Baby 7 Wochen clustert und schläft tagsüber kaum

 Biggi Welter Frage an Biggi Welter Stillberaterin der La Leche Liga Deutschland e.V.

Frage: Baby 7 Wochen clustert und schläft tagsüber kaum

Hallo liebe Stillberaterinnen, Meine Tochter ist nun 7 Wochen alt und seit zwei Wochen möchte sie den ganzen Tag über an die Brust. Es beginnt schon morgens nach dem Aufwachen, dass sie teilweise 2 Stunden an der Brust verbringt. Dann macht sie ein kurzes Nickerchen von vielleicht 30 Minuten und es geht wieder von vorne los. So geht das über den ganzen Tag verteilt, bis wir abends schlafen gehen. In der Nacht schläft sie dann zwischen 4 und 6 Stunden am Stück. Leider ist sie durch ihre kurzen Nickerchen nicht richtig ausgeruht, denn sie gähnt den ganzen Tag und ist abends sehr quengelig und schreit viel. Ich weiß nicht, wie ich ihr helfen kann. Unser Alltag ist schon sehr langweilig gestaltet, der Fernseher bleibt den Großteil des Tages aus und wir liegen viel gemeinsam im Bett. Wenn wir mit dem Kinderwagen rausgehen, schläft sie dort auch, aber sobald wir Zuhause ankommen, wacht sie auf und schreit. Es geht soweit, dass ich kaum Mal auf Toilette gehen, geschweige denn etwas essen kann. Sobald ich aufstehe, wacht sie auf und weint wieder. Beruhigen lässt sie sich meistens nur durch die Brust. Selten funktioniert auch tragen, was auf Dauer aber auch sehr anstrengend ist, da sie im bondolino nur schreit und ich sie auf dem Arm tragen muss. Durch die Beruhigung durch die Brust hat sie innerhalb einer Woche 400g zugenommen. Ihr Geburtsgewicht waren 3290g, bei der U3 waren es 3900g. In der letzten Woche waren wir nun bereits bei 4600g, und das nur zwei Wochen nach der U3. Meine Hebamme meint, ich solle die Stillpausen auf mindestens zwei Stunden verlängern, aber dann habe ich ein schreiendes Kind, welches sich kaum beruhigen und anschließend auch furchtbar schwer anlegen lässt. Außerdem möchte ich ihr die Nähe nicht verwehren, wenn sie diese braucht. Zum Thema Schlaf sagt die Hebamme auch, die Kleine würde sich schon holen, was sie braucht, aber ich habe das Gefühl, meine Tochter ist völlig übermüdet und wir sind in einem Teufelskreis gefangen, der sich derzeit nicht durchbrechen lässt. In den letzten 5 Tagen habe ich ihre Schlaf- und Stillzeiten notiert und festgestellt, dass sie in 24 Stunden meist nur um die 12 Stunden schläft, bzw. döst. Wie kann ich meinem Kind in den Schlaf helfen? Und sollte ich wegen dem Clustern etwas unternehmen oder soll ich es einfach "aussitzen", bis sie von sich aus weniger an die Brust möchte? Und ist die Gewichtszunahme in so kurzer Zeit bedenklich? Ich stille übrigens voll, kein zufüttern, kein Tee etc. Über einen Ratschlag würde ich mich freuen. Vielen Dank und viele Grüße Lunasea

von Lunasea am 09.01.2019, 13:52



Antwort auf: Baby 7 Wochen clustert und schläft tagsüber kaum

Liebe Lunasea, Babys sind von Geburt an (bzw. bereits im Mutterleib) eigene, individuelle Persönlichkeiten mit eigenem Charakter, Temperament und auch mit eigener Stimmungslage. Ob eine Mutter ein ruhiges, zufriedenes, (fast) immer lächelndes Baby hat oder ein Kind, das als „Schreibaby" bezeichnet wird, das hängt nicht zwingend von ihren Fähigkeiten als Mutter ab. Vieles ist einfach angeboren. Wenn dein Kind viel quengelt und weint, dann kann es sein, dass es ein Baby mit erhöhten Bedürfnissen ist, ein High Need Baby, wie diese Kinder von dem amerikanischen Kinderarzt Dr. William Sears genannt werden. Ein High Need Baby braucht sehr viel mehr Einsatz von seiner Mutter/Eltern. Es ist kein „pflegeleichtes" Kind. Oft zeigen sich die Erfolge der Bemühungen der Mutter erst nach längerer Zeit und die Mutter zweifelt an sich selbst. Deshalb ist es so wichtig, dass Mütter/Eltern wissen, dass es High Need Babys gibt und wissen, dass sie keine „Schuld" haben. Sehr gut beschrieben sind High Need Babys in dem Buch „Das 24 Stunden Baby" von Dr. William Sears und Dr. Sears gibt auch Anregungen und Erklärungen, was Eltern tun können, um zu einem einfacheren Alltag mit ihren Kindern zu kommen. Das Buch ist im Buchhandel, bei der LLL, jeder LLL Stillberaterin erhältlich. Ein Baby sollte nach Bedarf gestillt werden. Alle Stillexperten sind sich einige, dass Stillen nach Bedarf für Mutter und Kind am besten ist. So wird sichergestellt, dass das Baby die Nahrung, die es braucht, genau dann bekommt, wenn es sie braucht und sich das Gleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage einstellen kann. Während eines Wachstumsschubs kann es durchaus sein, dass ein Baby alle Stunde an die Brust möchte. Es gibt keinen Grund einen Mindestabstand zwischen zwei Stillmahlzeiten einzuhalten. Im Extremfall kann das „Hinhalten" des Babys zu Gedeihstörungen führen. All die Erzählungen von einem bestimmten Rhythmus eines Babys sind schlicht und ergreifend falsch. Muttermilch ist innerhalb von 60 bis 90 Minuten verdaut und der Organismus eines Babys ist auf häufige Mahlzeiten eingestellt. So kleine Babys wollen im Schnitt zwischen acht und zwölf Mal innerhalb von 24 Stunden gestillt werden. Im Schnitt heißt, es gibt Babys die seltener nach der Brust verlangen (eher wenige Babys) und es gibt Babys, die häufiger an die Brust wollen (die Mehrzahl). Nun ist es jedoch nicht so, dass ein Kind zügig zwanzig Minuten trinkt und sich dann nach drei Stunden das nächste Mal rührt, sondern es kommt immer wieder zu Stillepisoden, die so ablaufen: das Kind trinkt eine kurze Weile, hört auf, döst vielleicht sogar weg und beginnt erneut kurz zu trinken usw. Dieses Verhalten heißt Clusterfeeding und ist absolut normal für kleine Babys. Besonders gehäuft treten diese Stillepisoden am Nachmittag und Abend auf, wie überhaupt die Abstände zwischen den Stillzeiten im Verlauf des Tages immer kürzer werden. Dazu kommt, dass in bestimmten Altersstufen Wachstumsschübe zu erwarten sind, in denen die Baby manchmal schier ununterbrochen an die Brust wollen. Die Statur der Kinder ist genetisch festgelegt und bei einem Kind das nach Bedarf gestillt wird, ist nicht zu befürchten, dass dadurch der Grundstein für ein späteres Problem mit Übergewicht gelegt wird. Im Gegenteil, Stillen schützt vor Übergewicht. Das heißt jedoch nicht, dass nicht auch ein gestilltes Baby zwischendurch wie ein kleiner Buddha aussehen kann. Im Gegensatz zur (industriell) stark weiterverarbeiteten Nahrung enthält Muttermilch keine leeren Kalorien. Es gibt keinen Beweis dafür, dass ein gestilltes Kind, das rasch zunimmt, als Erwachsener Gewichtsprobleme haben wird. Im Gegenteil es gibt mehrere Untersuchungen, die zeigen, dass Stillen eindeutig vor Übergewicht schützt und dass dieser Schutz nicht nur im Kindesalter sondern auch beim Erwachsenen anhält. Das Fett, das sich in der relativ passiven Phase vor dem Krabbelalter möglicherweise ansammelt, stellt einen Vorrat für die sehr aktive Phase dar, in der das quirlige Krabbelkind keine Zeit zum Essen haben will. Im Alter von ein bis zwei Jahren werden die Kinder, die schnell zugenommen haben, gewöhnlich von alleine schlanker. Gerade Kinder, die nach Bedarf gestillt werden, behalten ein gutes Gefühl dafür, wann sie satt sind, denn sie entscheiden ja selbst, wann und wie viel sie trinken. Also keine Sorge, durch das Stillen nach Bedarf wird sicher nicht den Grundstein für spätere Gewichtsprobleme gelegt. Gern empfehle ich dir den Besuch einer Stillgruppe, weil sich dort Mütter austauschen, die vielleicht ganz ähnliche Fragen und Unsicherheiten haben wie du jetzt, und deren Tipps Gold wert sein können. Adressen von Stillberaterinnen findest Du im Internet unter: http://wwwlalecheliga.de (Stillberaterinnen der La Leche Liga), http://www.afs-stillen.de (Stillberaterinnen der Arbeitsgemeinschaft freier Stillgruppen) oder http://www.bdl-stillen.de (Still- und Laktationsberaterinnen IBCLC). LLLiebe Grüße Biggi

von Biggi Welter am 09.01.2019