Sehr geehrter Herr Dr. Gagsteiger,
ich habe im März und im Mai jeweils eine Punktion im Rahmen des Social Freezings vornehmen lassen und stehe nun vor der Entscheidung, ob ich noch eine dritte Punktion machen lassen soll. Ich bin 38,5 Jahre, mein AMH-Wert liegt aktuell bei 2,04 und mein FSH-Wert bei 5,1.
Die beiden Punktionen waren bisher wenig erfolgreich, beide Male wurden 4 Eizellen eingefroren. Bei der ersten Stimulationstherapie hatte ich am Ende von ursprünglich 9 Follikel rechts 4 und links 1 herangewachsenen Follikel. Beim zweiten Mal habe ich zusätzlich zum Gonal F noch Menagon gespritzt. Damit hatte ich rechts 8 und links 6 Follikel, allerdings mit sehr unterschiedlicher Größe (re 2x21, 2x17, 2x14, 2x12/ li 1x18, 2x 17, 3x 13), sodass wieder nur 4 gewonnen werden konnten. Für eine dritte Punktion empfiehlt mir die Kinderwunschpraxis daher nun noch vorab mit einem Gelbkörperhormon zu primen. Halten auch Sie dies für erfolgsversprechend?
Ich überlege nun, ob eine dritte Punktion überhaupt noch Sinn macht. Zum einen aufgrund des bisher bescheidenen Erfolgs und auch aufgrund verschiedener Informationen sowie der Tatsache, dass ich aktuell nur noch finanzielle Reserven für eine weitere Punktion habe. Meine Ärztin in der Kinderwunschpraxis sprach immer davon, dass das Ziel sei ca. 20 Eizellen zu gewinnen und dass ich für jeden zukünftigen ICSI-Versuch in meinem Alter 7 Eizellen benötige. Sie stellt mir nun in Aussicht, dass ich bei einer dritten Punktion mit einem vorherigen Priming mit Gelbkörperhormonen 6 bis 7 Follikel gewinnen kann. Dann hätte ich nach ihrer Rechnung genügend Follikel für wenigstens zwei ICSI-Versuche zusammen.
Heute rief ich im Labor an, da ich eine Frage zum Einfrieren hatte und dort sagte man mir jedoch, dass sie in meinem fortgeschrittenen Alter für einen ICSI-Versuch immer 12 Follikel raten. Das würde ja bedeuten, dass ich aktuell mit den 8 eingefrorenen Eizellen ja nur wenig Erfolg bei einem ICSI-Versuch hätte. Mit einer dritten Punktion hätte ich dann die 12 wahrscheinlich zusammen. Aber bei nur einem ICSI-Versuch liegt die Wahrscheinlichkeit einer Schwangerschaft bei gerade mal 30%. Nur Eier für einen Versuch zusammen zu haben halte ich daher für wenig erfolgsversprechend und so frage ich mich, wie sinnvoll überhaupt noch eine dritte Punktion ist und meine bisherigen zwei Punktionen waren.
Mich würde sehr interessieren, welche Follikel-Anzahl Sie für einen ICSI-Versuch empfehlen. Und wie hoch sehen Sie die Wahrscheinlichkeit eines ICSI-Erfolgs bei nur 8 Eizellen?
Der zweite Grund, warum ich über den Sinn einer dritten Punktion nachdenke ist, dass ich mittlerweile einen Partner an meiner Seite habe, der sich vorstellen kann, es in einem halbe Jahr zu versuchen, gemeinsam schwanger zu werden.
Nun frage ich mich und möchte ich Sie fragen, 1. ob mein AMH-Wert (2,04) und FSH-Wert (5,1) noch ausreichen, um in einem halben Jahr auf natürlichem Wege schwanger zu werden und wenn ja ob 2. dieses halbe Jahr nun noch einen so großen Unterschied hinsichtlich der Eizellen-Qualität ausmacht. Oder ist der Unterschied in meinem Alter so gewaltig und sollte ich doch besser vorsorgen und noch eine dritte Punktion machen, um dann hoffentlich genügend Eizellen für wenigstens einen (oder zwei?) ICSI-Versuche zusammen zu bekommen, falls diese nötig sind?
Sollten wir ein halbes Jahr lang erfolglos probieren schwanger zu werden, würde ich mich ohnehin wieder an die Kinderwunschpraxis wenden. Das wäre dann jetzt in einem Jahr und ich wäre dann 39,5. Sollte ich wirklich 12 Eizellen für einen Versuch benötigen, könnte man dann nicht immer noch eine zusätzliche Stimulationstherapie machen um auf die 12 Eizellen zu kommen?
Über eine kurze Einschätzung Ihrerseits zu meiner „Zwickmühle“ würde ich mich sehr freuen.
Herzlichen Dank im Voraus!
von
nadine_o1512
am 21.07.2023, 10:41
Antwort auf:
Dritte Punktion sinnvoll?
Guten Tag,
Ich kann verstehen, dass Sie sich in einer schwierigen Situation befinden und wichtige Entscheidungen bezüglich Ihres Kinderwunsches treffen müssen. Ich werde versuchen, Ihre Fragen so gut wie möglich zu beantworten.
Dritte Punktion und Erfolgsaussichten:
Angesichts der relativ wenigen gewonnenen Eizellen würde ich mir die Meinung eines zweiten renommierten Kinderwunschzentrums einholen. Lassen Sie sich auch dort gründlich untersuchen und Ihre Chancen einschließlich Ihrer individuellen Situation und Ihrem finanziellen Spielraum einschätzen.
Vorbereitung:
Das Vorprägen (Priming) der Eierstöcke mit Gelbkörperhormonen vor der Stimulation könnte theoretisch die Anzahl und möglicherweise auch die Reifung der Eizellen verbessern. Letztendlich hängt der Erfolg jedoch von der individuellen Reaktion Ihrer Eierstöcke auf die Stimulation ab. Niemand kann Ihnen hier etwas garantieren.
Empfohlene Follikel-Anzahl für einen ICSI-Versuch:
Die empfohlene Anzahl von Follikeln für einen erfolgreichen ICSI-Versuch kann von Klinik zu Klinik variieren und hängt auch von Ihrer individuellen Situation ab. Einige Studien haben gezeigt, dass die Wahrscheinlichkeit einer Schwangerschaft nach einer ICSI-Behandlung steigt, wenn mehr als 12 Eizellen gewonnen werden können. Dennoch ist dies kein absoluter Maßstab, und es gibt auch erfolgreiche Schwangerschaften mit weniger gewonnenen Eizellen. Hier lässt sich der Erfolg auch nicht garantieren. Aber je mehr Eizellen, desto höher ist die theoretische Erfolgschance.
Natürliche Schwangerschaft mit Ihrem aktuellen AMH- und FSH-Wert:
Ein AMH-Wert von 2,04 und ein FSH-Wert von 5,1 gelten als völlig normal und es bedeutet, dass Sie noch eine gewisse ovarielle Reserve haben. Es ist durchaus möglich, dass Sie in einem halben Jahr auf natürliche Weise schwanger werden könnten. Der Erfolg einer natürlichen Schwangerschaft hängt jedoch von sehr vielen Faktoren ab, einschließlich des Alters und der Gesundheit Ihres Partners, der Eileiterdurchgängigkeit, der Spermienqualität und anderen möglichen Fruchtbarkeitsfaktoren. Ihr ganzes Leben bis zum jetzigen Moment kann hier eine Rolle spielen.
Der Einfluss des Alters auf die Eizellen-Qualität:
Mit zunehmendem Alter nimmt die Qualität der Eizellen ab, was die Chancen auf eine erfolgreiche Schwangerschaft verringern kann. Ein halbes Jahr erscheint aber tolerabel und dürfte noch keinen dramatischen Unterschied in der Eizellen-Qualität bewirken. Es ist jedoch wichtig zu beachten, dass die Eizellqualität mit zunehmendem Alter generell abnimmt, und je älter Sie werden, desto schwieriger kann es sein, gerade auch auf natürliche Weise schwanger zu werden.
Zukünftige Behandlungsoptionen:
Wenn Sie sich entscheiden, jetzt keine dritte Punktion vorzunehmen, haben Sie immer noch die Möglichkeit, es auf natürliche Weise zu versuchen. Sollte dies nicht erfolgreich sein und Sie nach 6 Monaten wieder zur Kinderwunschpraxis gehen, könnten zusätzliche Stimulationstherapien erwogen werden, um möglicherweise eine ausreichende Anzahl von Eizellen für eine ICSI-Behandlung zu gewinnen.
Letztendlich ist die Entscheidung, ob Sie eine dritte Punktion durchführen lassen möchten oder nicht, eine persönliche und komplexe Angelegenheit. Es könnte hilfreich sein, weitere Gespräche mit anderen Ärzten und Kinderwunschpraxen zu führen, um Ihre individuelle Situation und Optionen besser zu verstehen und eine informierte Entscheidung zu treffen.
Ich wünsche Ihnen viel Erfolg und alles Gute auf Ihrem Weg zur Erfüllung Ihres Kinderwunsches. Bitte beachten Sie, dass meine Einschätzungen keine persönliche medizinische Beratung ersetzen können. Das Einfrieren von Eizellen ist keine Garantie auf eine spätere Schwangerschaft, egal wie viele Eizellen Sie auch einfrieren lassen. Sie verkleinern damit nur das Risiko überhaupt nicht mit eigenen Eizellen schwanger zu werden. Die Empfehlung mindestens 20 oder 30 Eizellen einzufrieren resultiert aus statistischen Berechnungen.
von
Dr. Friedrich Gagsteiger
am 21.07.2023
Antwort auf:
Dritte Punktion sinnvoll?
Sehr geehrter Herr Dr. Gagsteiger,
haben Sie vielen herzlichen Dank für Ihre ausführliche Antwort! Ich sehe in einigen Punkten nun klarer und habe auch bereits ein Beratungsgespräch für eine zweite Meinung in einem anderen renommierten Zentrum vereinbart. Bis dahin muss ich nun noch 1,5 Monate warten. Daher würde mich vorab einmal interessieren, wie viele Eizellen Sie in Ihrer Klinik den Patientinnen als Reserve für einen zukünftigen ICSI-Versuch empfehlen, angenommen, dass es keine gesundheitlichen Auffälligkeiten gibt und die individuelle Konstitution gut ist.
Vielen vielen Dank im Voraus!
von
nadine_o1512
am 24.07.2023, 10:40
Antwort auf:
Dritte Punktion sinnvoll?
Wie gesagt, gibt es keine absolute Sicherheit, sondern nur eine Wahrscheinlichkeit.
Wir würden Ihnen mit über 38 Jahren zu einer Reserve von 20 bis 30 Eizellen raten.
Den Kompromiss zwischen Aufwand und Ergebnis müssen leider Sie selbst entscheiden.
Mehr Informationen bitte online z.B. bei www.bestfertility.de abfragen.
von
Dr. Friedrich Gagsteiger
am 24.07.2023