Wie schlechte Angewohnheiten abgewöhnen?

 Doris Plath Frage an Doris Plath Ernährungsberaterin

Frage: Wie schlechte Angewohnheiten abgewöhnen?

Liebes Ernährungsberatungsteam Ich habe eigentlich 2 Fragen zu einem Thema! Meine Tochter ist 22 Monate alt und hat schon immer schlecht gegessen! Es gab sogar Phasen in denen sie schon schrie wenn ich sie nur in ihr Stühlchen gesessen hab! Dummer Weise habe ich mir und auch ihr dann angewöhnt beim Essen KIKA zu gucken! Damit war das Geschrei vorbei und es ging auch ein bisschen Essen rein! Mal mehr mal weniger! Ich weiß ich habe einen RIESEN Fehler gemacht ..nun möchte ich es ihr ganz dringend abgewöhnen! Habe aber Angst vor einem erneuten Hungerstreik! Wie mache ich das am Besten? Und wie kann ich ihr Essen im Allgemeinen schmackhafter machen ? Sie hat gestern den ganzen Tag 3 Scheiben Salami gegessen! Ich hab immer Sorge dass sie nicht genug zu sich nimmt! Es ist ein Teufelskreis! Ich brauche wirklich Hilfe! Vielen Dank im Voraus

von Thilly13 am 07.04.2015, 21:20



Antwort auf: Wie schlechte Angewohnheiten abgewöhnen?

Liebe „Thilly13“, gerne sind wir bei Ihren beiden Fragen zur Stelle. Im Grunde haben die beiden Fragen einen Zusammenhang. Es ist ganz typisch, dass die Kleinen ein sehr eigenwilliges Essverhalten an den Tag legen, nur Spatzenportionen essen oder sich auf wenige Lieblingsspeisen konzentrieren. Sie entdecken ihren eigenen Willen. Und was noch viel interessanter ist, sie entwickeln ein Gespür dafür wie sie die Aufmerksamkeit auf sich lenken können. Viele Eltern können ein Lied davon singen. Auch ich tendiere dazu, das Essen und das Spielen zu trennen. Es gibt eine Zeit zum Essen und es gibt eine Zeit zum Spielen, Lesen und Filme gucken. Natürlich müssen Sie jetzt nicht bierernst am Tisch sitzen. Eine schöne Atmosphäre und heitere Gespräche sind einladend und fördern den Appetit. Versuchen Sie es aber nicht mit „allen Tricks“ und „Ablenkungskünsten“. Auch wenn es schwerfällt. Sagen Sie Ihrem Mädchen mit ruhiger Stimme, dass es jetzt Essen gibt. Dass Ihre Kleine dann erstmal einige Zeit protestieren wird, ist doch verständlich. Sie versteht nicht den tieferen Sinn, warum sie diese nette Angewohnheit KIKA beim Essen zu schauen wieder aufgeben soll. Des Weiteren weiß Ihre Tochter aus Erfahrung, dass es ihr eh immer wieder gelingt die Mama rumzukriegen. Sie weiß, sie muss nur ein bisschen „Theater“ beim Essen machen. Mama ist so erpicht darauf, dass ich was esse. Gehe ich in den „Hungerstreik“ lenkt Mama nullkommanix wieder ein. Und hier ist genau der springende Punkt. Kinder loten beim Essen ihre Grenzen aus und schauen wie weit sie gehen können. Sie kriegen ganz schnell heraus, wie sehr sie Mami mit einem bestimmten Essverhalten oder mit Verweigerungen auf Trab halten und immer beste Aufmerksamkeit erreichen. Mama tut alles, damit ich was esse. „Das ist so toll, dass sich Mama mir so intensiv zuwendet.“ Bei den Eltern steht schnell die Befürchtung im Raum, die Kleinen könnten zu wenig bekommen oder einen Mangel erleiden. Oder die Kinder gehen abends hungrig ins Bett oder schlafen nicht durch... Deshalb wird alles Mögliche gekocht oder zubereitet und angeboten und versucht. Ihre Tochter ist sich natürlich ihrer Wirkung auf andere bewusst ist. Sie hat bemerkt, dass sie mit dieser Verhaltensweise die Mama berühren kann und viel Aufmerksamkeit bekommt. Versuchen Sie mal nicht so sehr darauf einzugehen. Nutzen Sie hier Ihre Vorbildfunktion. Leben Sie Ihrem Mädchen als Vorbild abwechslungsreiches Essen vor. Zeigen Sie Ihrer Kleinen wie viel Freude das Essen macht. Besetzen Sie das Essen positiv. Vermeiden Sie Tadel, Zwang und zu große Aufmerksamkeit gegenüber ihrem Verhalten. Meine wichtigster Tipp: Denken Sie immer daran, Sie sind die Mama. Sie geben vor, wann und was es zu essen gibt und in welchem Rahmen. Das ist Ihre Verantwortung als Mutter. Ihr Mädchen wiederum bestimmt, wie viel es davon essen mag. Noch ein paar einfach Grundregeln: Reichen Sie zu festen Zeiten (3 Haupt- und 2 Zwischenmahlzeiten) das Essen und vermeiden Sie kleine Snacks oder Naschereien zwischendurch. Dann kann sich bei den regulären Mahlzeiten auch ordentlich Hunger aufbauen und die Kleinen lernen ihren Hunger am Tisch zu stillen. Bieten Sie Ihrer Kleinen eine begrenzte Auswahl an Speisen und halten Sie die Portion auf ihrem Teller dabei eher klein. Fragen Sie nicht Ihre Tochter, was sie haben will. Versuchen Sie nicht angestrengt Mahlzeiten zu „finden“, die ihr schmecken könnten. Das ist überhaupt nicht notwendig. Nein, Sie als Eltern geben vor was es zu essen gibt. Es kann eine gewisse Auswahl geben, bei der Ihr Mädchen wählen kann. Ist nichts dabei, gibt es auch ansonsten nichts. Wenn die Kleine wenig oder gar nichts isst, bekommt sie auch nichts Beliebteres, sondern bis zur nächsten Mahlzeit nichts. Auch wenn Sie diesen Satz wahrscheinlich schon hundertmal gehört habe. Ein gesundes Kind verhungert nicht vor einem vollen Teller. Und dann lassen Sie Ihre Tochter beim Essen einfach mal in Ruhe essen!!! Schauen Sie nicht auf ihren Teller hin, „animieren“ und maßregeln Sie sie nicht dauernd, motivieren Sie sie nicht, kommentieren Sie nicht ihr Essverhalten… Sie möchten doch auch nicht, dass Ihr Essen dauernd begutachtet wird, oder? Essen Sie selbst mit Genuss, unterhalten Sie sich am Tisch über angenehme Dinge. Auch wenn es schwerfällt. Ich weiß, es ist nicht so leicht, aber versuchen Sie es mal eine Zeit lang aus. Bleiben Sie möglichst konsequent. Alles andere ist für Kinder nur verwirrend. Nehmen Sie sich viel Zeit für die gemeinsamen Mahlzeiten, setzen Sie sich gemeinsam mit dem Kind an den Tisch, ohne Fernseher oder andere Ablenkungen. Ziehen Sie Mahlzeiten aber nicht in die Länge. Nach etwa 30 Minuten sollte das Essen beendet sein, egal ob aufgegessen oder nicht. Dann ist wieder Spielzeit etc. Mehr gibt’s dann nicht. Das ist nicht so schlimm. Also ruhig ab und zu mal den Hunger zum Gehilfen machen. Eine angenehme Atmosphäre, kein Zeitdruck, ein hübsch gedeckter Tisch sind einladend und regen den Appetit an. Achten Sie auf eine entspannte Atmosphäre, bei denen jeder Zeit hat fertig zu essen und auch einmal etwas liegen lassen kann, wenn der Hunger nicht ganz so groß war. Greifen auch Sie selbst mit Genuss am Tisch zu. Sie sind das Vorbild, Ihr Mädchen wird Sie nachahmen. Zeigen Sie Ihrer Tochter wie viel Spaß das Essen macht. Freude am Essen ist mit der beste Appetitbringer. Es grüßt Sie herzlichst Doris Plath

von Doris Plath am 09.04.2015