Hilfe für kranke und behinderte Kinder

Forum Hilfe für kranke und behinderte Kinder

Umgang mit Schuldgefühlen und Ängsten

Thema: Umgang mit Schuldgefühlen und Ängsten

Hallo, ich bin neu hier im Forum und möchte mich kurz vorstellen. Vor drei Monaten habe ich einen ganz zauberhaften Jungen bekommen, der jeden Tag viel lacht und uns große Freude bereitet. Schon in der Schwangerschaft wurde ein einseitiger Nierenstau festgestellt, weshalb wir zur Entbindung in die nahe gelegene Uni-Klinik gegangen sind. Mittlerweile sehe ich diesen Umstand als Glück im Unglück, denn unser Sohn hatte an seinem 2. Lebenstag einen Schlaganfall inkl. Krampfanfällen. Eine Ursache konnte nicht gefunden werden, trotz MRT, Lumbalpunktion, Gerinnungs-Diagnostik usw.... Diese zwei Wochen auf der Neo-Intensiv gehören nicht zu den Sternstunden in meinem Leben. Wir wissen nicht, welche Auswirkungen der Schlaganfall haben wird in seiner Entwicklung. Derzeit entwickelt er sich sehr gut. Es kann sein, dass man später nicht viel merken wird. Möglich sind aber auch Bewegungseinschränkungen der Arme und Beine, Probleme bei der Sprachentwicklung oder generell eine Lernbehinderung. Darüber hinaus ist die Niere auf der einen Seite weiterhin stark gestaut und der Zustand der Niere verschlechtert sich zusehends, sodass die Ärzte uns gestern eröffnet haben, dass sie nächste Woche schon operieren wollen. Ich habe die letzten Monate so gekämpft und mich gekümmert. Habe Kontakt mit dem Zentrum für Frühförderung aufgenommen und mich um einen (möglicherweise) integrativen Kita-Platz bemüht, war im SPZ und z.T. wöchentlich mit ihm im Klinikum vorstellig... doch so langsam geht mir die Puste aus und ich merke, wie mich die Angst übermannt und lähmt. Angst davor, dass ihm während der OP etwas passiert. Angst vor den Schmerzen, die ihn erwarten und die er nicht versteht und die ich ihm nicht abnehmen kann. Angst vor der Zukunft und den Schwierigkeiten, die ihn vielleicht erwarten zusätzlich zu den normalen Herausforderungen, die alle im Leben zu meistern haben. Und gleichzeitig fühle ich mich häufig deshalb auch schuldig. Ich bin nicht gläubig und glaube nicht daran, dass Gott mir bzw. uns eine besondere Aufgabe gegeben hat. Viel mehr habe ich das Gefühl, dass es meine Aufgabe gewesen wäre, diesem kleinen Menschen den best möglichen Start ins Leben zu geben. Und ich habe das Gefühl, genau hier versagt zu haben. Ich habe mich in der Schwangerschaft gesund ernährt und auf alles schädliche komplett verzichtet. Es gibt keine familiäre Vorgeschichte, was die beiden Krankheiten angeht. Und doch hat/hatte er nun mit Schmerzen zu kämpfen und mit OPs und Vollnarkosen und und und... Wie geht man damit um? Entschuldigt bitte den langen Post.

von Synoeve am 26.11.2021, 23:37



Antwort auf Beitrag von Synoeve

Hallo ! Zuerst mal: Ich weiß wie sich sowas anfühlt, ich habe selbst ein Kind mit Besonderheiten. (2.5 Jahre lang Anfälle ungeklärter Ursache, jetzt Autismus.) Es hat mich ein großes Stückweit kaputt gemacht (die Angst um mein Kind, die Angst um seine Gesundheit) Schuldgefühle habe ich heute noch. . .immer mal wieder. Ich glaube es kommt ein Stückweit davon, dass man in eine solche Situation unvorbereitet hineinkatapultiert wurde und dann damit umgehen muss. Ich glaube die Mamaseele kann das nicht so schnell verkraften,wie alles geht. . .Sie kommt da nicht ganz mit. Man möchte sein Kind genießen, kann es aber nicht so richtig. . . Ständig Sorgen, Ständig neue Termine, keine Zeit für sich. Und sich das dann versuchen vor dem Baby nicht anmerken zu lassen. Mir ist es nicht gelungen. Ich haben heute noch zu kämpfen. Aber: Die Operationen sind sicher. Dein Baby wird es schaffen. ES WIRD BESSER, ES WIRD EINFACHER. DU BIST EINE GUTE MAMA. DU BIST NICHT SCHULD.

von Muschelnudel am 28.11.2021, 19:49



Antwort auf Beitrag von Synoeve

Hallo Synoeve, da habt Ihr wirklich ein ganz schönes Päckchen zu tragen bekommen! Unser Sohn (jetzt vier Jahre alt) kam ebenfalls mit einem ziemlich schwerwiegenden Nierenproblem zur Welt, und das auch noch sechs Wochen zu früh, was ihm einen ziemlich schweren Start ins Leben bescherte, zum Glück gab es nicht noch weitere Komplikationen wie der Schlaganfall bei Euch. Ich kann mich noch gut daran erinnern, dass auch ich ziemlich auf dem Zahnfleisch ging damals. Vorwürfe habe ich mir allerdings eigentlich keine gemacht und die musst Du Dir auch nicht machen. Solche Dinge geschehen leider immer wieder, ohne dass irgendjemand daran schuld ist. Das Leben kann ganz schön ungerecht sein. So wie Du Deinen Sohn beschreibst, ist er ein tolles Kind, das ganz bestimmt seinen Weg im Leben gehen wird, allen Widrigkeiten zum Trotz. Und so kleine Kinder können einen Schlaganfall sooo gut wegstecken. Der Sohn eines guten Bekannten von uns hatte einen Schlaganfall im Kindergartenalter, er ist nun zehn Jahre alt und hat keinerlei spürbare Beeinträchtigungen hierdurch mehr, er geht aufs Gymnasium, ist ein guter Schüler, spielt ein Instrument und treibt Sport, er lebt wie ein völlig gesundes Kind. Und das ist, wenn der Schlaganfall rechtzeitig festgestellt wird, wohl ein ziemlich häufiger Verlauf. Vielleicht kannst Du versuchen, darauf zu bauen, dass es auch bei Eurem Kind so sein wird, statt jetzt schon zu versuchen, alle möglichen Vorkehrungen für den anderen Fall zu treffen; das könnte vielleicht etwas Druck von Dir nehmen. Wegen seines Nierenproblems musste unser Sohn insgesamt vier Mal in den OP, das letzte Mal, als er knapp 16 Monate alt war. Zwischendurch gab es mehrere Krankenhausaufenthalte wegen Nierenbeckenentzündungen und häufige Kontrolluntersuchungen, die teilweise auch sehr unangenehm für unseren Sohn waren. Es ist wirklich nicht leicht, sein Kind den Chirurgen zu überlassen, vor allem, wenn man auch nicht weiß, in welchem Zustand man es zurückbekommt und ob die OP überhaupt etwas bringt. Aber unser Sohn hat alles supergut weggesteckt, für ihn war es augenscheinlich vor allem wichtig, dass Mama sich um ihn kümmert, bei mir fühlte er sich immer wohl und gut aufgehoben, egal, was mit ihm gemacht wurde, das merkte man. Ich habe die Situation damals eben so angenommen, wie sie war, war immer mit meinem Sohn im Krankenhaus, habe ihn recht lange gestillt, weil ich dachte, damit tue ich ihm auf jeden Fall etwas Gutes; so sind wir durch die Zeit gekommen. Und wenn ich ihn mir heute so anschaue und mir deutlich mache, dass er ohne all das wohl schon lange nicht mehr leben würde (bei ihm funktionierte die eine Niere von Anfang an quasi nicht und die andere war ebenfalls gestaut, aufgrund eines Problems mit dem Harnleiter), weiß ich, dass alles schon richtig gelaufen ist so. Wenn Du Fragen zu dem Problem mit den Nieren haben solltest, kannst Du Dich gern auch per PN bei mir melden. Ich habe erst heute mit einer Mutter gesprochen, deren Sohn ebenfalls so eine angeborene Nierenfehlbildung hat(te), dieses Problem gibt es häufiger, als man meinen würde, die medizinischen Möglichkeiten sind da mittlerweile augenscheinlich wirklich sehr gut. Und auch Schlaganfälle im Kindesalter können heute wohl viel besser behandelt werden als früher, als man noch nicht einmal wusste, dass es das überhaupt gibt. Alles Gute für Dich und Deinen Sohn!

von Mörchen17 am 28.11.2021, 20:22



Antwort auf Beitrag von Mörchen17

Hallo, ich wünsche dir ganz viel Kraft. Ich weiß nicht ob das dazu passt. Ich bin chronisch krank meine Eltern hatten auch lange Probleme mit mir. lange wwusste niemand was los ist. meine Eltern sind fast wahnsinnig geworden als ich klein war. Sie haben alles getan damit es mir beser geht. Mein Bruder ist auch als er klein war öperiert worden. Wir haben immer gespürt das Sie da sind. Sie haben uns immer das gefühl gegeben das alles ok ist. Wir haben das meiste nicht mitbekommen. erst jetzt wo es mir wieder schlechter ging und meine Tochter schon 5 ist kommt vieles zur Sprache. Die meisten Kinder finden Medis und Behandlungen nicht cool. Können die Sorgen und Ängste der Eltern nicht nachfolziehen. Sie kennen es nicht anders.Wenn du deinen Kind die Liebe schenkst wird es das Spüren. Irgendwann ist alles eingespielt und die Probleme nehmen ab. Angst um Kind ist normal und haben auch andere Eltern. ich wünsche dir ganz viel Kraft.

von jungmami12 am 30.11.2021, 14:27