Mitglied inaktiv
... ein Beleg dafür, dass auch schon In den Nullerjahren alle hätten Bescheid wissen können über Putin, insbesondere ein gewisser Gerhard Schröder, der ihm bescheinigte, er sei ein lupenreiner Demokrat. Der nachfolgende Artikel stammt aus einem SZ-Magazin von 2005, verfasst von der russischen Regimekritikerin Anna Politikowskaja, die im Oktober 2006 vom Kreml ermordet wurde. Er zeigt, wie wenig sich seit damals geändert hat, das Strickmuster war und ist das gleiche: "Ich, Putin, Präsident und Diktator Schritt für Schritt schafft Wladimir Putin die Demokratie in Russland ab. Der Westen schaut zu und hofiert ihn weiter. Von: Anna Politkovskaja Anfang Mai fand in Moskau ein unwürdiges Spektakel statt. Es hieß Siegesfeier und die politische Crème de la Crème Europas und der Welt war zu Gast: US-Präsident George W. Bush, Frankreichs Staatspräsident Jacques Chirac und natürlich Bundeskanzler Gerhard Schröder, der sein Verhältnis zu Russlands Präsident Wladimir Putin so beschreibt: »Es ist eine Beziehung über das Politische hinaus.« Die Feierlichkeiten zum Jahrestag des Endes des Zweiten Weltkriegs waren der vorläufige Höhepunkt des Versuchs der russischen Regierung, den Stalinismus mit allen Mitteln zu rehabilitieren. Schon Monate vor dem 9. Mai wurde der Öffentlichkeit vermittelt, Stalin habe Russland den Sieg im Zweiten Weltkrieg gesichert, dieser Sieg sei nur dank seiner Weisheit möglich gewesen. Das Baltikum sei nicht okkupiert worden und der Molotow-Ribbentrop-Pakt zwischen der Sowjetunion und Hitler-Deutschland kein fataler Fehler gewesen, sondern ein vorzüglicher Schachzug. Eine Geschichtsklitterung, von der man gehofft hatte, sie sei gemeinsam mit der Sowjetunion untergegangen. Die Gehirnwäsche begann in der zweiten Jahreshälfte 2004 und sie dauert bis heute an. So schlug Boris Gryslow, Vorsitzender des russischen Parlaments und enger Vertrauter Putins, kürzlich vor, Stalins Geburtstag »richtig« zu feiern: unter Anerkennung der positiven historischen Rolle des Sowjetführers. Unablässig verkünden die von der Regierung kontrollierten nationalen Fernsehkanäle den Kerngedanken des Stalinismus: Der Einzelne ist nur ein »Schräubchen«, es zählt allein der historische Prozess. Doch tatsächlich geht es Putins Stab bei dieser Propaganda gar nicht um Stalin, sondern um die Rechtfertigung der Methoden des russischen Präsidenten selbst. Systematisch wird die Bevölkerung so auf einen alten Führertypus in neuem Gewand vorbereitet: einen vermeintlichen Demokraten, der für sein Volk kämpft, indem er einen Teil des Volkes ausrottet. Auch in Tschetschenien – so die Schlussfolgerung – brauchen die Russen »allein den Sieg« und sollen deshalb »nicht auf den Preis schauen«, wie es in einem berühmten Lied über den Großen Vaterländischen Krieg heißt. Nur dass der Sieg diesmal im Kampf gegen den »internationalen Terrorismus« errungen werden soll. Anfang Mai gab es noch einen weiteren Jahrestag zu feiern: den der Amtseinführung von Wladimir Wladimirowitsch Putin, dem zweiten Präsidenten Russlands und Nachfolger Boris Jelzins. Der Inthronisierung Putins im Kreml im Jahr 2000 war seine Wiederwahl im März 2004 gefolgt. Fünf Jahre ist er also nun im Amt, Zeit genug, um einmal die Frage zu stellen, was er bisher für unser Land geleistet hat. Die Antwort vorweg, auf einen Punkt gebracht: nichts Gutes. Unter Jelzin war Russland auf halbem Wege zu einer Demokratie, heute ist unsere Staatsordnung durch und durch autoritär-oligarchisch. Putin hat Jelzins Wirtschaftsfreunde durch eigene ersetzt und seinen Getreuen aus Geheimdienstzeiten nicht nur die lukrativsten Stücke aus dem Besitz der vormaligen Jelzin-Protegés zugeschanzt, sondern ihnen auch zu höchsten Staatsämtern verholfen. Mit dem Ergebnis, dass die Grenze zwischen Großunternehmertum und staatlichem Wirtschaftssystem, zwischen Business und Staatsdienst zusehends verschwimmt. Dabei entstand ein korruptes System, das alle Verwaltungsinstanzen, sämtliche Strukturen zum Schutz der Rechtsordnung und das gesamte Justizsystem befallen hat. Begannen die Gerichte unter Jelzin, sich als Institution zum Schutz der Rechte der Bürger und der Gesellschaft vor dem Staat zu entwickeln, sind sie heute wieder eine Abteilung des Kreml. Genauso wie die Generalstaatsanwaltschaft. Und auch die Medien, die vierte Säule in einer funktionierenden Demokratie, sind mundtot. All dies wird überschattet von dem Krieg in Tschetschenien, der die Gesellschaft Russlands insgesamt verändert. Er ist längst nicht mehr nur ein lokaler Konflikt, sondern ein Instrument zur Militarisierung des Landes. Der Grund dafür, dass dieser zweite Tschetschenien-Krieg, offiziell »Antiterror-Operation« genannt, nun seit mehr als fünf Jahren anhält, ist einfach: Putin und Tschetschenien sind untrennbar miteinander verbunden. Der Präsident verdankt sein Amt vor allem der Tatsache, dass im September 1999, weniger als ein halbes Jahr vor seiner Wahl, im Nordkaukasus – Tschetschenien, Dagestan und Inguschetien – ein Krieg entfacht wurde. Denn nur ein Krieg konnte aus dem vollkommen unbekannten Funktionär Wladimir Putin, der kein Programm und keine Vision hatte, einen ernst zu nehmenden Präsidentschaftskandidaten machen. Auf diese Logik setzte nicht nur sein PR-Manager Gleb Pawlowski, sondern auch Putin selbst. So wie der Krieg Putin zum Präsidenten machte, machte Präsident Putin den Krieg. Nach seiner Wahl hätte sich der Präsident an den Verhandlungstisch setzen und einen Friedensvertrag unterzeichnen können. Doch Putin führte den Krieg fort, betreibt ihn bis heute, hat die »Antiterror-Operation« zu einem endlosen Grauen werden lassen, bei dem die wichtigste Methode der Militärs darin besteht, wahllos Zivilisten zu verhaften und ohne Gerichtsprozess umzubringen. Der Krieg tobt seit fünf Jahren, Putin herrscht seit fünf Jahren. Die Zahl der Opfer in Tschetschenien lässt sich nur noch in zigtausenden benennen, genau hat sie niemand ermittelt. Zehntausende Soldaten und Offiziere verloren ihr Leben, ebenso hoch ist die Zahl der Verwundeten. Zehntausende Zivilisten in Tschetschenien, Dagestan und Inguschetien wurden getötet oder verschwanden spurlos. Ein eingefrorener Krieg, in dem die Vernichtung eines Teils der Bevölkerung inzwischen zu einer alltäglichen, barbarischen Routine geworden ist. Während der ersten Kriegsjahre hegten viele – darunter auch ich – noch Illusionen: Vielleicht weiß der Präsident ja gar nicht, was dort geschieht? Vielleicht ist die Armee außer Kontrolle geraten und handelt auf eigene Faust, wenn sie die Tschetschenen als Menschen zweiter Klasse demütigt, willkürlich foltert, ausraubt, vergewaltigt, quält? Derartige Rechtfertigungsversuche haben sich längst als haltlos erwiesen: Alles, was die russische Armee in Tschetschenien, Inguschetien und Dagestan angerichtet hat und bis heute anrichtet, steht unter Putins Kontrolle. Die Verfassung der Russischen Föderation macht ihn als Oberbefehlshaber der Streitkräfte zum Hauptakteur in dieser russisch-tschetschenischen Hölle. Es ist Putins Politik, sein ganz persönlicher, stecken gebliebener Blitzkrieg mit deutlich rassistischem Einschlag und der verheerenden Strategie einer »Tschetschenisierung« des Konflikts: Die Regierung hat in Grosny ein Moskautreues Marionettenregime installiert und hofiert die skrupellosesten, finstersten Gestalten Tschetscheniens. Wenn die russischen Geheimdienste, die dem Staat unterstehen und ihre Finanzen aus dem Staatshaushalt beziehen, nach wie vor Menschenraub betreiben, ihre Opfer ohne Ermittlungsverfahren und Gerichtsverhandlung foltern und umbringen, dann handelt es sich schlicht um einen vom Kreml dirigierten Staatsterrorismus. Diese Politik führt auch dazu, dass der tschetschenische Widerstand immer radikaler wird; dass eine ständig wachsende Zahl von Gewaltbereiten Rache üben will für den Tod oder das spurlose Verschwinden ihrer Angehörigen; dass in Russland fürchterliche Terrorakte geschehen. Während seiner gesamten Herrschaft, besonders aber in den letzten Jahren, nach den Geiselnahmen im Musical-Theater »Nord-Ost« 2002 und in der Schule von Beslan 2004, hat Putin alle Vorschläge für eine Beilegung der Tschetschenien-Krise vom Tisch gewischt. Putin, der immer mehr messianische Züge eines unfehlbaren Zaren an den Tag legt, akzeptiert nur seinen eigenen, längst diskreditierten Plan. Und der Westen lässt Putin nicht nur gewähren, sondern stützt ihn: »Für uns«, sagt Bundeskanzler Gerhard Schröder, »war, ist und bleibt die Solidarität mit Russland und seinem Präsidenten beim Kampf gegen den Terrorismus selbstverständlich.« Am 8. März 2005 versperrte Putin sämtliche Wege, die zu einem baldigen Frieden in Tschetschenien hätten führen können. In der Gebirgssiedlung Tolstoi-Jurt liquidierten eigens aus Moskau eingeflogene Spezialeinheiten des Inlandsgeheimdienstes FSB Aslan Maschadow, den Kopf des tschetschenischen Widerstands und 1997 rechtmäßig gewählten Präsidenten des Landes. Auf Anordnung Wladimir Putins wurden sämtliche Teilnehmer der Operation mit staatlichen Auszeichnungen bedacht. Die Tötung des Rebellenführers erklärte der erste Mann Russlands öffentlich zu einem großen Sieg der Streitkräfte und erteilte Weisung, Maschadows Leichnam nicht an seine Familie auszuhändigen. Warum nun ließ Putin Maschadow gerade zu diesem Zeitpunkt umbringen? Es gibt vor allem zwei Gründe, der erste entspringt einem politischen Kalkül, der zweite hat mit der Person Putins zu tun. Lange Jahre war Aslan Maschadow der virtuelle Führer des tschetschenischen Widerstands und genau in dieser Eigenschaft passte er Putin ins Konzept. Der russische Präsident wurde nicht müde, der Öffentlichkeit einzureden, Maschadow sei ein Nichts, vollkommen unbedeutend und ohne Anhängerschaft. Tatsächlich saß Maschadow, symbolisch ausgedrückt, irgendwo »in den Bergen«, und wer ihm unterstand, wen er befehligte, blieb im Dunkeln. Seine Befehle erteilte er per Internet, Journalisten und erst recht Politiker hatten keinerlei Zugang zu ihm. Doch seit dem Herbst des vergangenen Jahres begann Maschadow sich für eine friedliche Lösung des Konfliktes zu engagieren, was auch im Westen wahrgenommen wurde. Im Januar dieses Jahres rief er einen einseitigen Waffenstillstand aus – den einzigen in mehr als fünf Kriegsjahren. Ende Februar fand in London ein Treffen zwischen den russischen »Soldatenmüttern« und Bevollmächtigten Aslan Maschadows statt, an der auch Abgeordnete des Europaparlamentes beteiligt waren. Am Ende der Zusammenkunft wurde das so genannte Londoner Memorandum unterzeichnet, das eine militärische Lösung des Konfliktes ausschließt und weitere Friedensbemühungen festschreibt. Etwas Derartiges hatte es in der gesamten Kriegszeit nicht gegeben. Und nach dem Willen Putins sollte es das auch nicht wieder geben. Der ehemalige Funktionär kann es nicht ertragen, wenn ihm jemand die Initiative entreißt und dafür auch noch Beifall bekommt. Putin versteht dies als Versuch, ihn zu düpieren, in den Augen der führenden Staatsmänner herabzuwürdigen. Eben dieser Charakterzug Putins wurde auch Michail Chodorkowski und dem Ölkonzern JUKOS zum Verhängnis. Chodorkowski hatte Putin herausgefordert, wenig später fand er sich im Gefängnis wieder, sein Unternehmen wurde zerschlagen, aufgekauft von denjenigen, die Putins Feldzug gegen Chodorkowski unterstützt hatten, um sich einen großen Teil des Unternehmens einzuverleiben. Chodorkowski zahlt damit die Zeche, stellvertretend für die gesamte so genannte Jelzin’sche Oligarchie, die sich unter Putins Vorgänger außerordentlich sicher gewähnt und darauf gesetzt hatte, ihre Positionen unter seinem Nachfolger festigen zu können. Doch je länger Putins Amtszeit währte, umso weniger mochte er nur als Nachfolger gelten. Er wollte selbst Zar sein, sogar ein noch größerer als »Zar« Boris Jelzin. Und begann sich derjenigen zu entledigen, die wussten, wie wenig die Putin-Herrschaft ihrer Substanz nach die eines guten Zaren ist. Und welche Rolle spielt das russische Volk? Wie reagiert die Öffentlichkeit? Die Zivilgesellschaft? Die Intellektuellen? Vor dem Hintergrund der Revolutionen in den ehemaligen Sowjetrepubliken wie der Ukraine, Georgien und Kirgisien? Nicht das blutige Gemetzel in Tschetschenien, nicht das Grauen der Terroranschläge wie dem von Beslan haben die Russen zumindest ansatzweise aus ihrer passiven Pro-Putin-Haltung herausgerissen. Sondern das unübersehbare Versagen der Putin’schen Außenpolitik gegenüber dem so genannten nahen Ausland, den GUS-Staaten, besonders der orangefarbenen Revolution in der Ukraine. Der politisch engagierte Teil der russischen Gesellschaft ist hin und her gerissen, auf wessen Seite er eigentlich stehen will: der des Volkes oder jener der Macht. Und die Gegner Putins bleiben in ihre Grabenkämpfe verstrickt und können sich nicht einig werden, auf welcher Basis eine vereinigte demokratische Partei entstehen soll. Ein fast sektiererisches Gezerre, das bereits mehrere Monate währt. Würde morgen in Russland eine Revolution ähnlich der in Kirgisien oder der Ukraine losbrechen, geschähe dies mit Sicherheit nicht in den Hauptstädten, sondern in der Provinz. An der Spitze der Opposition gegen das Putin-Regime stünden dann aber keine Demokraten, sondern ultrarechte russische Nationalisten. Dieses Versagen der demokratischen Kräfte ist umso fataler, als der Kreml gerade versucht, eine Verfassungsänderung durchzusetzen, die dem Präsidenten auch nach dem Ende der jetzigen Amtszeit 2008 die Herrschaft sichert; die Fortsetzung der Ära Putins; des ehemaligen Direktors des Inlandsgeheimdienstes; des Kämpfers gegen Oligarchentum und »internationalen Terrorismus«; des Hochgebirgsskiläufers und Judokas; des Mannes, von dem Bundeskanzler Schröder sagt, er sei ein »lupenreiner Demokrat«. (Quelle: https://sz-magazin.sueddeutsche.de/aussenpolitik/ich-putin-praesident-und-diktator-73122?fbclid=IwAR2h-YDc0p7hC0uVZgmf2Wgv1GkRks7vv0xt5hh8afX_q6ZLZ3MRnrl5RXo)
Danke fürs Teilen! Es ist wirklich erschütternd.
Das macht Nord Stream 2 noch absurder. Ich hoffe, man lernt für die Zukunft.
Nordstream 2 ist entstanden, weil Russland Gas verkauft und wenn alle Gasleitungen nach Europa Nordstream heißen würden, dann wäre es schon Nr. 5, mindestens. Ich kapiere bis heute nicht, was an einer Leitung so schlimm sein soll(okay vielleicht durch diese Umweltstiftungsgründung oder dass die an der Ukraine vorbei gebaut worden ist und der Ukraine deshalb viel Geld entgeht. Geschenkt, wir wollten halt wirtschaftliche Beziehungen mit einem Despoten und unabhängig von irgendwelchen Konflikten zuverlässig Gas einkaufen. Dass wir heute so sehr damit hadern, ist reine Selbstkasteiung. Wir waren ja noch nach dem Kalten Krieg in einem vorsichtigen Aufbau wirtschaftlicher Beziehungen. Das ist ja heute nunmal alles so global, wir pflegen auch besonders gute wirtschaftliche Kontakte zu anderen Ländern, die keine Demokratien sind (die anderen demokratischen Länder haben wahrscheinlich nicht die Rohstoffe oder unterdrückten billigen Arbeitskräfte). Meiner Meinung nach müsste Politik und Wirtschaft mehr getrennt werden, genauso wie Kirche und Staat. Ansonsten sollten wir aufhören global zu denken, und unsere eigenen Solarzellen herstellen, sichere Kernkraftwerke bauen, Tabletten, Autos, Klamotten usw. innerhalb der EU produzieren. Unabhängig werden. Das kostet aber, braucht Zeit, der Gürtel muss eng geschnallt werden, ein bisschen Vorahnung haben wir ja schon.
Es gab schon einige Kritiker an Nord Stream 2, allen voran die Grünen mit Annalena Baerbock. Nicht mehr global zu denken können wir uns gar nicht leisten. Die Rohstoffe, die gebraucht werden, haben wir nicht in ausreichender Menge in der EU. Aber die Abhängigkeiten besser verteilen wäre ein Ansatz.
…. Mit dem Ansatz des „breiter aufstellen“. Kauf ich viel von A bekomme ich den günstigsten Preis. Kauf ich wenig von A, dazu von B und von C wird es teurer. Das meiste Gas benötigt die Wirtschaft. Höhere Gaskosten, niedrigere Löhne. Niedrigere Löhne, niedrigerer Lebensstandard. Hinzu kommt, woher nehme ich meine benötigten Brennstoffe? Welches Land ist politisch und umweltpolitisch so perfekt aufgestellt um den Vorstellungen zu genügen? Eventuell schauen wir mal bei uns selbst zuerst herab. Auf unsere, oft absurden Befindlichkeiten, die wir selber hegen und pflegen um Anderes so schwer wie möglich zu machen. Windkraft vor meiner Haustür, nein danke. Biogasanlage, um Gottes Willen! Holz gezielt nachwachsen zu lassen, wo bleibt die Diversität? Da kann man die Liste ja lang werden lassen. Sobald es auch beim letzten Endverbraucher mal über die Nebenkostenabrechnung angekommen ist (im Moment ist es das nämlich noch nicht) wird das große jammern nach preiswerteren Rohstoffen erst noch einsetzen. Von daher, Politik ist immer nur am Stammtisch einfach.
Du hast völlig recht. Die Konsequenzen sind nicht ohne. Aber irgendwann werden wir für unseren Lebensstil bezahlen müssen. Diese Einsicht ist aber noch lange nicht angekommen.
Ohne die anderen Punkte in deiner Aufzählung in Abrede stellen zu wollen, zu diesem Punkt: "Hinzu kommt, woher nehme ich meine benötigten Brennstoffe? Welches Land ist politisch und umweltpolitisch so perfekt aufgestellt um den Vorstellungen zu genügen?" Das wird ja von der Opposition oft angeführt, gerade jetzt auch in Zusammenhang mit dem "Bückling" in Katar. Und ist natürlich nicht von der Hand zu weisen. Trotz allem ist es gefährlich, sich bewusst einem solchen "Klumpenrisiko", wie Habeck das so schön genannt hat, auszusetzen, weil es bequem und billig ist. Sich zu über 80 Prozent aus einer einzigen Quelle zu speisen, ist einfach fehlende Risikostreuung.
Ja, das stimmt - wir stehen uns doch oft selbst im Weg. Ich erlebe es gerade in unserer Umgebung ; gegen alle geplanten erneuerbaren Energien gibt es Widerstand von genau denselben Leuten die dauernd danach schreien - paradox !
Der Fehler ist nicht, dass wir Geschäfte mit einem Despoten gemacht haben. Das lässt sich in dieser globalisierten Welt nicht verhindern, sondern dass wir uns bei Rohstoffen, die für unsere Wirtschaft und unser Land insgesamt von überragender Bedeutung sind, von einem einzigen Anbieter komplett abhängig gemacht haben und dass wir aus Gier weggeguckt haben, als sich bereits deutlich abzeichnete, dass er den Pfad der Tugend verlassen wird. Dabei muss man nicht einmal Wissenschaftler/Politiker sein, um das zu erkennen, das sollte einem der gesunde Menschenverstand schon sagen. Es war auch schon sehr deutlich über viele Jahre selbst für nur zeitungslesende Laien erkennbar.
ja, Abhängigkeiten verteilen wäre besser, sinnvoller. Aber der russische Markt war dann ja plötzlich offen, es gibt nunmal kein besser erreichbares Land mit einem riesigen Vorrat an Rohstoffen. Zeig mir denjenigen, der da nicht zugreifen würde, neue Märkte erobern war doch immer toll. Und wie schön klingt es, verdreckte Kohle nicht mehr im eigenen Land zu fördern, sondern billiger in Russland zu kaufen, Liefergarantien bis in die weite Zukunft, ein schier unendliches Gasvorkommen (relativ saubere Energie). Hätte ja auch gutgehen können. Aber jetzt kommt ein neues Kapitel. Keine Kohle mehr, kein Eisenerz, vielleicht kein Gas mehr, auch auf Druck der Ukraine. Warum auch immer, die bekommen ja auch noch ihr Geld von Russland für die Gasdurchleitung. Denen können wir auch zukünftig keine Panzer bauen, weil die Dinger aus Stahl sind und es uns sogar inzwischen an Nägeln mangelt. OK, die letzten Sätze vergiss, das ist Stammtischgesülze, aber wahres...
…. jeder auf seine eigene kleine Art und Weise. Billiges Fleisch, billiger Urlaub, billiges Gemüse, billige Wohnung und billiger Handwerker. Und auch - logisch - billige Energie. Heiße Diskussionen von Mieterverbänden, bitte nur vom günstigsten Anbieter nach dem Gebot der Wirtschaftlichkeit! Wir sollten alle unsere Füße ganz schnell stillhalten!
Das ist jetzt eh vorbei. Und für die Zukunft sollte man sich ganz genau überlegen, welchen Preis man für „ billig, billig“ bereit ist zu zahlen.
Wir sind durch Politiker, die enorm viel verdienen in genau dieses Abhängigkeit gebracht worden. Gewarnt wurde ausreichend und die Warnungen aus Gründen ignoriert. Und jetzt sollen ALLE schuld sein?
da sprichst Du nicht für mich von Deinen Beispielen trifft überhaupt keins auf mich zu, höchstens die Wohnung, die ist aber im Mietspiegel in der teuersten Klasse angeordnet. Man kann also auch anders, aus ethischen Gründen, aus Umweltgründen und ich habe, wenn ich nach billig gesucht habe, das günstigste vom teuren gewählt
Bei uns ist es ähnlich...
Niemand hätte ohne diese Situation vor Augen diese hohen Energiepreise akzeptiert und genau da der Politik vorgeworfen und dann eben ggf. Parteien gewählt, die ne andere, billige Linie gefahren wären.
Entscheidend ist der Satz "Jeder auf seine Weise". Und wenn es bei dir nicht so ist, heißt das nicht, dass es bei der übrigen Bevölkerung nicht so ist. Und jeder hat irgendwo ne Schmerzgrenze. Ziemlich dekadent, nur weil du dir teure Urlaube, teures Essen etc. leisten kannst. Viele können das eben nicht. Aber jetzt will es wieder keiner gewesen sein und hätte schon immer gerne mehr für Benzin, Strom und Gas ausgegeben (und das ist ja gar nicht abschließend, denn die Industrie hätte natürlich die hohen Energiepreise schon früher umgelegt), wenn man bloß nicht mit Putin Geschäfte gemacht hätte.
Wäre es denn wirklich teurer gewesen, wenn man schon deutlich früher eine andere Energiepolitik gemacht hätte? Oder war es nicht einfach nur bequem und der ein oder andere Lobbyist hat sich dumm und dämlich verdient? Das sind rein rhetorische Fragen, aber nur damit zu argumentieren, dass ja sonst alles viel teurer gewesen wäre, ist mir dann doch etwas zu einfach. Jetzt ist es definitiv teurer, das ist sicher.
Wie hätten die Energiepreise höher sein sollen, wenn man von 2 oder mehreren Anbietern gekauft hätte? Der Punkt ist doch, dass willig (von Seiten der Politik) ein System akzeptiert wurde, in dem es völlig normal war, dass ehemalige ranghohe Politiker für einen Staat lobbyierten und DIE dann gut davon lebten (zusätzlich zur staatlichen Pension/Abfertigung). Schröder Russland, Joschka Fischer Aserbaidschan z Bsp.
Ich will nicht abstreiten, dass Lobbyismus eine Rolle gespielt hat. In erster Linie sind die Geschäfte aber zustande gekommen, weil es billig und einfach war.
Siehe meine Antwort an Lauch. Ich denke, es war schon immer Putins Plan, uns in Abhängigkeit zu bringen. Und daher wurde alles so einfach und eben auch billig gestaltet. Hinterher ist man immer schlauer. Aber ja es wurden viele Augen zugedeckt, aber auch um unsere Wirtschaft so günstig mit Energie zu versorgen und die Wirtschaft insgesamt zu pushen.
Einfach war es, weil man eigens eine Stiftung errichtet wurde die Schwierigkeiten aus den Weg geräumt hat. Es war allen klar, dass eine Risikostreuung nötig ist, also mehr Anbieter, Polen, Slowakei haben gewarnt, es gibt sogar Szenen wie Trump das Thema anspricht und Maas rumfeixt. Die EU war ganz klar für mehrere Anbieter, plötzlich ist es nur mehr einer und Gas wird als „grün“ tituliert. Und hier sind die Lebensmittelpreise um einiges höher als im Deutschland, die Betroffenen Politiker aber genauso käuflich. Da ist doch die Verantwortung klar.
Es ist jetzt, wie es ist. Richtig hinterfragt hat es in Deutschland nur eine Minderheit. Man kann nur hoffen, dass in Zukunft solche Fehler nicht mehr gemacht werden.
Die Regierung hätte steuernd eingreifen können und müssen, indem sie der Energiewirtschaft vorschreibt, dass nur 20 % des Energiebedarfs aus Russland kommen darf, und sie hätte vorschreiben müssen, dass die Gasspeicher zu jedem Zeitpunkt des Jahres zu mindestens 50 % gefüllt sind, vor Beginn des Winters zu 100 % (oder was immer technisch machbar ist). Dass unsere Gasspeicher an die Russen verkauft wurden und wir uns damit komplett in deren Hand begeben haben, war ein unentschuldbarer Fehler. Ich verstehe zwar, dass man dem Druck nach billigem Gas nachgegeben hat, aber rückblickend muss man feststellen, dass unsere Politiker da auf ganzer Linie versagt haben.
Sehr treffend wie ich finde: https://www.spiegel.de/politik/deutschland/schroeders-komplizen-a-a38679c8-f121-470c-b50c-a97ffdf3e062
Und jeder mit Gasanschluss & die gesamte beteiligte Industrie sind mitverantwortlich, dass das Vorhaben der Risikominimierung (in das ein Vermögen an EU Steuergeldern geflossen ist) weggezaubert wurde? Praktisch.
EON und Ruhrgas ausdrücklich untersagt. Worüber sich Schröder hingesetzte. Da ist doch nicht die Allgemeinheit dafür verantwortlich. Und Russland drohte Deutschland (und allen anderen Ländern die an NS1 hängen) schon 2008 mit einem Lieferstopp. Von Verlässlichkeit kann gar keine Rede sein. Artikel aus der FAZ

Ich frage mich nur, wo waren all unsere kritischen Stimmen seinerzeit? Aber ja, spätestens 2014 hätte man sich nach Alternativen umsehen müssen. Aber ich bleibe dabei. Es wäre mit Sicherheit teurer geworden. In dem ganzen raus aus Atomstrom, raus aus fossilen Brennstoffen, mit entsprechenden Steuererhöhungen bei Strom und Öl, wäre das Geschrei groß gewesen und die Politik hat sich das schlicht nicht getraut. Genügend Kritiker gab es ja ohnehin schon.
Genau das ist die Frage: Wo waren die und was war plötzlich mit den ganzen Plänen zur Risikominimierung?
Pläne zur Risikominimierung, ich habe da ehrlich gesagt noch nie von gehört. Ich finde dazu auch nichts. Im Endeffekt sind die wohl dem Versprechen der Liefertreue Russland gepaart mit "es ist nun mal billig" zum Opfer gefallen.
https://www.diepresse.com/581098/merkel-macht-sich-fuer-nabucco-pipeline-stark „Die Versorgungssicherheit für Europa wird umso höher, je mehr wir die Versorgungsrouten und Lieferländer diversifizieren können“
Nach allem was mir Wiki dazu verrät, wurden die Nabucco-Pläne durch die TAP ersetzt, die ja ebenfalls von Russland unabhängiges Gas liefert. Und das Scheitern von Nabucco scheint ja auch weniger an der EU zu liegen, als an Entscheidungen der beteiligten Energiefirmen und der von Aserbaidschan, seine Erdgasvorkommen am Russland zu verkaufen. Da hat die Allgemeinheit natürlich auch keine Schuld dran, das ist richtig.
Das zuständige Unternehmen ist die RWE, eingestellt wurde NACHDEM Millionen an EU Fördermitteln gelassen sind. Italien war da klüger (oder hatte weniger „Lobbyisten“).
Initiiert wurde das ganze durch die österreichische OMV. RWE kam erst später dazu und hatte seine Anteile Anfang 2013 an die OMV verkauft. Und diese hat erst danach verkündet dass kein Gas durch diese Pipeline fließen wird. Und das Scheitern geht wohl eher auf BP zurück (Schah-Denis-Konsortium). Ich will nicht abstreiten, dass im Hintergrund Strippen gezogen wurden, ich kann das aber nicht erkennen. Und vor allem nicht, inwiefern deutsche Politiker verwickelt sein sollen. Die Absicht das zu fördern, war ja offensichtlich da, aber wie es in deinem Artikel schon heißt, es sind in erster Linie Unternehmensentscheidungen. Und die scheinen schlicht wirtschaftlicher Natur gewesen zu sein. Es ist ja nicht unüblich, dass in Projekte investiert wird, die dann nicht zu Stande kommen. Aber die TAP beliefert halt auch EU Länder.
Die Entscheidungen sind letztlich immer auf Politischer zurückzuführen, die in russischem Sold landeten: Kern, Gusenbauer, Kneissl auf österreichischer Seite.
Nur dass Italien, trotz TAP, bis zum Krieg genauso abhängig von russischem Gas war wie Deutschland (jetzt orientieren sie sich Richtung Algerien?). Ein Pipeline macht halt kein Gas, und die Felder, aus denen sowohl Nabucco als auch TAP gespeist werden sollten, liefern geringe Mengen, sind noch nicht erschlossen oder in russischer Hand.
„Der Vorteil sei, dass Italien fünf Gaspipelines habe, die von verschiedenen Routen kommen. "Daher ist es für uns einfacher, über die verschiedenen angeschlossenen Länder zu diversifizieren", sagte Cingolani.“ Österreich & Deutschland diversifizieren wie? https://www.tagesschau.de/wirtschaft/weltwirtschaft/italien-gasversorgung-101.html
> Österreich & Deutschland diversifizieren wie? Deutschland : Norwegen, Niederlande; LNG aus Drittländern. Die Italiener wollen mehr aus Nordafrika bekommen und hoffen auf eine Steigerung von 10% auf 20% durch die Transadriatische Pipeline, innerhalb von 2-4 Jahren. Aber erst mal ist Mangel angesagt; sie sind genauso abhängig vom russischen Gas wie wir (jeweils ca. 40%).