Hallo Herr Dr. Grewe,
ich hoffe, ich darf Sie noch einmal anschreiben. Ich hatte in der Vergangenheit schon oft Fragen zu meinen Eizellen (LH sinkt unter Verwendung von Menogon) und zuletzt zum LH-Anteil im Pergoveris vor Ovitrelle Fragen gestellt.
Nun geht es leider um meinen Mann. Mein Mann hat seit mehreren Jahren immer mal wieder Nierensteine. Diese haben jedoch bisher keine chronischen Probleme verursacht, sondern immer "nur" akute Symptomatiken/Nierenkoliken, wenn sie festsaßen.
Seit ca. 6-12 Monaten hat mein Mann nun auch rezidivierende Harnwegsinfekte (festgestellt über Bakterien im Urin und Urinkulturen). Es begann mit einem Harnwegsinfekt im Herbst letzten Jahres, dann erneut zu Weihnachten und dann seit Februar eigentlich alle 1-2 Monate. Die Abstände wurden immer kürzer. Antibiotika wurde mehrfach gewechselt (Cotrim forte, Cefpodoxim, aktuell Levoflox).
Seit ca. 4 Wochen flammt die Entzündung sofort dann wieder auf, wenn er das Antibiotikum für 1-2 Tage absetzt. Es geht ihm dann richtig schlecht, er bekommt hohes Fieber und es werden dann auch wieder neue Bakterien (E Coli) im Urin gefunden.
Es wurde parallel dazu vor ca. 5 Wochen ein Nierenstein von 10 mm Größe entdeckt. Da auch dort ein akuter Harnwegsinfekt bestand, konnte der Stein nicht entfernt werden, sondern es wurde eine Harnleiterschiene gelegt.
Diese soll in ein paar Tagen entfernt werden, wenn auch der Nierenstein entfernt wird.
Nun zu meiner eigentlichen Frage:
Leider hatte ich gerade mit einer hochdosieren Spritzenstimulation für eine Selbstzahler-ICSI/IVF begonnen, als mein Mann mit Nierenkolik ins Krankenhaus kam. Wir haben uns dann mehrfach beim Urologen und auch Kiwu-Zentrum erkundigt, ob die Harnleiterschiene oder aber das Antibiotikum ein Problem für die anstehende IVF/ICSI sein könnten.
Alle Behandler waren sich einig, dass - sofern mein Mann Antibiotikum einnimmt und kein akuter Infekt vorliegt - weder die Harnleiterschiene, noch der Nierenstein o.ä. ein Problem für unsere Kiwu-Behandlung sind.
Wir hatten damit gerechnet, dass das Spermiogramm ggf. nicht mehr im WHO-Normbereich ist, wie es sonst immer war, sonder ggf. schon eine leichte Verschlechterung stattgefunden hat wegen der unterschiedlichen Probleme. Für den Fall wollten wir eine ICSI statt IVF.
Nun habe ich das Spermiogramm gesehen, dass am Tag der PU erstellt wurde und bin völlig schockiert. Das ehemals normwertige Spermiogramm, welches laut Ärzte ja durch Harnleiterschiene und Antibiotikum kaum beeinflusst sein sollte, sah nun so aus:
Volumen: 6 ml
Konzentration: 1 Mio Spermien pro ml
Beweglichkeit A: 1 %
Beweglichkeit B: 1 %
Beweglichkeit C: 1 %
Beweglichkeit D: 97 %
Für ICSI konnten vereinzelt bewegliche Spermien gefunden werden.
Meine Frage wäre nun an Sie: Welche Untersuchungen sollten bei meinem Mann noch gemacht werden, um der Ursache für diese massive Spermienverschlechterung auf den Grund zu kommen?
Gibt es möglicherweise noch eine andere Ursache, die sowohl die ständigen Harnwegsinfekte als auch dieses katastrophale Spermiogramm erklärt? Der Nierenstein wird doch wohl kaum der Grund sein? Könnten ggf. auch ein Problem mit der Prostata, den Nebenhoden, Hoden, Samenleitern der Grund für all das sein? Also, dass der ursprüngliche Harnwegsinfekt sich noch auf andere (Geschlechts-)Organe ausgebreitet hat und deshalb auch immer wieder kehrt?
Oder kann das nicht sein, weil die genannten Antibiotika dagegen hätten helfen müssen (er hat das Antibiotikum immer 10 Tage eingenommen - dann abgesetzt und ggf. erneut begonnen)?
Haben Sie noch andere Ideen, was man untersuchen könnte?
Über eine Antwort würde ich mich sehr, sehr freuen!
LG
von
Verzweifelte1984
am 31.08.2020, 16:19
Antwort auf:
Ausgebreitete Infektion beim Mann Grund für massive Spermienverschlechterung?
Hallo,
das Spermiogramm ist ja tatsächlich deutlich eingeschränkt, bei einer ICSI werden Sie aber dennoch sehr gute SS-Chancen haben, da sich ja gut bewegliche Spermien gefunden haben.
Auch ich bin der Meinung, dass die Antibiotika und auch die HL-Schienen keinen Einfluss auf das SG haben, dennoch ist eine Verschlechterung der Parameter unter den genannten Umständen aus meiner Sicht keine Überraschung: Wenn es dem Körper schlecht geht, und dies muss man ja unterstellen, "denkt er als Allerletztes daran, sich zu reproduzieren". Der mit den Symptomen einhergehende Stress könnte die zentralen Hormone reduziert haben und die Einschränkung des SGs erklären. Hier könnte man evtl. einmal LH und FSH bestimmen lassen.
Um eine Infekt-bedingte Ursache auszuschließen ist es auch möglich, eine Bakterienkultur aus dem Spermiogramm anzulegen. Wurde so etwas gemacht? Wurde Ihr Mann noch einmal von einem Andrologen untersucht?
Insgesamt hört sich die Situation mit den rezidivierenden Infekten ja wirklich nicht gut an und ich würde diese definitiv zeitnah und vollständig abklären lassen.
Viele Grüße
Christoph Grewe
von
Dr. Christoph Grewe
am 31.08.2020
Antwort auf:
Ausgebreitete Infektion beim Mann Grund für massive Spermienverschlechterung?
Oh, wow! Herzlichen Dank für Ihre so ausführliche und wirklich hilfreiche Antwort!
Ihre Erklärung bezüglich der herunterregulierten Reproduktionsfähigkeit in Bezug auf die Vorrangigkeit der Infekte klingt sehr einleuchtend und nachvollziehbar.
Die Idee mit der Bakterienkultur aus einem Spermiogramm ist super - ich wusste gar nicht, dass so etwas geht. Das wurde bisher nicht gemacht. Bisher war auch das einzige Spermiogramm, welches erstellt wurde seit den Infekten, am Tag der PU im Kinderwunschzentrum.
Mein Mann war in den letzten Jahren bei mehreren Urologen, ob diese ebenfalls Andrologen waren, weiß ich jedoch nicht. In jedem Fall wurden die Spermien in dieser Zeit nie von den Urologen untersucht (sonst hätten wir ggf. schon eine Vorwarnung gehabt). Die Urologen haben lediglich immer wieder Urinproben genommen und Ultraschalluntersuchungen durchgeführt - von welchen Organen weiß ich jedoch nicht. Der Nierenstein wurde schließlich im CT entdeckt, allerdings im Krankenhaus im Rahmen des Nierenkolik-Notfalls.
Soweit ich weiß, wurden beim Spermiogramm im Kiwu-Zentrum auch "lediglich" die für die ICSI relevanten Parameter bestimmt (also Spermienmenge und Beweglichkeit). Leukozyten oder andere Werte aus dem Sperma wurden nicht bestimmt.
Ich habe irgendwo gelesen, dass man aus der Verflüssigungszeit oder aber einem "Stoff", der von der Prostata in das Ejakulat abgegeben wird, ggf. auf Probleme mit der Prostata schließen kann. Wissen Sie, was hier konkret untersucht werden müsste, ggf. auch aus der Spermienflüssigkeit? Oder ist das die besagte Kultur, von der Sie sprachen?
Die Ärzte forschen aktuell eigentlich nur in Richtung Nierenstein und sagen, dieser könnte ggf. auch die Ursache für die rezidivierenden Infekte sein.
Ich selbst bin ehrlich gesagt nicht so überzeugt, ob das wirklich die einzige Ursache ist, denn in all den Jahren mit Nierensteinen hatte mein Mann nie solche starken Probleme und wiederkehrenden Infekte wie in der letzten Zeit. Meine Vermutung wäre wie gesagt eher, dass sich der Infekt von den Harnwegen noch weiter ausgebreitet hat und ggf. nicht lange genug/vor allem durchgehend genug antibiotisch behandelt wurde.
Was konkret sollte ein Androloge mit dieser Vorgeschichte (neben der Spermienkultur) ggf. noch untersuchen um andere Ursachen (als nur den Nierenstein) sicher ausschließen zu können?
Viele Grüße und danke, dass Sie so lange Texte überhaupt lesen!
von
Verzweifelte1984
am 31.08.2020, 21:45
Antwort auf:
Ausgebreitete Infektion beim Mann Grund für massive Spermienverschlechterung?
Hallo,
in Bezug auf die Untersuchungsinhalte durch den Andrologen bin ich leider etwas überfragt. Bezüglich Ihrer Frage die Prostata betreffend: Es gibt ja neben den eigentlichen Spermiogrammparametern noch sicher 15 weitere Untersuchungen, die am Sperma durchgeführt werden können. So kann z.B. der Gehalt an Fructose etc. gemessen werden. Welche Parameter hier zur Überprüfung der Prostata genau relevant sind, weiß aber auch der Androloge besser, als ich. ;)
Viele Grüße
Christoph Grewe
von
Dr. Christoph Grewe
am 01.09.2020
Antwort auf:
Ausgebreitete Infektion beim Mann Grund für massive Spermienverschlechterung?
Ok, vielen Dank für Ihre Ehrlichkeit! Dann fragen wir den Andrologen, haben so aber zumindest schon mal ein paar Indizien und Ideen, was wir überprüfen lassen sollten.
Vielen Dank noch einmal und alles Gute auch für Sie!
von
Verzweifelte1984
am 02.09.2020, 14:44