Guten Abend, mein Sohn wurde kürzlich im Alter von drei Wochen operiert (beidseitiger Leistenbruch). Entgegen aller Absprachen durfte ich auf der Intensivstation nicht bei ihm schlafen sondern nur zum Stillen vorbeikommen. Zwar bemühte ich mich darum nachts alle 2 Std zum Kuscheln und Stillen bei ihm zu sein, dennoch weinte er meist schon wenn ich bei ihm eintraf. Obwohl ich mich dagegen ausgesprochen hatte, gaben ihm die Schwestern einen Schnuller, den er zunächst immer wieder ausspuckte und schließlich doch annahm.
In der nächsten Nacht auf der Kinderstation schliefen wir wieder gemeinsam in einem Bett. Mein Sohn wollte permanent an die Brust und weinte, lutschte dann aber häufig nur daran, so dass ich ihn neben mich legte. So waren wir mehrfach über Stunden wach.
Vorher schlief er in der Nacht und gab sich mit kuscheln oder trinken zufrieden wenn er zwei bis dreimal wach wurde.
Nun möchte er nachts ständig an die Brust und sucht auch danach wenn er mal zum Trost auf meinem Bauch liegt. Er wird mindestens einmal in der Nacht sehr ungehalten, wenn ich ihn nicht dauerhaft an der Brust lutschen lasse, was ich nicht mache. Auch möchte ich weiterhin auf einen Schnuller verzichten weil er ihn vorher auch nicht brauchte. Was kann ich tun?
Mit Dank und freundlichen Grüßen
Navvyjules
von
Navvyjules
am 06.04.2016, 22:47
Antwort auf:
Kind durch Schnuller verunsichert?
Liebe Navvyjules,
für dein Baby war die Situation anstrengend und angsteinflößend und es sucht jetzt deine Nähe und die Sicherheit, die es an der Brust spürt.
Gib deinem Baby die Zeit, einen Schnuller würde ich auch nicht geben.
Ein Schnuller ist kein zwingend notwendiger Bestandteil der Babyausstattung (eben so wenig wie die Flasche). Es ist auch nicht das Baby, das den Schnuller braucht, sondern es sind die Eltern, das sollte sich jede Mutter und jeder Vater bewusst machen. Beim Schnuller handelt es sich um nichts anderes als um eine Brustattrappe, eine Kopie. Und nun ist es eben so, dass eine Kopie nie wirklich das Original vollständig erreicht und das gilt auch und besonders für den Schnuller. Diese Attrappe kann manchmal sinnvoll und hilfreich sein, wenn sie überlegt und wohl dosiert eingesetzt wird. Aber Eltern sollten sich auch der Nebenwirkungen des Schnullers bewusst sein:
• Schnuller sind künstliche Sauger und können beim Baby zum falschen Saugen an der Brust führen. Diese sogenannte Saugverwirrung kann ernsthafte Stillprobleme nach sich ziehen.
• Durch Schnuller wird die Zeit, die das Baby an der Brust der Mutter verbringt eingeschränkt, was die Milchbildung der Mutter negativ beeinflussen kann.
• Kinder ohne Schnuller erkranken seltener an Mittelohrentzündungen.
• Schnullergebrauch kann Kieferfehlstellungen begünstigen.
• Schnullergebrauch kann zu einer ungünstigen Mundatmung führen. Eine offene Mundatmung führt zu einer erhöhten Infektanfälligkeit und kann Haltungsprobleme begünstigen.
• Kinder, die einen Schnuller hatten, brauchen häufiger eine logopädische Behandlung
Ein Aspekt, der auch nicht zu vernachlässigen ist, ist, dass Eltern dem Kind den Schnuller zunächst angewöhnen und dann (nach einer mehr oder weniger langen Zeit) wieder abgewöhnen. Das Abgewöhnen des Schnullers kann sehr nervenaufreibend für alle Beteiligten sein. Ein „schnullerabhängiges“ Kind kann in der Nacht sehr oft die Eltern aus dem Bett springen lassen, weil es zum Wiedereinschlafen oder Weiterschlafen den Schnuller braucht und ihn alleine nicht findet.
Wenn schon Schnuller, dann wirklich überlegt, wie ein Medikament überlegt eingesetzt werden sollte und auch mit Blick auf die Zukunft und nicht nur auf den momentanen „Vorteil“
Der Schnuller ist nicht die einzige Möglichkeit, ein aufgebrachtes oder sonstwie unruhiges Kind zu beruhigen, es gibt auch Alternativen.
• Das Kind kann getragen werden. Durch das Tragen wird das Bedürfnis des Kindes nach Körperkontakt, Geborgenheit, Wärme und Nähe gestillt und mit einem gut gebundenen Tragetuch hat man mindestens eine Hand frei, um andere Dinge zu tun.
• Das Kind kann gebündelt werden. Das Bündeln gibt dem Baby das Gefühl von Geborgenheit und lässt es seinen Körper und seine Grenzen spüren. Das Gefühl von Begrenzung hilft dem Kind sich sicher zu fühlen.
• Man kann ein Nest bauen. Auch hier ist die Begrenzung der springende Punkt, der dem Kind Geborgenheit vermittelt.
• Massage, eine warmes Bad oder auch ein warmes Körnerkissen können beruhigend wirken. Schaukelbewegungen (Wiege, Hängematte, Schaukelstuhl, mit Tragetuch spazieren gehen, Kinderwagen), monotone Geräusche (Staubsaugen, Auto fahren), beruhigende Musik, Singen und Tanzen mit dem Baby und auch der Schutz vor Überreizung (viele Besucher, Fernseher) helfen einem Kind sich zu beruhigen.
Als Saugersatz bietet sich ein Finger (von Kind oder Vater oder Mutter) oder eventuell auch ein Lutschetuch an. Schnuller sind auch nicht „kiefergerecht“, wie es immer wieder behauptet wird.
LLLiebe Grüße
Biggi Welter
von
Biggi Welter
am 07.04.2016