Liebe Biggi
Ich bin grad etwas ratlos und deprimiert und wende mich darum an dich.
Ich habe das Problem, dass bei mir seit 2014 Multiple Sklerose diagnostiziert ist. Aktuell bin ich in Behandlung mit einem Medikament, das stillverträglich ist. Allerdings hat sich herausgestellt, dass dieses nicht mehr ausreicht, die Krankheit ist unter der Behandlung stark fortgeschritten.
Das bedeutet, ich muss auf ein anderes Medikament wechseln und dazu müsste ich abstillen.
Meine Tochter ist 14 Monate. Ich arbeite 3 Tage in der Woche seit sie 6 Monate alt ist (wohne in der Schweiz), sie ist dann einen Tag beim Papa und 2 Tage in der Kita. An diesen Tagen ist sie gut unabhängig von der Brust, aber abends und nachts und wenn ich dabei bin stillt sie noch sehr oft (!) und im Moment fehlt mir völlig die Fantasie, wie das gehen soll. Die Flasche akzeptiert sie gar nicht mehr und ich fühle mich mit der Situation leider komplett überfordert. (Mein älterer Sohn hat sich selber kurz nach dem 2. Geburtstag abgestillt und ich hätte mir gerne etwas Ähnliches für meine Tochter gewünscht).
Kann sie sich mit 14 Monaten schon ganz ohne Milch ernähren? Sind die Nächte nicht noch zu lang (über 12Std zwischen Abendessen und Frühstück)?
Und wie soll ich das anstellen? Sie ist immer noch sehr auf die Brust fixiert, wenn ich dabei bin...
Ich weiss grad nicht weiter...
Vielen Dank schon im Voraus und viele Grüsse
Miri
von
MiriTiri
am 06.03.2024, 13:54
Antwort auf:
Abstillen mit 14 Monaten - (wie) kann das klappen?
Liebe Miri,
es tut mir so leid, dass es dir so schlecht geht, lass dich erst einmal virtuell in den Arm nehmen.
Ist abgeklärt worden, ob bei dem neuen Mittel wirklich abgestillt werden muss?
Leider wird Medikamentenrisiko häufig überbewertet und die Konsequenzen, die ein plötzliches Abstillen (oder Absetzen der Medikamente) für das Kind mit sich bringen, werden häufig unterschätzt. Tatsächlich kommt es selten zu Symptomen einer gesundheitsschädigenden Wirkung von Medikamenten über die Muttermilch. Die Risikoinformationen in Beipackzetteln und Einschätzungen in Arzneibüchern sind irreführend und geben keine Hilfestellung bei der Wahl einer adäquaten Therapie. Für die meisten Erkrankungen stehen Medikamente zur Verfügung, die mit dem Stillen zu vereinbaren sind. Bei therapeutischen Empfehlungen oder der individuellen Beurteilung des Medikamentenrisikos während der Stillperiode sollten definitiv Handbücher zu diesen speziellen Thema (z.B. „Arzneiverordnung in Schwangerschaft und Stillzeit" von Schaefer und Spielmann) oder eine Beratungsstelle für Embryonaltoxikologie zum Beispiel das Institut für Vergiftungserscheinungen und Embryonaltoxikologie in Berlin (Tel.: 030 450-525700) hinzugezogen werden. Das Team um Dr. Schaefer in Berlin bietet einen Beratungsservice für Ärzte an und verfügt über die neuesten Informationen zum Thema Medikamente in Schwangerschaft und Stillzeit.
Ich kann und darf jedoch keine medizinischen Ratschläge erteilen, ich bin kein Arzt. Vielleicht kann dir Dr. Paulus aus dem Nebenforum schnell helfen oder auch Dr. Karle.
Ansonsten kann ich dich beruhigen, dein Kind braucht jetzt keine Flaschenmilch mehr und muss auch keine Milch trinken.
Nach dem ersten Geburtstag benötigt ein ungestilltes Kind etwa 350 ml Milch (oder etwas mehr als einen kleinen Joghurt) und 20 g Käse, um seinen Milchbedarf zu decken.
Auch in der Nacht kannst du anfangs einen kleinen Snack anbieten, wenn deine Kleine noch sehr hungrig ist.
Wenn du nicht mehr ständig stillen kannst, wird es am besten sein, wenn du schrittweise vorgehst, z.B. in dem du zunächst eine gewisse stillfreie Zeit in der Nacht einführst. Dazu kannst du wie folgt vorgehen: Erkläre deinem Kind schon bei Tag, was sich in der Nacht ändern wird, und versuche, Signale zu definieren, die es wieder erkennen kann (z.B. "erst wenn der Radiowecker angeht, dann darfst du trinken") und die sich eventuell anpassen lassen (den Radiowecker kann man etwa jeden 2. Tag eine viertel Stunde nach hinten programmieren, so dass die Pause immer länger wird). So wird die Nacht allmählich stillfrei. Wenn sich dein Kind dann in der Nacht beschwert, dass es nicht trinken darf (und das kann es natürlich nur durch weinen oder schreien), dann tröste es und sprich liebevoll-beruhigend mit ihm, und gestehe es ihm auch wirklich zu, sauer zu sein, aber bleib konsequent beim "Nein", bis der vereinbarte Zeitpunkt (z.B. der Radiowecker geht an) für das Stillen gekommen ist. Dann jedoch solltest du auch von dir aus deinem Kind die Brust anbieten - so lernt es, dass es sich auf dein Wort verlassen kann. Wenn du dein Kind nicht wecken möchtest, dann wartest du eben einfach, bis es von selbst wieder kommt ;-). Natürlich kannst du deiner Kleinen während der Nacht einen Schluck Wasser oder auch einen Schnuller anbieten, doch sei nicht allzu überrascht, wenn das anfangs mit Wut abgewiesen wird. Deine Kleine wird vermutlich schreien, toben, treten oder dich gar schlagen wollen. Ist das schlimm? Nein, es ist völlig normal, denn es ist die einzige Art, wie sie in diesem zarten Alter ihren Frust ausdrücken kann. Wie kannst du damit umgehen? Lass es zu. Lass dich nicht verunsichern, denn es geht deinem Kind ja trotzdem gut, es bekommt kein Trauma fürs Leben, wird nicht an deiner Liebe zweifeln. Dein Baby ist sauer, und das wird auch wieder vergehen.
Bleibe bei ihm und sei du ruhig und klar, so dass deine Kleine sich an dir orientieren kann. Vielleicht wirst du sie ein wenig ablenken wollen (falls sie sich ablenken lässt), vielleicht bleibst du auch einfach nur in ihrer Nähe und versicherst ihr, dass alles ok ist. Ehrlicherweise muss ich dazu sagen, dass die ersten Nächte zwangsläufig sehr unruhig sein werden. Doch in der Regel akzeptieren Kinder relativ schnell die neuen "Spielregeln", und je älter sie sind, desto einfacher.
Dieser Vorschlag stammt von Elizabeth Pantley, Autorin des Buchs "Schlafen statt Schreien: Das liebevolle Einschlafbuch: Das 10-Schritte-Progamm für ruhige Nächte", das nun auf Deutsch erschienen ist und das ich wärmstens empfehlen kann. Pantley hat ein Programm entwickelt, mit dem man älteren Babys, auch Stillkinder, dabei helfen kann, auch ohne Brust oder ständiges Stillen die Nacht zu schaffen. Auch wenn man nicht alle ihre Schritte anwendet haben viele Mütter doch gute Erfahrungen mit diesem Buch gemacht.
Ich hoffe, die Antwort hilft dir weiter.
Liebe Grüße und von Herzen alles Gute, Biggi
von
Biggi Welter
am 06.03.2024