DecafLofat
"Deutschland - ein Land ohne Klassen, in dem fast alle zur Mittelschicht gehören? Diese Erzählung entspricht nicht mehr der Realität. Auch der Begriff "Klasse" ist zurück und fällt nicht zuletzt in einigen jüngeren Romanen." sehr hörenswert! https://www.br.de/radio/bayern2/sendungen/nachtstudio/die-wiederentdeckung-der-klasse-hardy-funk-100.html
Ich habe nicht alles gehört, denn ich muss noch arbeiten, fand es aber sehr spannend und vieles auch sehr richtig. Es läuft in der Tat einiges schief, allerdings ist auch nicht alles so einfach abwendbar - das Wort "Globalisierung" kam kein einziges Mal vor (soweit ich gehört habe). Und natürlich muss man sich nicht wundern, wenn man Millionen mittelloser Migranten aufnimmt, dass diese jetzt erst einmal kein Vermögen haben und die Statistik insoweit nicht bereichern. Wenn man einen internationalen Blick auf das Medianvermögen eines Erwachsenen in Deutschland - 65,374 USD in 2020 - , wirft, stellt man fest, dass Deutschland eines der Schlusslichter in der EU ist hinter Luxemburg (USD 259,550), Belgien (USD 230,550), und ungefähr allen anderen, einschließlich Slowenien; Griechenland knapp dahinter. Umgekehrt führt das "reiche Deutschland" fast jede Spendenaktion für gute Zwecke an; hier ein paar Hundert Millionen an die Taliban, dort die Mithaft für die armen Franzosen und Italiener. Das Ganze war lange kein so sehr großes Problem, weil die Mieten und Lebensmittelpreise im Vergleich sehr niedrig waren und die Renten sicher. Wenn sich das jetzt ändert, werden wir uns alle noch wundern. Daher glaube ich, dass dieser Mikroblick: die bösen Reichen, die verhindern, dass die Armen ordentlich bezahlt werden, viel zu wenig das internationale Umfeld und auch die falschen politischen Entscheidungen berücksichtigt, sondern nur darauf abzielt, dass die "Reichen", die ja alle unfair spielen, doch bitte mehr abgeben sollen. Ehrlich, ich glaube nicht, dass das die Lösung ist. Das Buch von Julia Friedrichs "Working Class" hatte ich im Leseforum empfohlen, da wurde wirklich erschreckend geschildert, wie sich auch Teile des akademischen Mittelstandes prekarisiert haben. Friedrichs beschrieb u.a. ein Ehepaar, beide promovierte Musiker, soloselbständig als Klavierlehrer, ohne jede soziale Absicherung und vom Lockdown so richtig hart getroffen. Ich habe im Beitrag auch kein einziges Mal das Wort "Leistung" gehört. Die kommt eigentlich gar nicht vor, nur als Zurechtweisung von Gutverdienern, die sich bloß nicht einbilden sollten, irgendetwas sei ihre Leistung. Natürlich ist es richtig, dass trotz der Tatsache, dass die Schulen kostenlos sind, trotz ddes Teilhabepakets, trotz freier Universitäten und trotz Bafögs nicht alle die gleichen Chancen haben. Allerdings glaube ich, dass hier das einzige, was wir tun können (neben dem elternunabhängigen Bafög, das die FDP gerade vorantreibt), eine bessere frühkindliche Förderung und auch Verbesserung der Ganztagschulen ist. Bildungsferne Elternhäuser lassen sich nicht eins zu eins ersetzen, obwohl ich viele erfolgreiche Frauen (mit Migrationshintergrund und ohne) kenne, die es trotz kleinster Verhältnisse zu sechsstelligem Einkommen gebracht haben. Aber das ist natürlich anstrengend, und nicht jede will das. So, ist doch länger geworden, muss jetzt weiter arbeiten, obwohl ich auch lieber etwas anderes machen würde.
Ich habe den Beitrag noch nicht gehört, ich antworte nur jetzt auf das was du schreibst. Ob ein Kind sehr erfolgreich und reich im Job wird, hängt allerdings nicht nur von der Förderung im Kindesalter ab sondern schlicht auch vom Intellekt und da bringen eben nicht alle die gleiche Grundausstattung mit . Nicht jedes Kind kann Abitur machen, studieren und nicht jedes Kind ist geeignet für einen späteren Manager Job.
Vor allem müssen die anderen Jobs ja auch von jemandem gemacht werden!
Das ist richtig, und bei diesen Jobs hat sich natürlich einiges verschlechtert, sicher auch durch Hartz IV. Durch den Mindestlohn dann umgekehrt auch wieder verbessert. Es gibt aber Forschungen dazu, dass, wenn die Bezahlung eine gewisse Grenze überschreitet, stärker in Technologien und Automatisierung investiert wird- dann fallen die Arbeitsplätze wieder weg. Im Moment haben wir ja eigentlich recht wenig Arbeitslosigkeit, bzw. viele Arbeitslose sind nicht wirklich vermittelbar. Im Beitrag ebenfalls nicht erwähnt wurden die Themen Sachwertinflation (hohe Mieten) und allgemein Inflation.
auch wahr!
In dem Zusammenhang- kennt jemand den Youtube Kanal: TFD - The Financial Diet?
Danke für den Podcast, auch wenn ich ihn mir nicht ganz zu Ende anhören konnte, ich war gestern Abend dann irgendwann einfach zu müde und wollte weg vom Schreibtisch. Aber "Working Class" von Julia Friedrichs bestelle ich mir, sobald es gebraucht verfügbar ist (hab's bei Medimops oder Booklooker noch nicht gefunden). Das interessiert meine Tochter sicher auch. Hast du schon mal eins der anderen Bücher von Julia Friedrichs gelesen, tonib? Das Buch, das sie über junge, aufstrebende Berater bei McKinsey und Co.. geschrieben hat, würde mich auch interessieren.
gibt es gebraucht bei ZVAB, Amazon und Abebooks. "Die Angezählten" ist auch ein gutes Buch zum Thema.
Danke! Dann schaue ich mal bei ZVAB.
"Gestatten, Elite" heisst das, glaube ich. Ich habe alles von ihr gelesen, weil ich das Thema einfach spannend finde, und sie sehr gut recherchiert und lebendig schreibt. Und weil ich solche Bürschchen auch zur Genüge kenne, jedenfalls mehr als die aus der Working Class - wobei es unserer Klavierlehrerin auch nicht besser geht, fürchte ich.