Frage: Ergotherapie geeignet?

Liebe Frau Windisch, mein Sohn, 4 1/2, tut sich im Bereich Bewegung sehr schwer. Er ist sehr (über)vorsichtig und ängstlich, das war schon immer so. Gelaufen ist er erst mit 18 Monaten - dafür aber kaum gestürzt -, auf die Rutsche hat er sich erst mit 3 1/2 getraut, Schaukeln mag er gar nicht, überhaupt ist ihm alles, was wackelt, unheimlich. Leitern hochklettern geht, aber er traut sich nicht herunter. Im Schwimmbad möchte er um keinen Preis mit dem Kopf unter Wasser, vom richtigen Schwimmenlernen sind wir weit entfernt. Fahrradfahren möchte er noch nicht, (wir machen aber immer wieder Vorübungen, für das Laufrad fühlt er sich - verständlicherweise - inzwischen zu groß). Er vermeidet auch überwiegend den Körperkontakt mit anderen Kindern, möchte nie raufen oder rangeln, hat noch nie auch nur ein Kind geschubst. Auch Fangenspielen etc. ist ihm unangenehm. Zuhause mit uns Eltern kämpft er aber gerne mal spielerisch. Er kann auch schnell und sehr ausdauernd laufen und spielt recht geschickt Ball. Er tut nur, worin er sich 100% sicher fühlt. Insgesamt ist er sehr verkopft, kognitiv seinem Alter weit voraus, beobachtet viel und interessiert sich für Sprache, Schrift, Zahlen und Naturwissenschaft. Wegen seiner Probleme im Bereich Bewegung empfiehlt seine Erzieherin uns eine Ergotherapie. Der Kinderarzt meinte jedoch, er sehe keinen Therapiebedarf, das sei einfach sein Charakter und es bestehe die Gefahr, dass er dadurch erst recht das Gefühl bekomme, mit ihm sei etwas nicht in Ordnung. Wie würden Sie das nach meiner Beschreibung einschätzen? Vielen Dank im Voraus und beste Grüße!

von Renni am 15.06.2017, 21:05



Antwort auf: Ergotherapie geeignet?

Hallo, tja,man kann natürlich viel auf Charackter und Temp.eines Kindes schieben-die Frage ist aber, besteht ein Leidensdruck beim Kind? Sie beschreiben ja, dass ihm der Körperkontakt (ich vermute auch der Blickkontakt?) zu anderen Kindern unangenehm ist.Vergleicht er sich sehr mit anderen,leidet er darunter,dass er manches noch nicht kann oder traut? Dann fände ich eine Ergotherapie auf jeden Fall notwendig, um die emotionale Entwicklung des Kindes nicht zu erschweren. Liegen die Ursachen für Schaukeln,Klettern usw.in einer Überempfindlichkeit des Gleichgewichtssinnes (alles wackelige wird vermieden oder nur in minimalstem Ausmass zugelassen) so wird abwarten daran nichts ändern und die Probleme kommen dann spätestens beim Schulsport. Zum Thema schwimmen ist das Angebot von Wasser jetzt v.a.im Sommer am See im Wasser spielen wichtig, um sich damit vertraut zu machen.Schnorcheln mit Taucherbrille lockt vielleicht etwas oder in der Badewanne "tauchen".Tauchen an sich finden viele Kinder schwierig,wichtig ist dass nicht eine allg.Ablehnung gegen Wasser oder eine Angst davor entsteht. Also spielerisch das Element anbieten. Laufrad ging also problemlos.Roller?gibt ja auch welche für "Große".Radfahren einfach immer wieder anbieten,vllt.Kontakt zu Freunden,deren Kinder Rad fahren, um es interessant zu machen oder sich von denen mal eines ausleihen und erstmal eine Runde schieben lassen. Beim Körperkontakt kann es auch Überempfindlichkeiten geben (Kaiserschnittgeburt?), wenn er aber mit den Eltern das problemlos macht, zb.auch streicheln lassen,Rücken krabbeln, eincremen,kuscheln usw. klingt es eher nach einer sozioemotionalen Geschichte, dass er nicht das Vertrauen zu anderen Kindern aufbaut sie so nah an sich ranzulassen? Ich finde nicht, dass es zwingend bei einem Kind das Gefühl auslöst, es sei was nicht i.o.mit ihm, wenn es zu einer Ergotehrapie geht. Es kommt natürlich darauf an, wie man ihm die Therapie erklärt/begründet - also auf das Einfühlungsvermögen von Therapeut/in und Eltern. Man kann es ja auch als "Vorübung für die Schule" verkaufen ;) Sollten Sie sorgenfrei sein und abwarten wollen und die Problematik aber mit 5 Jahren immernoch bestehen, dann fragen Sie den Kinderarzt nochmal (mit 5 1/4 steht ja dann die nächste U-Untersuchung an, zu der Sie das thematisieren können.nur leider werden Körperkontakt und Überempfindlichkeiten in U`s nicht getestet) und dann würde ich da Handlungsbedarf im Hinblick auf die Einschulung sehen. Ein Eigenantrieb bei der Gleichgewichtsstimulation ist von Vorteil, es ist also viel schwerer für ein Kind sich von jmd.auf der Schaukel/dem Karusello.ae.anschubsen zu lassen,als es selbst zu tun und somit die Kontrolle über die Geschwindigkeit/Stärke des Gleichgewichtsreizes zu haben. Ein Sportkurs wäre auch empfehlenswert. Viel Erfolg

von Kristin Windisch am 15.06.2017