Strommarkt aussprach. Einen grundlegenden Fehler in der Debatte sieht Matthias Kopp, Sustainable-Finance-Chef des WWF Deutschland: Statt Steuern zielgerichtet in ein politisches Gesamtkonzept einzubinden, werde „in Deutschland Steuerpolitik nicht als aktiv zu gestaltendes Element für Politikziele verstanden“, sagte er. „Wir diskutieren nicht über die faktisch sowieso vorhandene Lenkungswirkung von Steuerpolitik.“ In einer Übergewinnsteuer sieht er jedenfalls keinen Bruch marktwirtschaftlicher Prinzipien: Sie gehöre „zur Logik im Falle von Sondergewinnen. Sogenannte Windfall-Profite müssen in klarem Rahmen abgeschöpft werden können“. Mittel für die nachhaltige Transformation Ähnlich argumentiert der sozialdemokratische Parlamentarier Armand Zorn: „Überall auf der Welt werden Übergewinnsteuern eingeführt. Die Parteien in Deutschland sollten darüber weniger ideologisch diskutieren. Auch in Italien wurde sie von Premier Mario Draghi eingeführt, der ja alles andere als ein Sozialist ist.“ Die finanzpolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion, Katharina Beck, erklärte: „Eine branchenunabhängige Abgabe aufgrund klar definierter Kriterien wäre die rechtlich belastbarste Variante für eine Übergewinnsteuer.“ Sie erwartet, dass eine – wie auch immer ausgestaltete – Übergewinnsteuer die nachhaltige Transformation von Gesellschaft und Wirtschaft voranbringen kann. Die mit einer Sondersteuer eingenommenen Gelder könnten „auch in erneuerbare Energien“ kanalisiert werden. Europäische Steuervielfalt Die Wissenschaftlichen Dienste des Bundestags hatten bereits im Juni sechs verschiedene Regelungen europäischer Staaten zusammengetragen. Außer Spanien hatten vor knapp drei Monaten Italien, Griechenland, Großbritannien, Rumänien und Ungarn Übergewinnsteuern eingeführt – alle mit unterschiedlichen Ansatzpunkten, Bemessungsgrundlagen sowie Steuersätzen. Hinzu kommen Modelle, wie jenes, das Katharina Beck vorschlägt: Geht es nach der Grünen, müssten vor allem „leistungslose Gewinnaufschläge in der Mineralölbranche“ angegangen werden. „Ebenso müssten die hohen Zufallsgewinne im Strombereich erfasst werden. Das gelingt mit dem Modell der Kriterienprüfung“, erklärte Beck. „Es existiert ein Oligopol in Deutschland bei Mineralölprodukten“, begründete sie den Fokus auf die Ölindustrie. „Große Mineralölkonzerne wie Shell haben in ihren fossilen Geschäftsbereichen große Cashcows. Sie investieren zwar auch in erneuerbare Energien. Das viel größere Geschäft wird aber nach wie vor mit fossilen Energien gemacht.“ Armand Zorn ist ein Fan der italienischen Regelung: „Dort wurden für den Zeitraum von Oktober 2021 bis April 2022 alle Umsätze mit jenen aus der gleichen Vorjahresperiode verglichen. Für die Differenz werden 25 Prozent Steuern extra fällig. So ähnlich können wir das auch machen.“ Das wäre eine juristisch saubere Lösung, argumentierte er – auch mit Verweis auf eine Untersuchung der Wissenschaftlichen Dienste zur Verfassungsmäßigkeit des italienischen Modells. Kanzler Scholz und Pedro Sánchez haben in Meseberg aber eher für das iberische Modell geworben. Dort werden alle Stromproduzenten zusätzlich besteuert, die ihre Energie nicht aus Gas gewinnen: Betreiber von Atomkraftwerken sowie Wind-, Wasser- und Solaranlagen. Die Bemessungsgrundlage wird mittels einer Formel berechnet, in die Differenzwerte von Gas- und Strompreisen, Produktionsmengen sowie weitere Faktoren einfließen. Anschließend werden 90 Prozent der so ermittelten Umsätze weggesteuert. „Die FDP wird hart bleiben“ All das gilt bei Abgeordneten der Union und vom Ampel-Koalitionspartner FDP als Teufelszeug. „Wie definiere ich Übergewinn? Da kann man sich ziemlich verheben. Gibt es gute oder schlechte Gewinne?“, fragt CDU-Politiker Fritz Güntzler. Der Bundestagsabgeordnete gab sich überzeugt: „Wenn jetzt eine Übergewinnsteuer überraschend eingeführt würde, wäre das mit einem erheblichen Vertrauensverlust in der Wirtschaft verbunden.“ Außerdem gebe es dafür keine politische Mehrheit im Bundestag. „Die FDP wird hart bleiben“, prophezeit er. Damit könnte er Recht behalten. Zumindest, wenn man die Reaktion seines liberalen Bundestagskollegen Markus Herbrand zum Maßstab nimmt. Würden die Mittel für Investitionen der Unternehmen wegen „vermeintlich ungerechtfertigten Gewinnen“ abgeschöpft, werde zwangsläufig jedes Investment auf den Prüfstand kommen. „Gerade dort, wo zunächst Anschubinvestitionen notwendig sind, ohne den wirtschaftlichen Erfolg der Investitionen sicher vorhersagen zu können, werden nachvollziehbarerweise weniger Gelder investiert“, warnte Herbrand. „Acht Gründe gegen eine Übergewinnsteuer“ Unterstützung dafür kommt vom Chef des Ifo-Instituts München, Clemens Fuest. In einer Untersuchung haben seine Mitarbeitenden „Acht Gründe, warum eine Übergewinnsteuer keine gute Idee ist“ zusammengetragen. Fuest warnt, dass eine Übergewinnsteuer vor allem zur Folge haben werde, „dass die Unsicherheit im Steuerrecht steigt“. Dass die Energiepreise gestiegen seien, habe auch damit zu tun, „dass in den letzten Jahren vor allem Unternehmen aus westlichen Staaten immer weniger in die Förderung fossiler Brennstoffe investiert“ hätten, so Fuest. Unter anderem auch deshalb, „weil der politische Druck groß war, diese Investitionen abzubauen“. Jenen Unternehmen, die dennoch „Knappheiten vorausgesehen, das Risiko auf sich genommen und investiert haben“, sollte man nun keine Vorwürfe machen, forderte Fuest. Kombinieren mit Verbesserungen im Energiemarktdesign Widerspruch kommt hier vom Leiter der Abteilung Klimapolitik am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung, Karsten Neuhoff. Er sieht keinen Anlass für die Besorgnis, dass Unternehmen wegen einer Übergewinnsteuer weniger investieren. „Grundsätzlich können Geschäftsmodelle von Unternehmen nur robust sein, wenn sie gesellschaftliche Akzeptanz finden.“ Eine Übergewinnsteuer wäre für Neuhoff aber nur ein Teil eines Maßnahmenpakets. „Die rückwirkende Abschöpfung von Zufallsgewinnen sollte kombiniert werden mit Verbesserungen im (Energie-)Marktdesign, so dass solche Zufallsgewinne in Zukunft vermieden werden“, erklärte er. Erneuerbare Energien etwa sollten anstatt mit einer Marktprämie künftig über Differenzverträge vergütet werden. Damit wären „Stromkunden auch gegen hohe Strompreise abgesichert“, sagte Neuhoff. Eine Übergewinnsteuer, so scheint's, sollte nicht allein kommen." (Quelle: https://background.tagesspiegel.de/energie-klima/wie-sich-uebergewinne-abschoepfen-lassen)


Leena

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Antwort auf Beitrag von Dots

Ich wäre ja, ganz privat, sehr für eine Übergewinnsteuer, wenn sie handwerklich sauber und gerichtsfest gemacht würde. Aber offenbar ist das mit der FDP mal wieder nicht drin. Dann wenigstens diese Abschöpfung der Zufallsgewinne auf dem Strommarkt, immer noch besser als gar nichts...


Dots

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Antwort auf Beitrag von Leena

Ich finde auch, dass da für eine Partei, die sich so ein dynamisches, innovatives Image gibt, nicht viel an Ideen zur Problemlösung kommt. Die FDP-Politik wirkt auf mich insgesamt vor allem wie das Festhalten an Privilegien für die, denen es sowieso ziemlich gut geht, und alles, was auch nur von weitem nach Umverteilung riecht, ist pfui. Ich halte das für gefährlich, weil durch dieses "Wenn Vergünstigungen, dann für alle" und "bloß niemandem Eigenverantwortung zumuten" nicht nur eine enorme finanzielle Zusatzbelastung für alle geschaffen wird, sondern auch gesellschaftlicher Zusammenhalt verloren geht. Ich habe nicht den Eindruck, dass dafür ein Bewusstsein da ist.