Antwort Bindungseinschätzung

 Katrin Simon Frage an Katrin Simon Ausbilderin von Kinderkrankenschwestern

Frage: Antwort Bindungseinschätzung

Liebe Katrin, vielen lieben Dank für deine ausführliche Antwort zu meinem Posting "Bindungseinschätzung". Ich habe schon einige Mütter gefragt, wie das bei denen war mit dem Blickkontakt der Babys. Einige sagten, dass dieser auch erst ab 9 - 10 Monaten intensiver wurde, andere sagten er sei schon immer recht häufig gewesen. Ich bekam auch schon die Rückmeldung, dass ich vielleicht zu viel von ihm erwarte. Den Papa schaut(e) er ja auch nicht anders an. Aktuell schaut und strahlt er mich tatsächlich auch mehr an. Zum Beispiel, wenn wir rumtoben, ich ihn kitzle, er mir von seinen Häppchen abgibt, usw. Vielleicht weil ich nun doch mehr auf ihn achte und weniger auf das was eine "perfekte" Mutter tun muss oder weil er eben einfach sehr mobil ist und daher den Kontakt sucht. Er krabbelt mir meist auch hinterher, wenn ich den Raum wechsle, wenn nicht gleich, dann zumindest nach 1 - 2 Minuten. Er wollte aber auch schon mit 4 Wochen immer mit Blick über die Schulter getragen werden, anstatt im Wiegegriff oder sich anzukuscheln. Und wenn mein Mann oder ich weg waren (ich ja immer nur kurz) und wiederkamen dann nahm er uns die ersten Monate zur Kenntnis, ließ aber schnell den Blick wieder schweifen, vielleicht weil alles andere spannend war und speziell meine Anwesenheit für ihn einfach selbstverständlich war. Aber das hat mich eben auch immer irritiert. Ich glaube ich denke generell zu viel nach und versuche viel zu viel zu interpretieren und übersehe schnell all das was doch so toll ist, auch wenn ich vielleicht kein typisches Kuschelbaby habe obwohl er wie gesagt sehr gern und oft stillt und auch gern getragen wurde/wird (wenn auch nicht unbedingt in einer Trage), mich zu einschlafen braucht usw. Kann denn "zu viel geben zu wollen" auch einen Schaden anrichten? Vielleicht spürte er ja manchmal meine Enttäuschung darüber, dass er eben nicht so verkuschelt und ein immer strahlendes Baby war. Ich dachte eben immer er ist eben gerade deswegen nicht so verkuschelt und lächelt nicht so viel, weil ich zu viel falsch mache und habe daher umso mehr versucht ihm noch mehr zu geben, wobei ich seine Grenzen aber schon respektiert habe. Dabei ist es womöglich (sehr sicher sogar) einfach seine Persönlichkeit. Ich gehe ja mit ihm zu einer angeleiteten Krabbelgruppe und vielleicht traue ich mich dort bei der Leiterin mal anzusprechen, wie sie meinen Sohn und mich in der Interaktion erlebt. Dort ist er nach ein paar Minuten Ankommzeit sehr aufgeschlossen, krabbelt auch mal zu den anderen, aber kommt auch gern zwischendurch immer wieder zu mir zurück. Aber dieses typische Rückversicherungsverhalten mittels Blickkontakt findet nicht wirklich statt. Auch wenn wir Lieder singen, schaut er meist zu den anderen statt zu mir. Einige andere Babys machen dies auch, aber die meisten schauen ihre Mütter an. Fühlt er sich einfach meiner sicher, dass er einfach nur seine Neugier "auslebt" oder fühlt er sich bei mir unsicher, so dass er sich deshalb abwendet? Ich würde mich freuen, wenn du noch einmal kurz auf meine zwei Fragen hier eingehen könntest. Vielen lieben Dank! Ich will doch einfach nur eine gute Mutter sein. Beste Grüße Ocean

von oceanblue am 05.05.2017, 15:17



Antwort auf: Antwort Bindungseinschätzung

Liebe oceanblue, aus Ihren erweiterten Zeilen und Beschreibungen im Leben mit Ihrem Sohn, sehe ich absolut keine aktuelle bedenkliche Bindungssituation :)). Ihr Sohn ist von Anfang an ein aufgeweckter, neugieriger Weltenentdecker und möchte nichts verpassen. Egal ob vom Arm herabschauend oder in seinem Radius, der ihm möglich ist :)). Und das gelingt nur, indem er sich auch mal umschaut und sucht, was die Umgebung zu bieten hat. Ein Kind, welches sich gut und sicher fühlt, traut sich seine Umwelt zu erforschen.Auch wenn es sich "nur" um den rückversichernden Blick geht oder Mamas Stimme aus dem Hintergrund, wenn sie lacht, summt, singt oder spricht... Oder es Mamas Wärme/ Duft ist, der spürbar ist, wenn sie in der Nähe bleibt... Kinder, die Ihren Blick von ihrer Mutter auch mal abwenden, sind entweder an der Umwelt interessiert oder aber zeigen klar; ich brauche einen Moment Rückzug; möchte für mich sein. Da ein Säugling dies eben verbal noch nicht artikulieren kann, ist Körpersprache sein Ausdrucksmedium :). Zu Ihrer Kernfrage: kann ich durch "zuviel Liebe gebend" Schaden anrichten? NEIN! Sie können niemals zu viel Mutterliebe geben. Denn diese ist die Basis für ein Urvertrauen Ihres Kindes. Diese braucht ein Kind, um überhaupt all seine Entwicklungsschritte mutig und mit der angeborenen Neugierde eingehen zu können. Sie können mit Ihrer Liebe nichts falsch machen :)). Auch nicht mit dem " Umfang" Ihrer Liebe. Entscheidend ist, dass Ihre Zuwendung und Liebe nicht auf einer Erwartungshaltung basiert. Diese Vermutung haben Sie schon dezent angesprochen, weil Sie offenbar dieses in sich gespürt haben... Liebe gibt man und sie wird empfangen. Sie können sicher sein, dass Ihr Kind diese voll und ganz von Ihnen empfängt. Vllt. haben Sie eine Bindungserfahrung, die Sie derzeit sehr beschäftigt- ohne, dass Sie eigentlich wissen, dass Sie diese erfahren haben. Kinder haben ein sehr feines Gespür für die Gefühle und Stimmungen ihrer Eltern. Sie spüren auch, wenn sie ihre Eltern mit einer Reaktion aufheitern oder es ihnen mit einem Verhalten Recht machen können. Hier allerdings manifestiert sich u.U. ein Verhaltensmuster, was für ein Leben lang prägend und auch einschränkend sein kann; auch was andere Bindungen anbegeht. Ein Kind, was lernt, sich so zu verhalten, dass es gemocht wird oder so zu agieren, dass es recht ist, kann u.U. sein eigenes Potential und auch seine eigenen Emotionen nur bedingt frei ausleben... Was kann ich Ihnen mitgeben ? Vll. sprechen Sie mit der Krabbelgruppenkursleitung einmal unter vier Augen vor oder nach dem Kurs, ggf telefonisch. So kann sie sich vor Ort doch einmal gezielt ein Bild von Ihnen beiden machen. Und/oder Sie geben sich selbst ganz allein die Gelegenheit zu schauen, warum die Zweifel so arg auftreten. Eltern-Müttergespräche können helfen, eine professionelle Begleitung, gezielte Gruppen wie z.B. der Besuch einer Gruppe die nach SAFE unterrichtet. Ein bindungsförderndes-evaluierendes Konzept oder auch durch den Kinderschutzbund entwickeltes Konzept " Starke Eltern, starke Kinder"... Als Fazit aus Ihrem Beitrag und diesen ganz isoliert gelesen, ist das Verhalten Ihres Kindes vollkommen gesund und richtig :)). Gönnen und genießen Sie sich jeden Tag, vllt. zum Abschluss, was Ihr Baby tolles und wunderbares getan und gelernt hat. Und nur das... *** Liebe Grüße von Katrin und bis bald :))

von Katrin Simon am 09.05.2017