Liebe Stillberaterinnen,
bei meinem ersten Kind hat das Stillen nicht klappen wollen. Bei meinem Kleinen jetzt habe ich mich daher sehr intensiv vorbereitet und bin so froh, dass das Stillen problemlos klappt. Er ist nun genau 8 Wochen alt. Ich schaue nie auf die Uhr, wiege ihn nicht. Ich sehe wie er sich entwickelt und vertraue unserem Rhythmus, der noch gar nicht festgelegt ist. Soweit fühl(t)e ich mich eigentlich sicher-bis letzte Woche. Da war der Termin zur U3. Die Ärztin schaute ihn an und meinte er sei zu dick, wie oft ich denn stille. Ich sage: nach Bedarf. Sie lachte und meint, dass das zu viel sei und man soll nur alle drei Stunden stillen. Ich soll ihm zwischendurch Wasser oder Tee geben und nicht jedes Mal stillen wenn er weint. Das tue ich gar nicht. Wenn er gerade erst getrunken hat, dann versuche ich selbstverständlich erst, ihn anders zu beruhigen, was auch immer gut gelingt. Die Ärztin fragte dann ob er spuckt. Ich bejahte dies. Mein Großer hatte das aber auch, und er bekam die Flasche. Die Ärztin erklärte, dass es sein könnte, dass das durch das zu häufige Stillen komme und dass ich ihn gefährde weil das häufig zu Bronchitis führen könne.
Ich bin verwirrt: normalerweise empfiehlt man bei Reflux doch öfter kleine Mahlzeiten (zumindest bei Erwachsenen). Außerdem bin ich schon vorsichtig wg dem Reflux: halte ihn leicht aufrecht nach dem Trinken, wickel möglichst nicht direkt danach etc.
Die harten Fakten
Geboren mit 54 cm und 3.650 g, bei der U3 mit 7 Wochen hatte er 57 cm und 5750 g.
Er hat anfangs als die Hebamme noch gewogen hat, ca 300 g pro Woche zugenommen. Sie fand das ok, die Ärztin nicht. Wenn ich ihn jetzt nach der Uhr stille, dann stimmt ja gar nichts mehr: sein Hungergefühl, meine Milchproduktion-nichts kann mehr fließen und sich anpassen.
Ich brauche einen Rat auch wg der Sache mit dem Reflux und der Bronchitisgefahr.
Entschuldigung wegen dem langen Text.
Herzliche Grüße
von
Litha
am 23.05.2016, 09:08
Antwort auf:
Stillkind "zu dick"??
Liebe Litha,
Alle Stillexperten sind sich einige, dass Stillen nach Bedarf für Mutter und Kind am besten ist. So wird sichergestellt, dass das Baby die Nahrung, die es braucht, genau dann bekommt, wenn es sie braucht und sich das Gleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage einstellen kann. Während eines Wachstumsschubs kann es durchaus sein, dass ein Baby alle Stunde an die Brust möchte.
Es gibt keinen Grund einen Mindestabstand zwischen zwei Stillmahlzeiten einzuhalten. Im Extremfall kann das „Hinhalten" des Babys zu Gedeihstörungen führen. All die Erzählungen von einem bestimmten Rhythmus eines Babys sind schlicht und ergreifend falsch.
Muttermilch ist innerhalb von 60 bis 90 Minuten verdaut und der Organismus eines Babys ist auf häufige Mahlzeiten eingestellt.
So kleine Babys wollen im Schnitt zwischen acht und zwölf Mal innerhalb von 24 Stunden gestillt werden. Im Schnitt heißt, es gibt Babys die seltener nach der Brust verlangen (eher wenige Babys) und es gibt Babys, die häufiger an die Brust wollen (die Mehrzahl). Nun ist es jedoch nicht so, dass ein Kind zügig zwanzig Minuten trinkt und sich dann nach drei Stunden das nächste Mal rührt, sondern es kommt immer wieder zu Stillepisoden, die so ablaufen: das Kind trinkt eine kurze Weile, hört auf, döst vielleicht sogar weg und beginnt erneut kurz zu trinken usw. Dieses Verhalten heißt Clusterfeeding und ist absolut normal für kleine Babys. Besonders gehäuft treten diese Stillepisoden am Nachmittag und Abend auf, wie überhaupt die Abstände zwischen den Stillzeiten im Verlauf des Tages immer kürzer werden. Dazu kommt, dass in bestimmten Altersstufen Wachstumsschübe zu erwarten sind, in denen die Baby manchmal schier ununterbrochen an die Brust wollen.
Wachstumsschübe sind Zeiten erhöhter Nachfrage, in denen das Baby sehr oft gestillt werden möchte. Wird das Baby dann auch häufig angelegt (etwa alle zwei Stunden, manchmal sogar noch häufiger), erhält der Körper der Frau das Signal „mehr Milch bilden" und nach ein paar Tagen ist der Spuk vorbei und die Milchmenge hat sich dem Bedarf des Babys wieder angepasst. Stillen funktioniert nach dem Prinzip von Angebot und Nachfrage. Wird in dieser Situation zugefüttert, wird der Brust kein erhöhter Bedarf signalisiert und die Milchmenge kann sich auch nicht auf den erhöhten Bedarf einstellen. Das Gleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage wird gestört und es kann der Beginn eines unfreiwilligen Abstillens sein.
Aber auch ohne Wachstumsschub ist es normal, dass ein so kleines Baby mindestens acht bis zwölf Mal innerhalb von 24 Stunden gestillt werden will.
Muttermilch ist innerhalb von 60 bis 90 Minuten verdaut und der Organismus eines Babys ist auf häufige Mahlzeiten eingestellt.
Das Dauerstillen kann sehr anstrengend und auch nervend sein, aber es hat seinen Sinn. Rein wissenschaftlich gesehen ist es so, dass das Baby durch den Stillmarathon die Prolaktinausschüttung anregt und so dafür sorgt, dass die Milchbildung angeregt wird und genügend Milch für das Kind zur Verfügung steht.
Stillkinder haben normalerweise einen sehr guten Würgereflex, so dass das Risiko, dass tatsächlich etwas „in den falschen Hals" bekommt. Sollte das Kind tatsächlich etwas Muttermilch in die Lunge bekommen, dann ist Muttermilch eine nicht reizende Flüssigkeit und eine geringe Menge richtet keinen Schaden an.
Es stimmt auch nicht, dass Muttermilch das Verschleimen fördert. Dies wird von manchen Menschen von Kuhmilch angenommen, aber Kuhmilch ist nun mal nicht mit Muttermilch gleichzusetzen.
Fast alle Babys spucken, manche mehr, andere weniger. Solange dein Baby weiterhin ausreichend nasse Windeln hat, einen gesunden und lebhaften Eindruck macht und gedeiht, ist das Spucken zwar lästig, wahrscheinlich aber kein Anlass zur Sorge. Bei den meisten Babys ist dieses Spucken in erster Linie ein Wäscheproblem ("bitte ein T Shirt im Spuckdesign, dann fallen die echten Flecken weniger auf"). Nach einiger Zeit verliert sich das Spucken bei den meisten Babys und die Waschmaschine kann wieder weniger in Anspruch genommen werden.
Erst wenn ein Baby einen kranken Eindruck macht (schlapp, teilnahmslos, anhaltendes Weinen, Anzeichen von Austrocknung) oder immer häufiger in hohem Bogen schwallweise erbricht, sollte vorsichtshalber ein Arzt aufgesucht werden, um eine gesundheitliche Störung ausschließen zu lassen.
Haben Babys Spuckprobleme, wird empfohlen, sie während und nach den Mahlzeiten aufrecht zu halten, sie häufig aufstoßen zu lassen und sie häufig, aber für kürzere Zeit anzulegen. Manchmal liegt das Spucken wirklich daran, dass die Babys zu hastig trinken. Es gibt aber auch Babys, bei denen sich das Spucken durch nichts beeinflussen lässt und man einfach abwarten muss, bis sie aus dem Spuckalter herausgewachsen sind.
Manchmal ist es auch hilfreich, das Baby mit erhöhtem
Oberkörper zu lagern.
Beobachte die Stillmahlzeit einmal ganz genau. Hat dein Kleiner nach dem
Einsetzen des Milchspendereflexes Probleme mit dem Schlucken nachzukommen
bzw. verschluckt er sich sehr leicht? Schießt die Milch regelrecht aus deiner Brust
heraus? Fließt Milch aus dem Mundwinkel deines Babys? All dies sind Anzeichen für
einen sehr starken Milchspendereflex. Es kommt vor, dass der Milchspendereflex so
stark ist, dass das Kind nicht damit zurecht kommt.
Bei einem sehr starken Milchspendereflex hat es sich bewährt, das Baby von der Brust zu
nehmen sobald die Milch zu fließen beginnt (lege dir eine Windel zum Auffangen der
Milch hin) und erst nach ein bis zwei Minuten weiter zu stillen, wenn der Milchfluss etwas
nachlässt. Eine weitere Möglichkeit ist das „Berg auf Stillen“. Dazu wird das Baby so gehalten,
dass sein Kopf, Nacken und Hals höher liegen als die Brustwarze. Beim Stillen mit dem
Rückengriff lehnt die Mutter sich dabei nach hinten, beim Wiegengriff wird das Baby von unten
mit zwei Kissen im Schoß der Mutter abgestützt und die Mutter lehnt sich, möglichst in einem
bequemen Sessel sitzend, zurück.
Weitere Möglichkeiten einem starken Milchspendereflex zu begegnen sind:
die Häufigkeit der Stillmahlzeiten erhöhen. Dadurch verringert sich die Menge der
gestauten Milch
Wenn Du die Abstände zwischen den Stillmahlzeiten
vergrößerst verschlimmert sich das
Problem noch weiter.
nur eine Brust pro Mahlzeit anbieten. Dieser Vorschlag passt nicht zu dem, was
üblicherweise gesagt wird. Aber das Ziel ist es die Brust weniger zu stimulieren. Wenn dein
Baby quengelt und oft trinken möchte, kann es nötig sein, dass Du ihm mehrere Male
dieselbe Brust über einen Zeitraum von zwei bis drei Stunden anbietest, bevor Du die Seite
wechselst. Wenn sich die zweite Brust zwischendrin zu voll anfühlt oder spannt, solltest Du
gerade so viel Milch ausstreichen, dass Du dich wohl fühlst, um die Milchproduktion nicht zu
sehr anzuregen.
das Baby stillen, wenn es gerade wach geworden ist. Es wird dann eventuell nicht so stark
saugen, wie wenn es richtig wach und hungrig ist. Wenn das Baby weniger intensiv saugt,
ist häufig auch der Milchspendereflex weniger stark.
verschiedene Stillpositionen ausprobieren (auch das oben beschriebene Berg auf Stillen)
das Baby oft aufstoßen lassen.
den Gebrauch von künstlichen Saugern und Schnuller vermeiden. Mit dem Schnuller lässt
sich ein Baby vielleicht hinhalten, aber es bleibt hungrig. Die Milch wird dann um so mehr mit
Macht herausschießen, vor allem je mehr das ausgehungerte Baby kräftig saugen wird.
Ich hoffe, ich konnte dich ein wenig beruhigen?!
LLLiebe Grüße
Biggi
von
Biggi Welter
am 23.05.2016
Antwort auf:
Stillkind "zu dick"??
Liebe Biggi,
danke für die ausführliche Antwort. Bergauf stillen mache ich häufig weil es einfach bequemer ist, vor allem mit meinen Großen Brüsten
Es ist einfacher mit der Schwerkraft zu arbeiten als ständig das Kind gegen die Schwerkraft an sich zu ziehen. Starker Milchspendereflex könnte sein. Oft ist der Kleine auch schon nach einer Seite satt und zufrieden.
Ich schaue einfach wie es weiter läuft und suche mir vielleicht eine andere Kinderärztin. ;-)
Danke
von
Litha
am 23.05.2016, 12:39