Zwergenalarm
Auch wenn ich grundsätzlich der Meinung bin, dass der ukrainische Botschafter zuviel Persönliches in sein Statement hat einfließen lassen……sh. unten. Vor zwei Tagen hat mich meine tschetschenische Bekannte (aufrechter subsidiärer Schutz, der alle 2 Jahre teilweise mit ganz viel Aufwand zu erneuern ist) gefragt, warum dieser (ukrainische) Krieg im Westen so viel mehr Aufmerksamkeit bekommt, als seinerzeit, wo Tschetschenien 2!! mal, mehr oder weniger ohne westliche Aufmerksamkeit, von Russland (Putin) flächenmäßig unter Vorschiebung völlig verdrehter Tatsachen komplett niedergebombt wurde. Wo sie mit 4!!! Kleinkindern fliehen musste und bis heute darum kämpft nicht abgeschoben zu werden (die Kinder sind mittlerweile allerdings erwachsen). Ich will die leidige Flüchtlingsdiskussion nicht erneut lostreten, aber beantworten konnte ich ihre Frage auch nicht. Manchmal frage ich mich selbst ob wir uns nicht „gutmenschlich“ zu sehr beweihräuchern. Ich finde das europäische Asylrecht gehört dringendst überarbeitet und dann ohne Unterschied, aber mit jeder Konsequenz, angewendet.
Der politische Grund dafür, dass man hier anders vorgeht, sind meines Erachtens die vertraglichen Grundlagen durch das Budapester Memorandum. Da Russland mit seinem Einmarsch in der Ukraine diesen Vertrag schon zum zweiten Mal gebrochen hat, musste man reagieren. Moralisch gesehen hat deine Bekannte aber Recht; in der Zeit der Tschetschenienkriege fand zum Beispiel die Annäherung zwischen Gerhard Schröder und Putin statt, und auch die USA haben sehr viel Kreide gefressen bzw. sind einen Kuhhandel eingegangen, indem sie Putin in Tschetschenien nicht am Zeug geflickt und nur öffentlich ihre Besorgnis geäußert haben. Allerdings hat sich für meine Begriffe auch die Haltung der USA gewandelt, die eigenen Nahost-Missionen sind granatenmäßig in die Hose gegangen, und die NATO-Osterweiterung wird im Gegenzug als großer außen- und sicherheitspolitischer Erfolg gewertet.
wenn sie seit mehr als 5 (oder waren es 7? nicht mein fachgebiet und ich bin zu faul zum nachschlagen) jahren einen subsidiären schutz hat kann sie eine niederlassungserlaubnis beantragen. da die kinder damals kleinkinder und jetzt erwachsen sind sollte das zutreffen. wenn sie die voraussetzungen (sprachkenntnisse, job, wohnung) nicht erfüllt können die ukrainer nichts dafür. die ukrainer haben letztlich nicht mehr und nicht weniger rechte als sie. sie bekommen jetzt erstmal subsidiären schutz und dann sieht man weiter. ich kann es auf den tod nicht leiden wenn jetzt die einen ausländer gegen die anderen ausländer ausgespielt werden. und wenn deine bekannte das als betroffene mitmacht dann ist das um so schlimmer. ich hatte erst letzte woche einen asylbewerber vor mir sitzen der seit 3 jahren anstandslos als spüler in einem restaurant arbeitet. vor 3 wochen wurde seine arbeitserlaubnis nicht verlängert mit dem argument dass ja jetzt die ukrainer kämen und denen würde man den job lieber geben als ihm. so schafft man künstliche animositäten.
Danke! Ich kann dir nur 100% zustimmen und es ist so traurig. Gewisse Parteien unterscheiden ja nun auch wieder zwischen den guten/echten und den schlechten Flüchtlingen.
Regelungen oder wer jetzt mehr oder weniger bekommt- es geht um das (mediale) Interesse, die Aufmerksamkeit der deutschen Bevölkerung und die Hilfsbereitschaft. Vielleicht liegt es an der erhöhten Nutzung sozialer Medien, keine Ahnung, aber ich empfinde es ganz genau so und verstehe es auch nicht wirklich.
Tschetschenien ist eine (autonome) Region in Russland, die Ukraine ein souveräner Staat (der flächenmäßig zweitgrößte in Europa). Das ist völkerrechtlich ein Unterschied. Natürlich ist auch eine kriegerische Auseinandersetzung innerhalb eines Landes nicht zu tolerieren. Trini
Tschetschenien ist kein souveräner Staat sondern eine autonome Teilrepublik in Russland. das ist keinerlei Rechtfertigung für militärische Übergriffe und kriegerische Handlungen, mach aber im Völkerrecht einen Unterschied. Ein Bekannter von uns ist Algerier, lebt seit über 20 Jahren in Deutschland, hat hier studiert (Ingenieur), ist mit einer deutschen verheiratet, sie haben ein gemeinsames Kind. Dennoch erhält er auf unabsehbare zeit nicht die deutsche Staatsbürgerschaft, weil er eben die Voraussetzungen nicht erfüllt. Er nimmt bzw. nahm Sozialleistungen in Anspruch. So kann es auch bei deiner Freundin sein. Oder sie hat sich eben nie darum gekümmert, den Status zu ändern, wie WonderWoman schreibt. Du vergleichst ein wenig Äpfel mit Birnen, Willst eigentlich keine Flüchtlingsdebatte führen, führst aber dann eine Flüchtlingsdebatte. Die Ungleichbehandlung von geflüchteten ist in Deutschland nicht neu und auch nicht durch Ukrainer*nnen ausgelöst. Nur aufgezeigt. Abe rman muss eben genau hinsehen und kann Einzelfälle nicht miteinander vergleichen.
Aber es sind bei allen Kriegen in jüngster Zeit (Jugoslawien, Tschetschen, Syrien) gerade in Österreich immer extrem viele Flüchtlinge aufgenommen worden. Wer weiß denn wie es mit denen aus der Ukraine in 2 Jahren aussieht.
Wie der Status der Ukrainer auf Dauer aussieht, weiß man nicht. Ich denke, auf die werden diese Probleme in einigen Jahren genauso zukommen.
Dass der Westen diesmal anders reagiert, hat m. E. zwei Gründe: Erstens hat Putin mehreren westlichen Politikern unverfroren ins Gesicht gelogen. In den Tagen und Wochen vor Beginn des russischen Angriffskriegs hat er westlichen Politikern, u. a. Scholz und Macron, wiederholt in persönlichen Gesprächen versichert, dass es sich nur um eine Militärübung handelt. Inzwischen haben auch die gutwilligsten Putinversteher kapiert, dass man den Russen nicht trauen kann. Sie lügen unverfroren, wenn es ihren Interessen entspricht, und sie brechen Verträge. Zweitens hat Putin mit seiner Rede, in der er der Ukraine die staatliche Eigenständigkeit abgesprochenund angekündigt hat, die Grenzen des Großrussischen Reichs von vor 1917 wiederherstellen zu wollen, ganz deutlich gesagt, dass er auf Landraub aus ist und die bestehenden Grenzen nicht respektiert. Das bedeutet u. a. auch, dass er über kurz oder lang auch über Polen, Ungarn, die Balten, Moldawien, Tschechien usw. herfallen will. Das war für den Westen ein klares Signal, dass wenn er den Russen nicht jetzt und heute Einhalt gebietet, unsere Welt in ein paar Jahren ganz anders aussehen wird. Hier ist nicht ein fernes Tschetschenien bedroht, sondern wir selbst sind bedroht. Wie Herr Selensky so schön sagt: "Die Ukraine kämpft auch für eure Freiheit." Deshalb der massive Einsatz des Westens.