Nochmal Winnetou

Witzig, ich habe nämlich sofort, nachdem bekannt gegeben wurde, dass die Bücher (u.a aus Einsicht wegen negativer Kritiken auf Instagram) zurückgezogen wurden, auf deren Instagramseite nach negativen Postings gesucht und gar nichts gefunden, da waren ungefähr 60 Postings und ganz neu der bearbeitete Text, dass die Bücher nicht mehr ausgeliefert werden. Was mich nur wundert, Ravensburger hat ja nun gar nichts davon, außer sie bringen die Bücher demnächst wieder auf den Markt, dann könnten sie eine riesige Auflage drucken

Wobei es da ja nur um das neue Buch, "Der junge Häuptling Winnetou" geht. Der Film wird weiter gespielt. Karl May Bücher sind weder verboten, noch aus dem Verkauf genommen. Und die ARD hat die Lizenzen für die Filme schon 2020 auslaufen lassen. Aber die BILD hatte eine schöne Schlagzeile.

Das ist sehr schön aufgedröselt und zeigt, wie gut es als Geschäftsmodell funktioniert, solche Scheindiskussionen riesengroß aufzublähen. Ein wacherer, kritischerer Umgang mit diesen medialen Mechanismen wäre wirklich wünschenswert. Eine Kollegin schrieb kürzlich, sie wolle die Hoffnung noch nicht ganz aufgeben, dass nach dem Mittelalter- und Inquisitionsgebahren, das aktuell noch im Internet und den sozialen Medien vorherrsche, irgendwann doch so was wie Aufklärung und dann irgendwann auch echte demokratische Auseinandersetzung einkehren. Wäre schön, wenn's so wäre.

Ich ärgere mich, dass ich selber darauf reingefallen bin, und mich gefragt habe, wieso es da so eine Aufregung gibt, statt mich erstmal zu fragen, ob es die Aufregung tatsächlich gibt. Aber es funktioniert ja wunderbar - der erste Winnetou-Aufreg-Thread hier hatte 170 Antworten, der zwei Winnetou-Thread gerade mal 6. Die Mechanismen funktionieren also beschissen gut und es wird hängen bleiben, dass Winnetou von der Woke-Bewegung (oder was auch immer) hinterrücks erdolcht wurde - statt dass es den angeblichen Shit-Shorm gar nicht gegeben hat. Offenbar.

Ich halte es weiterhin für eine gute PR Inszenierung. Nach jüngsten Erkenntnissen halt nicht mehr für Ravensburger sondern zugunsten des Springer Verlags. Dass es sich um eine bewusste Inszenierung der ‚Cancel Culture Anhänger versus woke Bewegung’ handeln soll, halte ich aber für mindestens ebenso polemisch, wie das Diskussionsthema selbst. Aber auch ich hab mal kurz Luft geschnappt.

"Dass es sich um eine bewusste Inszenierung der ‚Cancel Culture Anhänger versus woke Bewegung’ handeln soll, halte ich aber für mindestens ebenso polemisch, wie das Diskussionsthema selbst." Ich glaube ja, dass ganz viel von diesem Aufhetzen verschiedener gesellschaftlicher Gruppen gegeneinander - nennen wir sie jetzt mal etwas schablonenartig "jung-urban-links-progressiv-woke" und "alt-ländlich-rechts-konservativ-wertetreu" von der Springer-Presse befeuert wird, um sich einen Markenkern überhaupt erst zu schaffen und sich als Alternative zu den ÖR-Medien anzubieten, die inzwischen den Medien-Mainstream beherrschen. Früher war das halt lange die Springer-Presse, die von links dafür angegangen wurde.

Aber immer mit dem Ziel Verkaufszahlen zu steigern. Und dafür mag ich mich nicht hergeben, ganz egal, wo man mich ordnen möchte.

Ja klar, es geht um Marktanteile, egal ob Print oder Fernsehen. Andererseits würde ich auch nicht ohne Journalismus, egal ob Berichterstattung oder Kommentar, leben wollen, denn mir fehlen sowohl die Zeit als auch die Kompetenz, aus meiner Froschperspektive Dinge richtig einordnen zu können. Und da nehme ich im Zweifelsfall lieber das, was der "Mainstream" (von dem ich einigermaßen weiß, wie er arbeitet) anbietet als das, was die Boulevardpresse aus irgendwelchen dunklen Kanälen fischt. Bzw. von diesen dunklen Kanälen sogar direkt gespeist wird, wenn das mit Erfolgsaussichten verbunden ist.