Was nützen Hormongaben bei bereits bestehender Schwangerschaft?

Dr. med. Vincenzo Bluni Frage an Dr. med. Vincenzo Bluni Facharzt für Frauenheilkunde und Geburtshilfe

Frage: Was nützen Hormongaben bei bereits bestehender Schwangerschaft?

Sehr geehrter Herr Dr. Bluni, Nach zwei Fehlgeburten im vergangenen Jahr (jedesmal leichte Schmierblutungen, einmal im US nur leere Gebärmutter bei erhöhtem HCG-Wert über mehrere Wochen; beim zweiten Mal leere Fruchthöhle mit anschließender Ausschabung in der 10.Woche), bin ich nun wieder schwanger. Ich bin ungefähr Anfang der siebten Woche. Seit ungefähr eineinhalb Wochen habe ich nun wieder leichte, bräunliche Blutungen (mit Schleim vermischt). Tageweise auch mal nicht. Gestern hatte ich meinen ersten Ultraschall beim Arzt. Dieser maß eine embryonale Anlage mit 3,3 mm, was ihm auch zu klein vorkam. Herzaktivität war nicht zu sehen. Mein Arzt verschrieb mir Crinone-Vaginalgel und Estrifam und ordnete strikte Bettruhe an. Nun bin ich mir gerade bei der Einnahme von Estrifam sehr unsicher. Auf dem Beipackzettel las ich, dass man es in der SS nicht einnehmen sollte. Ich soll aus Sicht meines Arztes diese Tabletten auch 3mal täglich einnehmen (je 1mg). Was mir sehr viel vorkommt, da in der PB auch wiederum eine Tablette täglich genannt wird. Soll ich das Estrifam nun einnehmen? Bei keiner Blutuntersuchung wurde bei mir bisher ein Mangel an beiden Hormonen festgestellt. Ich weiß, dass solche Medikamente zur Unterstützung der Einnistung in der SS verschrieben werden, aber was können sie eigentlich bei bereits bestehender SS ausrichten? Gestern nahm ich nur das crinone Gel und hatte bis jetzt auch keine Blutungen mehr. Danke, für ihre Antwort.

Mitglied inaktiv - 12.01.2011, 16:31



Antwort auf: Was nützen Hormongaben bei bereits bestehender Schwangerschaft?

Hallo, 1. sofern im Ultraschall eindeutig ein Embryo nachweisbar ist, müssen auch Herzaktionen zu sehen sein. Wenn dieses auch auf mehrfache Provokation z.B. durch Druck gegen die Gebärmutter vom Bauch aus - keine Aktivitäten zu sehen sind, dann können wir leider keine Hoffnungen mehr machen. Dann helfen auch keinerlei Hormone mehr. 2. wenn eine nachgewiesene Gelbkörperschwäche vorliegt, kann es sinnvoll sein, in der zweiten Zyklushälfte dieses Defizit zu ergänzen. Eine rein prophylaktische Gabe eines Gelbkörperhormons (z.B. Crinone) in der Frühschwangerschaft ist aber nicht in der Lage, eine frühe Fehlgeburt zu verhindern. Auch, wenn es häufig so gehandhabt wird, so gibt es für dieses Vorgehen bis heute keine harten wissenschaftlich bewiesenen Daten ("evidence based"). Andererseits ist hier auch jede Frauenärztin/Frauenarzt frei in ihren/seinen Therapieentscheidungen und bislang sind durch diese Maßnahme auch keine negativen Auswirkungen bekannt geworden. Eine andere Situation stellen Fehlgeburtsbestrebungen dar, die auf einen Gelbkörpermangel hinweisen oder wenn die Schwangerschaft durch Maßnahmen der künstlichen Befruchtung zu Stande kam. 3. Estradiol (Estrifam) kann wohl bei einer Kinderwunschbehandlung zum Einsatz kommen. Genaueres können hierzu sicher unsere Kinderwunschexperten auf der Seite http://www.rund-ums-baby.de/kinderwunsch_expertenforum/mebboard.php3 sagen. 4. in Deutschland mag es nach wie vor noch weit verbreiteter Brauch sein, die Frau in der frühen Schwangerschaft bei Blutungen ans Bett zu fesseln (strenge Bettruhe). In Ländern wie den USA hält man sich hier schon viel eher an die dazu gewonnenen wissenschaftlichen Erkenntnisse (Evidenz), dass diese Maßnahme eben nicht in der Lage ist, eine drohende Fehlgeburt aufzuhalten (nicht evidence based). VB Quellen: http://www.fk.uwks.ac.id/elib/Arsip/E-Library/e-book/CONCHRANE%202007/Bed%20rest%20for%20miscarrige.pdf (Aleman A, Althabe F, Belizán JM, Bergel E. Bed rest during pregnancy for preventing miscarriage. Cochrane Database of Systematic Reviews 2005, Issue 2. Art. No.: CD003576. DOI: 10.1002/14651858.CD003576.pub2). Letzter Abruf: 18.12.2010 Goldenberg RL, Cliver SP, Bronstein J, Cutter GR, Andrews WW, Mennemeyer ST. Bed rest in pregnancy. Obstetrics & Gynecology 1994;84:131-6. Sotiriadis, Alexandros; Papatheodorou, Stefania; Makrydimas, George, Threatened miscarriage: evaluation and management, BMJ 2004; 329 : 152

von Dr. med. Vincenzo Bluni am 12.01.2011