Hallo zusammen, seit über vier Jahren lese ich in diesem Forum und möchte mich herzlich bei allen für diese tolle Arbeit bedanken!
Meine zweite Tochter ist jetzt 17 Monate alt und ich habe sie fast 14 Monate voll gestillt. Sie wollte einfach nicht essen, inzwischen klappt das ganz gut. Ich habe 10 Monate ohne Probleme gestillt und seit Pfingsten habe ich einen Milchstau nach dem anderen. Ich bin ständig außer Gefecht. Die Ursache ist Stress und wenig Schlaf. Es leidet die ganze Familie darunter, weil sich alles um das stillen dreht. Meine große Tochter leidet am meisten, weil ich immer langsam machen muss und versuche mich zu schonen. Ich bin eigentlich eine aktive Mama und überall gerne dabei und es fällt mir sehr schwer immer in dieser Schonhaltung zu sein. Seit Anfang Oktober habe ich angefangen schrittweise abzustillen. Inzwischen stillen wir noch mittags, abends und nachts 2-3 mal. Das ist für uns ein enormer Fortschritt, im September haben wir tagsüber alle drei Stunden und nachts stündlich gestillt. Und trotzdem liege ich seit heut morgen schon wieder flach. Brust schmerzt, leichte Temperatur (38 Grad ), leichte Gliederschmerzen.... Ich kenne das ja alles gut und weiß was zu tun ist und spät. in drei Tagen bin ich wieder fit. Und trotzdem fällt es mir unglaublich schwer endgültig abzustillen. Ich bin einfach so traurig, dass unsere Stillzeit im letzten halben Jahr so schwierig war und dass es jetzt dann vorbei sein soll. Kennt das noch jemand? Liebe Grüße, die Kathi
von
MamiKathi2
am 05.12.2016, 15:11
Antwort auf:
Warum fällt mir das abstillen so schwer?
Lieber Kathi,
wenn Du sehr erschöpft bist, so hat das wohl weniger mit dem Stillen zu tun, sondern damit, dass Du einen der anstrengendsten Berufe der Welt ausübst: Mutter zweier kleinen Kinder. Das ist ein 24-Stunden Job mit 7-Tage-Woche ohne Urlaubsanspruch. Und diese Jobbeschreibung für eine Stelle auf die sich sonst freiwillig nie jemand bewerben würde, sagt doch wohl schon alles, ganz gleich, ob die Frau stillt oder nicht.
Deshalb ist es absolut notwendig, dass eine Mutter Unterstützung erhält und auch Zeit und Raum für sich hat, um wieder aufzutanken. Das bedeutet aber nicht zwangsläufig das Abstillen. Es wird leider immer wieder so hingestellt, als das Abstillen die Lösung aller Probleme sei, doch dem ist nicht so. Realistisch betrachtet ist es einfacher nachts ein Kind zu sich ins Bett zu nehmen und bei Bedarf zu stillen als aufzustehen, eine Flasche zuzubereiten oder andere Dinge zu tun, um das Kind in der Nacht zu versorgen. Und ebenso realistisch betrachtet haben nur sehr wenige Mütter einen Partner, der nach dem Abstillen bereit ist längerfristig und öfter als gelegentlich, die Nachtschicht zu übernehmen.
Du kannst jetzt mit vielen Tricks versuchen, die Situation zu verändern, aber es wird nur Stress und Tränen geben, denn dein Kind IST einfach in der Phase, in der es dich so viel braucht.
Die unruhigen Tage und vor allem Nächte sind furchtbar anstrengend, daran kann ich mich auch noch gut erinnern. Trotzdem: Sie sind normal und werden garantiert irgendwann vorbei sein. Wann, kann ich leider nicht sagen. Aber sie gehen wirklich vorbei! Bis dahin kannst du probieren, dir den Alltag so einfach wie möglich zu machen, so dass auch du tagsüber mal ein kurzes Nickerchen machen kannst.
In dieser Zeit verarbeiten Kinder vieles in der Nacht, und brauchen die Bestätigung, dass Mama ganz nah ist, und die beruhigende Milch, noch ziemlich. Es ist kein Rückschritt, wie es scheint, sondern zeigt, dass sich dein Kleines weiter entwickelt!
Seit Jahrtausenden und in unzähligen Kulturen ist es so, dass Mütter ihre Babys in den Schlaf stillen. Das Saugen wirkt beruhigend und nicht umsonst wurden im Laufe der Zeit die verschiedensten Brustattrappen (z.B. Schnuller s.o.) erfunden. Von der Natur ist es nicht vorgesehen, dass ein Baby oder Kleinkind allein ist und alleine einschläft. Nur passt dieses „natürliche" Verhalten des Babys nicht in unsere derzeitige Zeitströmung und damit haben wir ein (von uns selbst produziertes) Problem: Babys wissen nicht, was zur Zeit „Mode" ist und benehmen sich so, wie sie es seit Anbeginn der Menschheit getan haben.
Leider geht der Trend zu immer früherer Anwendung sogenannter Schlaftrainingsprogramme und Eltern von Babys, die sich nicht dieser „Norm" anpassen, wird mehr oder weniger direkt vermittelt, dass sie selbst schuld sind, ja manchmal kommt unterschwellig sogar dazu, dass dies Eltern sich als Versager fühlen sollten.
Ein Baby schläft ohne Brust ein, sobald es reif genug dazu ist. Das bedeutet jetzt aber nicht, dass Du noch die nächsten Jahre damit verbringen musst, dein Baby in den Schlaf zu stillen, wahrscheinlich wird es sogar schneller vorbei sein, als Du es dir jetzt vorstellen kannst.
Ich möchte dir zu diesem Thema das Buch „Schlafen und Wachen ein Elternbuch für
Kindernächte“ von Dr. William Sears empfehlen. Dr. Sears (Professor für Kinderheilkunde) hat
zusammen mit seiner Frau Martha einige Bücher zum Thema Schlaf und Kindererziehung
geschrieben, in die nicht nur sein Wissen als Kinderarzt sondern auch die reichhaltige eigene
Erfahrung als achtfache Eltern eingeflossen sind. In „Schlafen und Wachen“ beschreibt er nicht
nur, warum Kinder so schlafen, wie sie es nun einmal tun und wo sie am besten schlafen, er gibt
auch Tipps wie Eltern und Kinder zu ruhigeren Nächten kommen können. Das Buch ist im
Buchhandel, bei der La Leche Liga und bei jeder LLL Stillberaterin erhältlich.
Sehr empfehlenswert ist auch von Sibylle Lüpold das Buch: "Ich will bei euch schlafen - Ruhige Nächte für Eltern und Kinder." Von ihr ist auch die Broschüre "Kinder brauchen uns auch nachts", in der 20 namhafte Experten wie Dr. William Sears, Prof. Dr. Gerald Hüther und Prof. Dr. Remo Largo gute Argumente liefern , weshalb von der Anwendung eines Schlaftrainings, wie zum Beispiel der Ferber-Methode, abzuraten ist.
http://www.fuerkinder.org/files/broschre_kinder_brauchen_uns_auch_nachts_de.pdf
Statt nun zu versuchen, dein Kind zu längeren Abständen zu bringen, kannst Du es ja vielleicht mit einem anderen Ansatz versuchen:
nimm ALLE Hilfe an, die Du bekommen kannst. Erkundige dich mal, ob Du nicht eine Haushaltshilfe bekommen kannst (wegen absoluter und chronischer Erschöpfung).
• Vielleicht findest einen verantwortungsbewussten Teenager, der gegen geringes Entgelt bereit ist, mit deinen Kindern spazieren zu gehen. In dieser Zeit solltest Du dann aber wirklich entweder schlafen (bzw. ruhen) oder DIR etwas Gutes tun.
• Lass den Haushalt auf Sparflamme laufen. Nicht alles muss gebügelt werden. Wenn Handtücher nach dem Baden und Duschen wieder aufgehängt werden, statt auf dem Fußboden zu landen, können sie mehrmals benutzt werden, das spart Wäsche. Es ist nicht wesentlich mehr Arbeit die doppelte Menge Spaghettisoße zu kochen, aber Du hast dann eine fast fertige Mahlzeit für die Tiefkühltruhe. Es schadet nicht der Gesundheit der Familie, wenn Du die Fenster erst wieder im nächsten Jahr putzt. Du wirst sicher einiges finden, was im Haushalt nicht so perfekt gemacht werden muss.
• Achte darauf, dass Du genügend isst und trinkst. Du musst keine perfekten Menüs kochen und essen, einigermaßen ausgewogen reicht und es darf auch Tiefkühlgemüse statt frischem Gemüse sein (dann sparst Du dir auch das Schälen und Putzen). Eine hungrige Mutter ist nicht so belastbar.
• Schau nach vorne. Die anstrengende Zeit wird vorübergehen. Auch dein Kind wird älter und reifer werden und nicht mehr soooo viel Aufmerksamkeit brauchen.
Kurz: beschränke viele Dinge auf das absolut Notwendige, so dass Du auf diese Weise mehr Zeit für dich bekommst. Diese „gewonnene" Zeit kannst Du dann dazu nutzen, dich wieder zu erholen und um neue Energie zu tanken
Vergiss dich selbst nicht: Gönne dir etwas Gutes, dann lassen sich so anstrengende Phasen leichter überstehen.
LLLiebe Grüße
Biggi
von
Biggi Welter
am 05.12.2016