Elternforum Aktuell

Rechts gelandet

Rechts gelandet

Mitglied inaktiv

Beitrag melden

Wer schon mal etwas von mir gelesen hat weiß, dass meine Eltern orthodoxe Juden sind. Meine Schwester ist nicht so ganz gut weggekommen im Leben: Schule war nicht so ihr Ding; Lehre hat sie mit ach und Krach geschafft und dann hat sich der Vater ihres ungeborenen Kindes abgesetzt. Meine Eltern mussten ihr oft und mit relativ großen Summen helfen, damit sie über die Runden kommt. Ihr Sohn ist mittlerweile 16 und als Baby war er mehr bei meinen Eltern, weil meine Schwester nicht so gut für ihn gesorgt hat. Inzwischen war sie verheiratet und ist fast geschieden und hat in den letzten zwei Jahren ihren Jungen wieder ziemlich vernachlässigt. Er ging dann immer zu meinen Eltern: um nicht allein zu sein oder um sich satt zu essen. Nun hat er eine neue *Familie*: die Autonomen Nationalisten. Ich habe meine Schwester gewarnt, aber sie stritt überhaupt ab, dass die Leute rechts sind. Der Junge ist nun schon bei Naziaufmärschen dabei gewesen und dabei auch von der Polizei erfasst worden. Seine Mutter findet das auch nicht weiter schlimm. Sie sagt, dass sie unser Gelabere über das Thema nicht hören will und nun ist er offiziell: der Junge darf sogar eine Naziflagge in seinem Zimmer haben-meine Schwester findet das normal. Ihr neuer Freund, ein (ehemaliger?) Hooligan scheint das auch zumindest zu tolerieren. Wir werden mit dümmlichen Sprüchen an die Wand diskutiert und ich überlege, den Kontakt abzubrechen, weil ich damit nicht leben will und kann. Ich möchte auch nicht, dass unsere Kinder das mitkriegen und möglicherweise auch noch beeinflußt werden. Andererseits bricht man eigentlich nicht so mit seiner Familie. Ich weiß nicht, was ich tun soll. Könnt Ihr mir einen Rat geben?


Mitglied inaktiv

Beitrag melden

Antwort auf diesen Beitrag

Da kann dir mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit wohl niemand DEN Tip geben. Das muss ja besonders für deine Eltern ein Horrorszenario sein... Ich glaube, solange deine Schwester ihm den Rücken stärkt, ist da nix zu machen... allerdings rennt euch die Zeit davon, denn: ist der Junge erst einmal 18, ist der elterliche Einfluss in diesem Umfeld garnichts mehr wert! Zum Einen erreicht ihr mit den Diskussionen zurzeit nur eine weitere Verhärtung der "Fronten" und zum Anderen bekommt deine Schwester so über das Abgleiten ihres Sohnes Aufmerksamkeit. Fallenlassen würde ihr zwar diese Aufmerksamkeit entziehen, ein Einsehen ihrerseits kann sich aber zeitlich bis zur "Volljährigkeit" ihres Sohnes ziehen. Eine widerliche Art, die eigene gescheiterte Existenz durch "Mißbrauch" des eigenen Sohnes übertünchen zu wollen... Vielleicht solltest du einmal beim Jugendamt oder der Kommune anfragen, ob es bei euch Selbsthilfegruppen ( nach "Mut gegen rechte Gewalt")oder Sozialarbeiter gibt, die helfen können. http://www.mut-gegen-rechte-gewalt.de/artikel.php?id=17&kat=17&artikelid=144 Ich hoffe, dass du deinen Neffen zu Liebe Erfolg haben wirst. LG, W


Mitglied inaktiv

Beitrag melden

Antwort auf diesen Beitrag

hallo ich kann mich wilma nur anschließen - er hat warscheinlich in dieser gruppe eine art familienersatz gefunden - gefunden was er zuhause vermisst - das jemand für ihn da ist sich für ihn interessiert - solange dies nicht der fall ist wird er kaum von dieser gruppe los kommen - es wäre noch eine möglichkeit im literatur anzubieten oder des öfteren ein gespräch - in denen man versucht nicht sofort alles zu verteufeln sonst blockt er ab - ach,ja sogar über die polizei besteht die möglickeit an adressen gegen rechts zukommen mfg pflaumenmus ach,ja es finden auch öfters in schulen veranstaltungen gegen rechts statt - termine erfährt man meist über die tageszeitung


Mitglied inaktiv

Beitrag melden

Antwort auf diesen Beitrag

Was sagen denn Deine Eltern dazu? Wenn sie den Jungen quasi mit aufgezogen haben, muß sie das doch wahnsinnig verletzen. Und wie steht er seinen Großeltern gegenüber? Wie kann er dahin gehen zu sattessen, und dann gegen Juden hetzen???? Ich kann Dir ganz schlecht raten, weil ich irgendwie auch immer hilflos vor diesen Menschen stehe. Die Reaktion ist: Nackte Wut, die aber eigentlich nur die eigene Hilflosigkeit übertüncht. Ich habe jetzt gerade überlegt, was ich tun würde, wenn Fumi mit sowas ankommen würde. Ich halte das zwar für eher unwahrscheinlich, weil sie selber schon Opfer von (verbalen) Nazi-Übergriffen wurde, aber man weiß ja nie. Wahrscheinlich würde ich versuchen, sie mit ein oder mehreren Zeitzeugen sprechen zu lassen. Mein Onkel war ein guter Freund von Pater Delp, der im Umkreis des Kreisauer Kreises wirkte und von den Nazis ermordet wurde. Er hat früher Vorträge darüber gehalten. Ich würde z.B. ihn bitten, Fumi davon zu erzählen. Leider sterben die Zeitzeugen weg. Könnten Deine Eltern sowas "leisten"? Haben sie persönliche Geschichten, Familiengeschichten, die sie ihm erzählen könnten (und ich meine auch "können" im Sinne von "können sie darüber reden")? Schwer, schwer. Vielleicht nimmt man ihn damit auch zu ernst? Vielleicht sollte man es als "pubertären Unsinn" abtun, so dass er es merkt? Ich würde einen Kontaktabbruch ernsthaft in Erwägung ziehen. Wobei meine Hauptmotivation der Schutz meiner Kinder wäre, die eben nicht nur dummen Ideen ausgesetzt wären (davor kann man Kinder soweiso nicht dauerhaft schützen), sondern auch potentielle Opfer einer solchen Einstellung sind. Gruß, Elisabeth.


Mitglied inaktiv

Beitrag melden

Antwort auf diesen Beitrag

Vielen Dank für Eure Antworten. Meine Eltern haben schon sehr oft mit ihm geredet und auch sehr eindrucksvolle Filme mit ihm angesehen, die bei jedem normalen Menschen wenigstens ein Nachdenken anregen würden.Mein Neffe hat altklug irgendwelche platten Parolen von sich gegeben. Meine Mutter ist sehr verzweifelt. Inzwischen hat sie sogar Angst, dass sie mal *Besuch* von seinen neuen Freunden bekommen. Ich habe heute gegoogelt und mit Schrecken gelesen, dass diese Gruppierung auch noch sehr gewaltbereit ist. Ich frage mich nur, wieso die Polizei nicht irgendwas macht, wenn so ein Kind bei solchen Demos (da war er teilweise zwei Tage am Stück unterwegs und erst 14-15 Jahre alt und meine Schwester hatte keine Ahnung davon)aufgegriffen wird, Und das ist zumindest schon zweimal der Fall gewesen. Ich habe auch schon darüber nachgedacht, das Jugendamt zu informieren. Aber was können die machen? Der Link von Dir, Wilma, ist interessant. Mal sehen, ob sich daraus was machen läßt. Meine Kinder werde ich nach Rücksprache mit meinem Mann zunächst fernhalten. Notfalls für länger oder immer.


Mitglied inaktiv

Beitrag melden

Antwort auf diesen Beitrag

hallo wegen der polizei nochmal , die können in dem fall auch nur mit den eltern ggf. noch jugendamt kontakt aufnehmen ----- wenn das allerdings bei der mutter nicht ankommt oder fruchtet können sie auch nichts weiter machen - verantwortlich für die erziehung ist die mutter mfg pflaumenmus


Mitglied inaktiv

Beitrag melden

Antwort auf diesen Beitrag

das seh ich, wie ihr euch vorstellen könnt, erheblich drastischer als meine vorrednerinnen, und ich würde erheblich entschlossener dagegen vorgehen. Und stellt dir mal vor, nurit, der junge wäre alkoholabhängig und würde nicht eine naziflagge, sondern eine buddl whiskey oder harte drogen in seinem zimmer herumliegen haben. dann würde man ohne jedes zögern entschlossen dagegen vorgehen, und nicht einfach nur sagen, naja, sinngemäß, je mehr man dagegen spricht, um so mehr verhärtet er sich, ist vielleicht nur eine pubertätsgeschichte etc.? oder? und dabei kann der wahnsinn dieser neonazi-gruppen für ein junges gehirn schädlicher und verhängnisvoller sein, als 80%iger alkohol oder eine pharma-droge. wenn er da tiefer reinsackt und von den leuten vereinnahmt wird, läuft er gefahr, eine neonazi-karriere einzuschlagen, die sein ganzes leben versaut und aus der er sich nicht mehr befreien kann. der ausstieg aus diesen gruppen ist sehr, sehr schwer, fast unmöglich, je später, um so schwerer. wenn euch, nurit, im familienfeld etwas an dem jungen liegt, dann müsst ihr klar position beziehen. auch und gerade wenn es "nur" im moment eine pubertätsgeschichte ist (was ich fast bezweifle nach dem, was da offensichtlich schon abgegangen ist bisher bei und mit dem jungen buben). Nurit, du bist eine intelligente frau, deine familie sind sicher alles intelligente leute - ihr werdet doch, um himmels willen, gegen den menschenverachtenden schwachsinn, den das 16-jährige bürschchen da aufschnappt und nachplappert, argumente haben. und wenn er eure argumente jetzt nicht an sich heranläßt - sie werden in ihm nachhallen, wenn er nicht ganz meschugge ist, und sie werden ihm, wenn nicht jetzt, dann später helfen. kappt die leine nicht zu ihm, die euch mit ihm bisher wohl noch verbindet. und NICHT, indem ihr ihm das gefühl von verständnis gebt, dergestalt, dass er am ende denkt, ihr würdet ihn oder den gefährlichen blödsinn, dem er da nachläuft, auch noch verstehen. sorry, das hilft ihm nicht. da würde er eher das gefühl kriegen, aha, ein bisschen haben meine kumpels ja doch recht. ich würde ihm klar verdeutlichen: ich stehe zu dir, aber ich stehe nicht zu deinem blödsinn und den verbrechergruppen, in denen du dich aufhältst. 2 reale beispiele: eine freundin von mir hat ihren sohn sehr aufgeklärt erzogen, kritisch und geschichtsbewusst etc. mit 16 hat er sich den kopf kahlgeschoren und hat mal eben auf opposition gemacht, weil er wusste, dass das seine mutter (ihr vater hatte im 2. ww schäferhunde gezüchtet und trainiert, die auf menschen abgerichtet waren und wie meine feundin später alleine herausfand, auch gegen kinder eingesetzt wurden) auf die palme bringen würde. aber sie hat nicht locker gelassen. und er wusste, da wird er bei ihr keine schwachen stellen finden, und auch keine argumente. er selber war ja auch nicht dumm. naja, und so mit 19 wurde er wieder das kecke, selbstbewusste, sehr intelligente bürschchen, das in ihm steckte, und das seine mutter in ihm angelegt hatte und dann wieder sanft, aber unnachgiebig aus ihm herausgekitzelt hatte (bildlich gesprochen; denn äußerlich ließ sie ihn schon ohne leine und doppelten boden auf den sumpf zutapsen, bloß immer mit blickkontakt zu dem herumirrenden kind natürlich). so, und der andere quasi gegenteilige fall, in meinem näheren kreis, bei dem es sich bei gott um keine pubertäre phase handelte: die mutter hat ihren sohn nach ihrer zerrütteten ehe alleine in einer großstadt zurückgelassen, als der 16 war, hat sich nicht viel bzw. gar nicht um ihn gekümmert, vorher schon nicht, er triftete ganz typisch voll in die "szene" ab, die mutter hat nicht nur nichts dagegen gemacht, sondern im gegenteil ihm noch zunder gegeben: "mein sohn hat doch recht, scheiss ausländer; scheiss türkenpack, gehören alle raus oder eingesperrt oder sonst was. Der hitler hat das schon richtig gemacht, da gabs keine verbrechen. ihr werdet schon noch alle sehen..." naja, der sohn, der die nicht übermäßige intelligenz von seiner mutter hat, um es mal vorsichtig auszudrücken, hat denn auch in der folge ungebremst eine richtige "karriere" gemacht, die sein ganzes leben und das von ein paar anderen menschen zerstört hat, innrlich zerrissen und voller hass bis zum stehkragen, etliche verbrechen begangen, nach 20 jahren sznene-karriere keine chancen auf ein normales leben mehr, keinen job, keine ausbildung, nur schulden, dutzende oder noch mehr haftbefehle, mitten drin, so richtig kriminell, mit taten, die man nur ahnen kann (wie weit gewalt geht bei diesen gruppen, wissen wir zu teil; in ihren sog. „parteiprogrammen“ stehen mord und totschlag expressis verbis an erster stelle) und vollkommen verblödet und mit einem kranken feindbild im kopf, mit dem er eigentlich in psychiatrische behandlung gehört. also: ich kann nur appellieren, nurit: gebt den jungen nicht auf; bleibt am ball; auch und vor allem argumentativ. Je früher ihr da klare linien zieht, um so mehr chancen habt ihr. Schaut genau hin, wie weit er schon drinsteckt, wie gefährlich ihm die szene schon geworden ist. und ihm muss klar werden: mit eben mal gegen die alten zuhause aufbegehren hat eine menschenverachtende und kriminelle ideologie oder hat ein abtriften in eine verbrecherkarriere nun aber gar nichts, rein gar nichts zu tun, das muss ihm klar werden. nun gut, ich weiss nicht, wie eng ihr verbandelt seid, dass du da nahe genug an den neffen herankommst. Und wie sehr du selber dich da engagieren kannst und willst. Das ist ja alles sehr schwer. Ich bin aber z.b. der meinung, dass ihm familiäre nähe mehr hilft als tausend bände literatur oder dutzende von seminaren – die sind viel zu abstrakt und erreichen nicht sein herz, ums mal gefühlig auszudrücken, und können nur flankierende maßnahme sein. Naja, und seine mutter braucht ja wohl auch „hilfe“. viele grüße von old mama


Mitglied inaktiv

Beitrag melden

Antwort auf diesen Beitrag

Liebe Old Mama, falls Du mich meintest mit dem "Pubertären Dummheiten": Ich sehe das mehr so als Strategie. Daß man ihm zeigt, daß man dieses ganze Gedöns für dermaßen dumm hält, daß es sich gar nicht lohnt, darüber zu diskutieren. Daß man ihn für einen "dummen, hormongesteuerten Pubertisten" hält und ihm diese Dummheit als Pubertisten-Dummheit in die Schublade "er regrediert aif Kindergarten-Niveau" legt und wartet, bis er wieder "normal" wird. Ich habe bei anderen Pubertäts-Dummheiten mir anderen Jugendlichen damit gute Erfahrungen gemacht. Ich glaube, daß ein Kind (und das ist man noch mit 14, 15, 16 Jahren) sowas nicht aus Überzeugung tut, schon gar nicht mit dem familiären Hintergrund. Der will was! Nur was? Aufmerksamkeit? Familienersatz? Spiel, Spaß, Spannung? Freunde? Wichtig wäre halt, ihm das, was er sucht, auf einer anderen Ebene zu geben. Und wenn man die Ideologie seiner "Freunde" ganz aus dem Fokus nimmt und nur nebenbei als "Kindergarten-Gewäsch" abtut ("So dumm, daß eine Diskussion darüber die Intelligenz beleidigt") - ich glaube, daß das Erfolg haben kann. Im Grunde WEISS er es doch. Er ist aufgewachsen in einem Umfeld, wo diese Ideologie offensichtlich besprochen und diskutiert wurde. Er braucht die Argumente nicht noch tausend mal hören, weil er sie kennt. Das wiederholte Vortragen von bekannten und offensichtlichen Tatsachen führt bei Pubertisten aber oft zu Trotzreaktionen. Wenn man sich aber hinstellt und eine Haltung einnimmt, die sagt: "Du weißt, was ich davon halte, wir haben das oft genug diskutiert, und ich halte Dich grundsätzlich für klug genug, die richtigen Dinge zu sehen, nur im Moment bist Du halt ein bissi pubertär verblendet - das gibt sich wieder." - dann macht man seine Verachtung für diese Ideologie deutlich, ohne dem Kind immer wieder neu eine Trotz-erzeugende Diskussion aufzuzwingen. Andere Baustelle, aber doch ein Beispiel: Ich konnte mich erst von meinem Mann lösen, als meine Mutter aufhörte, ihn mir ausreden zu wollen. Vorher war ich dermaßen damit beschäftigt, ihn vor meiner Mutter zu rechtfertigen, daß ich seine "Nachteile" gar nicht an mich ranlassen konnte, ich mußte ja gebetsmühlenartig seine "Vorteile" vortragen (die Quatsch waren, die hatte er mir eingeredet). Und: Ja, mein Verhalten an der Stelle war pubertär, das weiß ich auch, das arbeite ich seit Jahren mit meiner Therapeutin auf *grins*. Gruß, Elisabeth.