SSW 5 nach hormonpositivem DCIS - erhöhtes Brustkrebsrisiko?

Dr. med. Vincenzo Bluni Frage an Dr. med. Vincenzo Bluni Facharzt für Frauenheilkunde und Geburtshilfe

Frage: SSW 5 nach hormonpositivem DCIS - erhöhtes Brustkrebsrisiko?

Sehr geehrter Herr Dr. Bluni, Juli 2015 wurde bei mir ein hormonpositives DCIS diagnostiziert. Nach einer brusterhaltenden Operation und anschließender Bestrahlung lehnte ich eine Antihormontherapie mit Tamoxifen ab da ein Kinderwunsch bestand. Laut den behandelnden Ärzten (Genetikerin, Gynäkologe im Krankenhaus, Radiologin) wäre eine Schwangerschaft möglich und unbedenklich. Allerdings sollte ich diese bald in Betracht ziehen damit, aufgrund der BRCA-2 positiv Testung, die Mastektomie anschließend gemacht werden könne. Nun ist es so dass mich mein Gynäkologe sehr verunsichert hat mit Aussagen wie „das ist aber nicht gut mit Ihrer Brustangelegenheit“ oder „falls Sie sich entscheiden das Kind doch auszutragen“. Ich habe nun das Gefühl dass ich mein Leben aufs Spiel setze und mir wurde auch das Gefühl vermittelt dass unser Kind mir den Tod bringen kann aufgrund der erhöhten Hormonproduktion. Ich bin sehr empfindlich bei diesem Thema. Natürlich zum einen durch die eigene Diagnose und eben durch die Tatsache dass meine Mutter im Alter von 43 Jahren an Brustkrebs verstorben ist. Ich weiß nun wirklich nicht wie ich das Risiko einschätzen soll denn dazu konnte mir mein Arzt nicht mal eine Aussage machen. - Wie gefährlich ist die Schwangerschaft für mich in Bezug auf ein mögliches neues DCIS? - Kann dieses aufgrund der erhöhten Hormonwerte schneller in ein invasives Mammacarzinom umschlagen? - Welche Möglichkeiten zur Überwachung der Brust gäbe es während der Schwangerschaft mit Ausnahme von einem Ultraschall? - Welcher Arzt bzw. welcher Fachbereich wäre für mein Anliegen speziell zuständig? Ein Onkologe? Informationen zu meiner Person: 32 Jahre / 1,72 / 76 KG BRCA – 2 positiv DCIS 07/2015 letzte Nachsorge Mammographie: 06.09.16. o.B. SSW 5+0 Erste Schwangerschaft Vielen Dank für Ihre Bemühungen! Grüße, FrlMeowz

von FrlMeowz am 07.10.2016, 09:28



Antwort auf: SSW 5 nach hormonpositivem DCIS - erhöhtes Brustkrebsrisiko?

Hallo, diese Frage werde ich für Sie noch einmal in Ruhe recherchieren und mich dann dazu zurückmelden. Herzliche Grüße VB

von Dr. med. Vincenzo Bluni am 07.10.2016



Antwort auf: SSW 5 nach hormonpositivem DCIS - erhöhtes Brustkrebsrisiko?

Hallo, Frauen mit einer BRCA-Mutation (BRCA 1 oder BRCA 2) haben insgesamt ein gegenüber der Restbevölkerung erhöhtes Risiko für die Entwicklung einer Brust-oder Eierstockkrebserkrankung. Es ist davon auszugehen, dass in Deutschland ca. 65-70 % der Trägerinnen einer BRCA-1-Mutation und etwa 45-65 % der Trägerinnen einer BRCA-2-Mutation bis etwa zum 70. Lebensjahr Brustkrebs bekommen werden. Die betroffenen Frauen erkranken darüber hinaus oft früher, als Frauen ohne entsprechende erbliche Vorbelastung. Auch ist das Risiko für die Erkrankung an Eierstockkrebs bei diesen Trägerinnen einer entsprechenden Mutation deutlich erhöht. Das gilt hier insbesondere für die Frauen mit einer BRCA-1-Mutation. Von diesen werden etwa 40-50 % bis zu ihrem 70. Lebensjahr erkranken, bei den Frauen mit einer BRCA-2-Mutation werden etwa 10-20 % bis zu diesem Alter die Diagnose Eierstockkrebs erhalten, sofern die Eierstöcke nicht frühzeitig entfernt wurden. Trägerinnen einer BRCA-1-Mutation erkranken darüber hinaus signifikant häufiger an schwangerschaftsassoziierten Mamma-Karzinomen. Nach abgeschlossener unkomplizierter Behandlung einer Brustkrebserkrankung oder einer DCIS-Erkrankung wird eine Schwangerschaft die Prognose der Mutter auch langfristig; und das unabhängig vom Tumortyp (Rezeptorstatus) nicht verändern. Die dazu vorliegenden Daten zeigen, dass das Risiko des Wiederauftretens (Rezidivrisiko) durch eine Schwangerschaft nicht erhöht wird. Und auch das unabhängig vom Rezeptorstatus. Nach neueren Untersuchungen und Analysen hat sogar eine Stimulationsbehandlung nach Brustkrebs keinen negativen Einfluss – Gennari et al. Der Mechanismus ist nicht ganz klar- aber wahrscheinlich hat die starke Hormonausschüttung eher eine Herunterregulierung („down-Regulation) von Rezeptoren einen negativen Feedbackmechanismus zur Folge. Fazit: keine negative Beeinflussung der Prognose! Die Frage des Kinderwunsches und einer Schwangerschaft sollte sicherlich immer individuell unter Hinzuziehung der fachlichen Beratung eines Brustzentrums und der Einrichtung zur Beratung bei familiärem Brust-und Eierstockkrebs gefällt werden. Hierbei sollten in die Entscheidungsfindung dann das Alter der Mutter, der Allgemeinzustand und die vorausgegangene Therapie in die Entscheidung mit einfließen. Das ductale Carcinoma in situ (DCIS) gilt als eine Vorstufe der Brustkrebserkrankung. Studien zufolge wird die operative Behandlung dieser Vorstufe mit anschließender Strahlentherapie nur in etwa elf von 100 Fällen in einem Verlauf von acht Jahren später zu einer Brustkrebserkrankung führen und nur etwa ein bis 2 % dieser Frauen werden an den Folgen dieser Brustkrebserkrankung in einem Zeitraum von zehn Jahren versterben (Kerlikowske, Karla, et al. "Biomarker expression and risk of subsequent tumors after initial ductal carcinoma in situ diagnosis." Journal of the National Cancer Institute 102.9 (2010): 627-637.). Aktuell wird das DCIS in den vorliegenden Modellen zur Risikoberechnung bei BRCA-Mutation noch nicht in ausreichendem Maße berücksichtigt. Das DCIS wird bei Trägerinnen einer entsprechenden BRCA-Mutation ebenso häufig gefunden, wie in Hoch-Risiko-Familien, in denen keine entsprechende Mutation vorliegt. Jedoch wird bei Ersteren diese Erkrankung früher auftreten (Hwang, E. Shelley, et al. "Ductal carcinoma in situ in BRCA mutation carriers." Journal of clinical oncology 25.6 (2007): 642-647.). Diagnostische Verfahren zur Überwachung in der laufenden Schwangerschaft sind neben der klinischen Untersuchung selbstverständlich der Ultraschall und bei Notwendigkeit ebenso die Mammographie und ab dem zweiten Drittel der Schwangerschaft auch eine MRT-Untersuchung (Magnetresonanztomographie). Jedoch dürfen bei dieser MRT-Untersuchung in der Schwangerschaft bestimmte Kontrastmittel nicht verwendet werden. Falls notwendig, kann in der laufenden Schwangerschaft selbstverständlich auch eine Stanzbiopsie zur Abklärung durchgeführt werden. Prinzipiell werden wir empfehlen, dass die Beurteilung die betreuende Frauenärztin/Frauenarzt übernimmt und dass die Patientin bei Besonderheiten der Brust sehr großzügig an ein Brustzentrum zur weiteren Mitbeurteilung überwiesen wird. Herzliche Grüße VB Weitere Quellen: Azim Jr HA, Santoro L, Pavlidis N, et al. Safety of pregnancy following breast cancer diagnosis: a meta-analysis of 14 studies. Eur J Cancer 2011;47:74–83. Azim Jr HA, Kroman N, Paesmans M, et al. Prognostic impact of pregnancy after breast cancer according to estrogen receptor status: a multicenter retrospective study. J Clin Oncol 2013;31:73–9. Gennari, Alessandra, et al. "Breast cancer incidence after hormonal treatments for infertility: systematic review and meta-analysis of population-based studies." Breast cancer research and treatment 150.2 (2015): 405-413. Ives A, Saunders C, Bulsara M, Semmens J. Pregnancy after breast cancer: population based study. BMJ 2007;334:194. Kroman N, Jensen MB, Wohlfahrt J, et al. Pregnancy after treatment of breast cancer – a population-based study on behalf of Danish Breast Cancer Cooperative Group. Acta Oncol 2008;47:545–9.

von Dr. med. Vincenzo Bluni am 08.10.2016



Antwort auf: SSW 5 nach hormonpositivem DCIS - erhöhtes Brustkrebsrisiko?

Sehr geehrter Herr Dr. Bluni, vielen herzlichen Dank für Ihre ausführliche Recherche! Ich werde heute einen Termin in meiner Frauenklinik vereinbaren die mich durch die Erkrankung und den Heilungsprozess begleitet hat. Generell muss ich sagen, dass Sie mir die Angst ein wenig genommen haben die mein behandelnder Gynäkologe gesäht hat. Viele Grüße!

von FrlMeowz am 10.10.2016, 07:25