tonib
https://www.faz.net/aktuell/feuilleton/medien/umgekehrter-rassismus-mord-berichterstattung-der-new-york-times-17682498.html Es ist sicher schwer, es richtig zu machen - was ist der richtige Weg? Niemals erwähnen, immer erwähnen? So scheint es jedenfalls auch nicht richtig.
Es gibt keinen richtigen Weg der Berichterstattung. Was du Hautfarbe nennst meint eigentlich Zugehörigkeit zu einer ethnischen Gruppe. Schwarz, italienisch, weiß wird hier beispielsweise genannt, es wird stillschweigend angenommen, dass mit schwarz Menschen gemeint sind, die sich als Afroamerikaner sehen oder so gesehen werden. Die Hautfarbe kann dabei sehr hell sein. Man bezeichnet mich als weiß, dabei bin ich deutlich rosa, teils blau geädert. Das ganze Konzept von Hautfarbe und Rasse ist inkonsistent und bigott - das ist nicht auflösbar. Daher kann man das auch niemals vernünftig darstellen.
Das Problem mit der Berichterstattung ist, dass man aus der Nummer mit der Diskriminierung einfach nicht herauskommt. Einerseits lässt sich nicht leugnen, dass sich auch Tätergruppen überäußere Merkmale (nationale Herkunft, Hautfarbe, aber auch kleinteiligere Merkmale, an denen man die ethnische Zugehörigkeit erkennt) finden, wenn sie in einem Land einer unterprivilegierten Minderheit angehören, andererseits ruft gerade dieses Markieren von äußeren Merkmalen in Zeitungsartikeln in bestimmten Bevölkerungsgruppen sofort niederste rassistische Instinkte wach. Und man hat es als Zeitung mit großer Reichweite einfach nicht im Griff, was für eine Lawine man da ggfs. lostritt. Das ist das Problem, denn das ist ja auch eine Frage der Verantwortung. Die Zeitungen mit den großen, marktschreierischen Lettern kümmert so etwas allerdings wenig, das ist ja auch ein Grund für ihren Zulauf und weshalb sie sich zunehmend auf die Fahnen schreiben, sie würden "das schreiben, was alle denken". In der besten aller Welten würde solches Schubladendenken aufgrund der Hautfarbe, Ethnie oder nationalen Zugehörigkeit keine Rolle spielen, weil letztendlich die Tat des Individuums zählt und Gruppen nie eine homogene Masse sind. Aber das kann man schlichtweg vergessen, Menschen denken nun mal auch in Schubladen. Medien wie die NYT fühlen sich zu Recht in einer gewissen Pflicht, keine Stimmungsmache zu befeuern. Nur: Das lässt sich kaum vermeiden. Man muss dazu eigentlich nur mal eine Zeit lang die Kommentarspalten von Zeitungen auf Facebook unter ganz harmlosen Berichten verfolgen - da findet eine Diskursverschiebung statt, die geradezu abenteuerlich ist. Leider verzerren die Kommentarsektionen unter den Artikeln aber auch den Blick auf die Realität. Denn die Leute, die so massiv "abgehen" sind nur ein kleiner Bruchteil der Bevölkerung, allerdings ein sehr lauter und aggressiver. Und so landen die Medien, die seriös bleiben und Verantwortung für ihre Arbeit übernehmen wollen, automatisch bei einem Eiertanz, der wiederum (und teilweise zu Recht) von den Konsumenten als unauthentisch empfunden wird.
Ich glaube, es lassen sich genug Beispiele finden, wo das Interesse an den weißen Opfern einer Bluttat höher war als an schwarzen Opfern. Nichtweiße, besonders schwarze, Täter wurden immer in den amerikanischen Medien mehr beachtet als weiße. Im negativen Sinne. Man kann auch nachlesen, wie diese Menschen je nach Hautfarbe dargestellt werden/wurden. Schwarze Opfer waren weniger wert als weiße. Erst seit der Me-too Bewegung ist das anders geworden. Und sofort wird geschrien, dass das ungerecht sei. White pivilege nennt man sowas. Vielleicht sind die Amerikaner auch abgestumpft, was Gewalt angeht. Nur die ganz schrecklichen Dinge gelangen auf die Frontpage. Wollen wir mal über Rittenhouse und seine Opfer diskutieren?
Es ist doch völlig unklar, wer oder was schwarz und weiß sind. Es können nur Klischees bedient werden.
Ich glaube, mit "Hautfarbe" habe ich gar nicht richtig das wiedergegeben, was ich eigentlich gemeint habe: Der Täter gehört offenbar einer kriminellen, rassistischen Gang an und hat in dem Zusammenhang mehrere Gewalttaten an Menschen aus anderen "Ethnien" verübt. Das ist der Hintergrund, der sonst häufiger auch mal erhebliche Aufmerksamkeit findet. Mit "White Privilege" hat das m.E. nichts zu tun, wenn ich das Konzept überhaupt richtig verstanden habe.
Was hat die "mee too" Bewegung mit Rassismus zu tun, verstehe den Zusammenhang gerade überhaupt nicht, was soll das der farbigen Bevölkerung gebracht haben?
Rittenhouse und seine Opfer sind/waren weiß. https://www.cnn.com/2021/11/01/us/kyle-rittenhouse-shooting-victims-trial/index.html
Bei me too geht es um sexuelle Übergriffe. Ich habe aber tatsächlich den Eindruck, dass der Mord an Weißen niemals eine derartige "Welle" auslösen kann wie (in letzter Zeit) Übergriffe gegen Schwarze. Schlimm finde ich eine Argumentation wie "er ist doch selbst Schuld, weil er an einer Reichen-Uni studiert. Trini
Ich habe den verlinkten Artikel gelesen. Wenn ich nach den "Everybody Killas" google, finde ich, dass die eine Bande sind, die zu einem losen Zusammenschluss von gewaltbereiten New Yorker Straßengangs gehört, aber Rassismus? Um Hautfarben geht es dafür der FAZ bzw. dem zitierten italienischen Autor, denn sie unterstellen einen "umgekehrten Rassismus". Weil die Tatsache, dass die Hautfarbe des Täters, der den - mehrheitlich schwarzen - "Everybody Killas" angehört, in der Berichterstattung unterschlagen wurde. Beziehungsweise meint man, die umgekehrte Konstellation würde als großer Aufmacher auf der Titelseite gebracht wegen Verdachts auf "rassistisch motivierte Gewalt". Ich wollte hauptsächlich einen allgemeinen Erklärungsansatz dafür liefern, weshalb die Hautfarbe (und in D. zum Beispiel der Migrationshintergrund) in der Berichterstattung ungern erwähnt wird. Aber vielleicht ist in diesem speziellen Fall auch der Vergleich der FAZ oder des Autors schief und konstruiert, weil das Geschehen eher in den Bereich der Bandenkriminalität und der Gewaltausübung unter Drogeneinfluss einzuordnen ist? Dass man in New York bei einem Tötungsdelikt an einer Person mit anderer Hautfarbe automatisch an ein rassistisches Motiv denkt, kommt schließlich auch aus dem Nichts. Genau wie man hierzulande bei Messerattacken und dem Fahren von Fahrzeugen in Menschenmengen automatisch die Assoziation an terroristisch motivierte Anschläge hat.
"NICHT" aus dem Nichts, natürlich, sorry.
Wieder einmal sehr schön geschrieben Vor allem dieser Abschnitt hat mir besonders gefallen: In der besten aller Welten würde solches Schubladendenken aufgrund der Hautfarbe, Ethnie oder nationalen Zugehörigkeit keine Rolle spielen, weil letztendlich die Tat des Individuums zählt und Gruppen nie eine homogene Masse sind. Aber das kann man schlichtweg vergessen, Menschen denken nun mal auch in Schubladen.
Was genau wurde denn im Bezug auf schwarz/weiß seit der Me too Bewegung anders? Mir war bisher kein Zusammenhang bekannt. Was haben der weiße Rittenhouse und seine weißen Opfer damit zu tun?
Ach Quatsch, black lives matter. Ich bin doof, sorry.
OMG...was hab ich für einen Mist geschrieben. Sorry. Ich hab alles durcheinandergebracht. Was aber stimmt: die Berichterstattung über Weiße ist üblicherweise in den USA anders als über Schwarze. Täter und Opfer. Aber ich meinte BLM und mit Rittenhouse habt ihr natürlich völlig recht. (#facepalm)
Aber die Schubladen haben falsche Label oder mehrere, widersprüchliche Label.
Ähnlich ist es mit der political correctness in den deutschen Medien doch auch. Sind die Täter (wie es hier oft genannt wird) Biodeutsche, steht das spätestens im zweiten Satz. Wenn nicht, kann man sich seinen Teil denken. Trini
Na ja, weiß ich nicht. Ich finde die FAZ übertreibt. Ich finde es einigermaßen überzeugend, dass es hier vor allem der materielle Konflikt zwischen Armen (die eben oft schwarz) sind und reichen Studierenden der Columbia (die oft weiß sind) ist, der hier im Vordergrund stand. Hätten jetzt andersherum arme White Trashs einen reichen schwarzen Studenten einer Eliteuni getötet, hätte man das vielleicht als rassistisch gedeutet, ja mag sein. Aber der Grund ist natürlich, dass Rassismus in den USA (und im Prinzip weltweit) sich vor allem gegen Schwarze richtet. Das könnte theoretisch auch anders sein, ist historisch bedingt empirisch aber nicht so zurzeit.
Danke, so was Ähnliches wollte ich auch sagen, habe mir mein Gehirn aber beim Schreiben dann so oft verdreht, dass kein verständlicher Text mehr herauskam.