Sehr geehrter Herr Dr. Paulus, Ich bin Studentin und während der letzten Wochen im Rahmen des Praktischen Jahres in chirurgischer Rotation (12.-25.SSW). Die Gefährdungsanalyse ist in meinem Fall sehr unbefriedigend gelaufen(ich habe lediglich ein Formular unterschrieben, der Chefarzt ebenso ohne es sich einmal angesehen...) sodass ich keine generellen Positiv- und Negativempfehlungen ausgesprochen bekommen habe und sämtliche Situationen letztendlich in eigener Verantwortung lagen, wobei ich meine Schwangerschaft überall mitgeteilt und versucht habe mich vorher bei den Zuständigen rückzuversichern. Dennoch ist es zuletzt vermehrt zu risikobehafteten Situationen gekommen, die mir in Ihrer Summe nicht mehr aus dem Kopf gehen. - 13.SSW für Portanlage zur Lagekontrolle Durchleuchtung mittels C-Bogen, ich ohne Bleischürze (denn ich würde ja beim Röntgen nicht anwesend sein) die OP-Schwester schickte mich vor den Aufnahmen hinter eine Wand (Nebenraum ohne geschlossene Tür, wo Instrumente aufbewahrt werden, räumlicher Abstand 2,5m), bei der nun niemand im Nachhinein sagen konnte, ob sie wirklich verbleit ist. - 3 x bei Polytrauma CTs im Nebenraum mit Bedienkonsole bei geschlossener Tür, als Kontrollbereich ausgeschrieben. - Täglich auf Station mit Patienten, die im Rahmen des Stagings bei Bronchial-CA PET-CTs erhalten. Hierzu meinte der Stahlenschutzbeauftragte meiner Abteilung, dass keine Speziellen Richtlinien für Mitarbeiter auf den Stationen existieren würden und das Radionuklid nur eine HWZ von 4h hätte. Ich habe versucht am Tag der Untersuchung im Anschluss engen Patientenkontakt bzw. das jeweilige Zimmer zu meiden, auf dem Gang aber natürlich Kontakt gehabt und auch mal den Bettnachbarn versorgt. Gibt es hierzu wirklich keine Empfehlungen oder Studien über die Auswirkungen? - Ich hatte mir dann nach 3 Wochen ein direkt ablesbares Dosimeter organisiert, welches keine weiteren erhöhten Ausschläge aufgezeichnet hat, wobei ich in meiner Region(Mitteldeutschland) auch am Wochenende auf eine tägliche Strahlung von 3-4mikrosievert komme, sodass ich allein aufgrund der natürlichen Dosis den Grenzwert von 1mSv für die Dauer der Schwangerschaft zu knacken scheine. Das Dosimeter war für Beta- und Gammastrahlung ausgelegt, kann ich dann davon ausgehen, dass es auch die radioaktive Strahlung durch das PET-Nukleotid(FDG) erfasst hat oder käme diese noch „on top“? Wie eng ist dieser Grenzwert von 1mSv zu sehen? - Ich stand zum Beispiel noch bei einer weiteren Portanlage bei geschlossener Tür in der OP-Schleuse als geröntgt wurde, hier wurde gar keine relevante Strahlung erfasst, was mich erst einmal beruhigt hat. - zuletzt habe ich im OP natürlich immer klar gemacht, dass ich nur teilnehmen möchte, wenn alles sicher ist. - Einmal in der 20.SSW wurde allerdings eine Inhalationsnarkose(sevofluran) ausgeleitet und gerade noch auf TIVA umgestellt, da aber dem Oberarzt die Assistenz fehlte und Not am Mann war, musste ich schon rein. Anästhesist fand das nicht weiter tragisch, ich müsste gar nicht immer nach TIVA verlangen, da die Systeme geschlossen seien. - Insgesamt wurde dann auch doch sicher in 6 Fällen noch ein OP-Präparat mit Formalin fixiert, als ich im selben Raum war: Flasche auf, Formalin in Behälter, Flasche zu, Behälter zu-kurze Kontaktzeiten mit der Luft. Auch dies entsprach nicht den Arbeitsschutzrichtlinien für Schwangere im OP, aber ich bin nicht sicher, ob diese Situation einer relevanten Gefährdung gleichkommt. Mir ist klar, dass es wohl unmöglich ist das Risiko genauer zu beziffern, jedoch mache ich mir große Vorwürfe die Gesundheit des Kindes auf’s Spiel gesetzt zu haben, indem ich nicht freiwillig das PJ unterbrochen habe(BV gilt ja für uns nicht) und würde mir evtl eine Einschätzung wünschen, da ich selbst nicht bemessen kann, wie sehr diese Dinge evtl ins Gewicht fallen oder ob ich mich unnötig damit sorge. Halten Sie es für sinnvoll/nötig, mich nochmal an einen Strahlenphysiker zu wenden? Entschuldigen Sie die Länge der Nachricht und vielen Dank für Ihre Mühe.
von Biene1993 am 22.11.2019, 08:27