Braucht ein 10 Monate altes Baby nach dem Abstillen "Ersatz-Milch"?

 Kristina Wrede Frage an Kristina Wrede Stillberaterin

Frage: Braucht ein 10 Monate altes Baby nach dem Abstillen "Ersatz-Milch"?

Hallo in die Runde, da ich plötzlich eine Schilddrüsenüberfunktion habe (von der der Endokriniologe meint, dass sie "postnatal" sei) soll ich meine 10 Monate alte Tochter abstillen. Sie bekommt bereits Beikost – soll aber nun ganz ohne meine Milch auskommen. Nun meine Frage: Muss ich ihr nach dem Abstillen "Ersatz-Milch" (also Folge-Milch aus der Drogerie) geben? Oder reicht ihr die "Flüssigkeitszufuhr" über stilles Wasser oder ungesüssten Tee? Tausend Dank vorab für eine Antwort von Mojo23. PS: Kuhmilch ist ja – soweit ich mich erinnere – in diesem Altern noch keine Option, oder?

von Mojo23 am 15.10.2014, 13:29



Antwort auf: Braucht ein 10 Monate altes Baby nach dem Abstillen "Ersatz-Milch"?

Liebe Mojo23, eine Schilddrüsenüberfunktion kann auch in der Stillzeit behandelt werden. Ich zitiere aus "Arzneiverordnung in Schwangerschaft und Stillzeit" Schaefer, Spielmann, Vetter 7. Auflage 2006: Thyreostatika Erfahrungen. Zu den Thyreostatika zählen Carbimazol (z. B. Carbimazol Hexal®), Propylthiouracil (z. B. Propycil®), Thiamazol (= Methimazol, z.B. Favistan®) und Natriumperchlorat (Irenat®). Carbimazol wird zu Thiamazol als aktivem Metaboliten verstoffwechselt. Carbimazol und Thiamazol besitzen einen M/P-Quotienten von etwa 1. Unter täglich 40 mg Carbimazol wurden Konzentrationsspitzen des Methimazol von 0,72mg/l Milch gemessen (Cooper 1984). Daraus errechnet sich eine relative Dosis für Carbimazol von maximal 27% für Jen gestillten Säugling, im Durchschnitt sind jedoch nur 2-10% der jewichtsbezogenen Dosis anzunehmen (Übersicht in Bennett 1996). Unter 5 mg/Tag Thiamazol konnten maximal 65 µg/l Milch gemessen werden. Ein Säugling erhält demnach täglich bis zu 9,8 µg/kg. Das entspricht etwa 12% der mütterlichen Dosis pro kg Körpergewicht. Im Plasma eines gestillten Zwillingspärchens wurde Thiamazol mit 45 und 53 µg/l im subtherapeutischen Bereich gefunden. Die Kinder zeigten keine Symptome, ihr Schilddrüsenstatus war unauffällig (Rylance 1987). Von 46 gestillten Kindern, deren Mütter einen Monat lang 20 mg Methimazol und von 42, deren Mütter zunächst 30 mg täglich einnahmen und dann bis auf eine Erhaltungsdosis von 5-10 mg reduzierten, wiesen alle gleich bleibend normale T3-, T4- und TSH-Werte auf (Azizi 2002). Nicht nur altersentsprechende Schilddrüsenparameter, sondern auch eine normale psychomotorische Entwicklung bis zum Alter von 49 bis 86 Monaten wurden beobachtet (Azizi 2003). Bei Behandlung mit 400 mg Propylthiouracil wurden in der Muttermilch maximal 0,7 mg/l gefunden. Das sind für den Säugling in 24 Stunden höchstens 0,1 mg/kg, also 1,5% der mütterlichen gewichtsbezogenen Dosis. Der M/P-Quotient liegt bei 0,1 (Kampmann 1980). In älteren, methodisch unzureichenden Untersuchungen wurden M/P-Werte von 12 beschrieben. Eine neuere Untersuchung an elf Kindern, deren Mütter täglich 300-750 mg einnahmen, erbrachte erhöhte TSH-Werte bei zwei Kindern 7 Tage nach der Geburt. Diese normalisierten sich jedoch trotz gleich bleibender oder erhöhter mütterlicher Dosis. Es wurde kein Zusammenhang zwischen der mütterlichen Dosis und dem mütterlichen Schilddrüsenhormon fT4 einerseits und dem kindlichen TSH andererseits gefunden. Die Autoren sehen auch bei der höchsten Tagesdosis kein Risiko für das gestillte Kind (Momotani 2000). Natriumperchlorat ist ein Reservethyreostatikum. Es blockiert die Schilddrüse durch Verdrängung des Iod und wird bei szintigraphischen Untersuchungen anderer Organe mit radioaktiv markiertem Iod verwendet. Durch Perchlorat wird auch der Iodtransport in die Brust gehemmt (Janssen 2001), denn das laktierende Brustgewebe kann Iod anreichern. Erfahrungen zur Stillzeit liegen nicht vor. Empfehlung für die Praxis: Propylthiouracil ist Thyreostatikum der ersten Wahl in der Stillzeit. Thiamazol und Carbimazol können auch eingenommen werden, insbesondere wenn die tägliche Erhaltungsdosis 10 mg nicht überschreitet. Wenn Thiamazol oder Carbimazol in einer höheren Dosierung gegeben werden, oder die Dosis von Propylthiouracil im oberen therapeutischen Bereich liegt, sollten nach etwa 3 Wochen die Schilddrüsenparameter des Säuglings kontrolliert werden. Schilddrüsenhormone dürfen nicht zusammen mit Thyreostatika gegeben werden, da hierdurch eine höhere Dosierung der Thyreostatika erforderlich wird. Natriumperchlorat soll in der Stillzeit nicht genommen werden. Sollte die Ärztin/Arzt nähere Informationen benötigen, können sie sich an die Beratungsstelle für Embryonaltoxikologie in Berlin Tel.: 030 303081111 wenden. Das Team um Dr. Ch. Schaefer hat dort einen speziellen Beratungsdienst für Ärzte zu Medikamentenfragen und Fragen zu Diagnoseverfahren in Schwangerschaft und Stillzeit eingerichtet. Solltest du trotzdem abstillen wollen, dann sprich bitte mit eurem Kinderarzt. Derzeit ist umstritten, ob Kuhmilch gegeben werden darf oder doch weiter vermieden werden. Wir empfehlen weiterhin bis zum 1. Geburstag PRE-Nahrung, wenn nicht gestillt werden kann. Lieben Gruß, Kristina

von Kristina Wrede am 15.10.2014



Antwort auf: Braucht ein 10 Monate altes Baby nach dem Abstillen "Ersatz-Milch"?

Liebe Kristina, tausend Dank für deine schnelle Antwort. Das Problem ist, dass die Überfunktion eine Post-partem ist (das heißt, nach der Geburt meiner Tochter und durch die Hormone begünstigt. Ich muss keine Schilddrüsenmedikamente einnehmen, denn der Arzt sagt, dass sich die Schilddrüsenentzündung nach dem Abstillen von alleine zurückbildet. Da ich aber sehr starke Überfunktionssymptome (Zittern, schneller Herzschlag etc.) habe, möchte ich den Rat des Arztes befolgen und nun (nach 10 Monaten) abstillen. Meine Frage ist eigentlich eher: Muss ich meiner Tochter nun noch Pre- oder Folge-Milch geben oder können wir auf die "künstliche" Milch verzichten? Ich habe schon zwei Kinder, die beide ein Jahr gestillt wurden, den beiden habe ich nie künstliche Milch gegeben... (deshalb würde ich mir die "Fläschen-Action" eigentlich gerne ersparen). Danke vorab für dein neuerliches Feedback von Mojo23.

von Mojo23 am 15.10.2014, 17:10



Antwort auf: Braucht ein 10 Monate altes Baby nach dem Abstillen "Ersatz-Milch"?

Liebe Mojo, wie gesagt, es ist umstritten, WELCHE Milch die sinnvollste ist in diesem Alter. Tatsache ist allerdings, dass ein so junges Kind noch ein ausgeprägtes Saugbedürfnis hat, und ihr darum wohl eher nicht ohne Flasche auskommen werdet. Immerhin spielt das Saugen ja auch eine wichtige Rolle in der gesamtheitlichen Entwicklung eines kleinen Menschen... Im Prinzip ist es sinnvoll, wenn du die Frage nach der Art der Milch mit eurem Kinderarzt klärst. Und dann kannst du ausprobieren, ob es genügt, wenn du sie deiner Kleinen in einem Becher gibst, und sie zusätzlich einen Schnuller bekommt zum Saugen. Oder ob die Flasche doch zweckmäßiger ist. Lieben Gruß, Kristina

von Kristina Wrede am 15.10.2014



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