Erziehungsschwierigkeiten bei zwei Kleinkindern

 Christiane Schuster Frage an Christiane Schuster Sozialpädagogin

Frage: Erziehungsschwierigkeiten bei zwei Kleinkindern

Liebe Christiane Schuster, tut mir Leid, dass ich mich direkt an Sie wende (Sie haben sicher oft ähnliche Probleme bearbeitet), aber ich finde in der Stichwortsuche nicht das Passende. Ich habe eigentlich zwei ganz liebe, süße Jungs, 2 und 4, und möchte sie nicht durch Erziehungsfehler ‚versauen’. Ich selbst habe allerdings zurzeit das Problem, das ich unter der sogenannten Erschöpfungsdepression leide, sprich, oft müde bin und schlichtweg nicht die Kraft und Energie habe, die man braucht, um zwei sehr lebhafte und intelligente Kleinkinder angemessen zu betreuen. Wir leben zurzeit noch im Ausland, sind selbständig und beruflich sehr eingespannt. Vollständige Konzentration auf die Kinder ist daher nicht drin. Der Große geht in einen deutschen Kindergarten, wo er in erster Linie seit Oktober mit größeren Jungs zusammen ist. Seitdem ist der Umgangston bei uns deutlich ruppiger geworden und der Kleine kopiert natürlich. Das kann durchaus in Beschimpfungen und im Extremfall ‚Schläge’, also körperliche Angriffe, durch beide ausarten, nicht nur gegenseitig, sondern auch gegen uns. Meist komme ich noch mit Autorität dagegen an, diese besteht aber in ernsten Fällen aus lautem Brüllen. Manchmal fühle ich mich wie auf dem Kasernenhof und kann mich selbst nicht mehr hören. Heute ist mir nun der Kragen richtig geplatzt und ich habe dem Großen einen Klaps auf den Mund gegeben. Wir haben uns danach weiter richtig gestritten, er hat weiter provoziert etc. Dabei fühle ich mich ziemlich schlecht. Abgrenzung funktioniert zum Teil auch, ist aber schwer praktizierbar, weil der Kleine (selbst wenn er das Opfer war) dann brüllend, heulend und schreiend auf der einen Seite der Tür steht und der Große auf der anderen. Es wird eh ganz schön viel geschrieen und gestritten, ich denke, das ist normal, geht aber auch oft an die Substanz. Manchmal bin ich einfach ratlos und überfordert und es tut mir einfach unglaublich Leid, den die Beiden haben das Beste verdient, sind anhänglich, kuscheln oft, brauchen viel Liebe und ein stabiles Umfeld. Ich denke z. B. an ein Punktesystem mit ‚guten’ und ‚schlechten’ Punkten und anschließender Belohnung, fürchte aber, dass der Kleine noch nicht soweit ist. Wir geben unser Bestes, mein Mann auch, aber manchmal bin ich schlichtweg am Rande meiner Kraft und weiß nicht mehr, was richtig ist. Über alle Anregungen, auch Buchtipps etc., würde ich mich sehr freuen! Vielen Dank für Ihr Engagement!

Mitglied inaktiv - 08.02.2004, 10:39



Antwort auf: Erziehungsschwierigkeiten bei zwei Kleinkindern

Hallo Christine Wie Ute schon sagte, ist das Wichtigste, was jedes Familienmitglied braucht, ein Ort zum Durchatmen, bzw. um zur Ruhe zu kommen. Wie wär`s, wenn Sie diese "Ruhe-Ecke", "Kuschel-Zone" o.Ä. mit Ihren Kindern gemeinsam einrichten würden, sodass Jede(r) sich dorthin verziehen kann, wenn er Ruhe braucht, wenn ihm die Streitereien zuviel werden, usw. Kommt es zwischen den Kindern dann zu Auseinandersetzungen, können Sie dazu auffordern, sich in diese "Ecke" zurückzuziehen. Nach einer Weile finden Sie sich dann gemeinsam dort ein und der Streit wird hoffentlich vergessen sein. Eine derartige Rückzugsmöglichkeit können Sie natürlich auch Jedem der Kinder separat anbieten, indem Jeder sich (mit Ihrer Hilfe) eine "Bude" bauen darf, in Der er der alleinige Bestimmer ist und in Der Jeder sein pers. Lieblingsspielzeug aufbewahren darf. Viel Erfolg, liebe Grüße und: bis bald?

von Christiane Schuster am 09.02.2004



Antwort auf: Erziehungsschwierigkeiten bei zwei Kleinkindern

Hallo Christine! Irgendwie habe ich das Gefühl, daß Ihr Euch im Moment in einer Art Teufelskreis befindet. Du bist müde, abgespannt und dadurch auch gereizter und undgeduldiger, gleichzeitig sind die Kinder im schönsten Trotzalter. Und wenn die Kinder dann diesen Trotz so richtig schön ausleben, gehst Du viel schneller in die Luft, als wenn Du entspannter wärst. Die Kinder wiederum reagieren (meistens) mit extremeren Verhalten und Du hältst dagegen, daraufhin setzen die Kleinen noch einen drauf.....verstehst Du, wie ich das meine? Ich war mit meinen beiden Jungen (keine 16 Monate auseinander) vor Jahren auch in diesem Teufelskreis und die Spirale hat sich unendlich gedreht. Irgendwann habe ich angefangen, diesen Kreis zu durchbrechen. Wenn mein Großer (der konnte das besonders gut) seinen kleinen Bruder wieder besonders schlimm geärgert hat, kam er erst einmal ohne große Brüllerei meinerseits in sein Zimmer und der Kleine wurde von mir getröstet. War der Kleine beruhigt, bin ich zum Großen ins Zimmer, der zwischenzeitlich etwas runtergekommen war (so, wie ich auch). Meistens waren wir dann beide in der Lage, ruhiger miteinander umzugehen und über das Geschehene zu sprechen. Ich habe mir auch abgewöhnt, diese *warum hast Du ... geärgert* Fragen zu stellen, denn im Prinzip wußte er es selber nicht und wie sollte er dann mir eine Antwort darauf geben. Hatten wir über die Sache geredet, wurde noch etwas gekuschelt und dann gingen wir gemeinsam zurück ins Wohnzimmer (wenn er mitkommen wollte). Der Kleine hatte meistens schon alles vergessen und die beiden konnten wieder in Ruhe spielen. Ach ja, ich habe aber auch festgestellt, daß kleinere Brüder ihre großen Geschwister unheimlich provozieren können, bis diese dann irgendwann explodieren. Danach kam der Kleine dann zu mir und war der Meinung der große Bruder gehöre bestraft. Ein paarmal bin ich darauf reingefallen, aber dann habe ich diesen Filou doch durchschaut ;o) Heute streiten sich die beiden immer noch, aber jetzt reicht es, wenn ich den Oberstreiter kurz zu mir hole, ihn in den Arm nehme und ihn bitte, doch etwas ruhiger zu sein. Und wenn es denn gar nicht klappt, müssen beide in ihre Zimmer und dann ist für eine gewisse Zeit getrenntes Spielen angesagt. Danach funktioniert es wieder... Dieses Durchbrechen des Kreises klappt natürlich nicht von heute auf morgen. Aber du wirst sehen, es wir irgendwann immer einfacher und die Kinder ruhiger. Vielleicht würde es auch etwas einfacher, wenn Du es Dir leisten könntest, beruflich etwas zurückzustecken? Ist es möglich, evtl. 2 Std. täglich früher nach Hause zu kommen? Dann hättest Du nicht soviel Streß, wärst nicht so abgespannt und würdest etwas zur Ruhe kommen. Und noch ein kleiner Trost: Es ist vollkommen normal, daß sich 2 Jungen lautstark streiten. Schalte in diesem Fall einfach auf Durchzug (auch wenn es zu Anfang schwer fällt). Meine beiden Jungen sind mittlerweile 7 + 8 Jahre, schaffen es immer noch gut sich anzuschreien, aber mittlerweile habe ich gelernt, nicht ständig mit einem Ohr dazwischenzuhängen. Im Gegenteil, ich bin viiiiiiel aufmerksamer, wenn die beiden sich plötzlich verstehen, es gaaaanz ruhig ist, nur noch geflüstert wird und die Zimmertür zu bleibt. Dann weiß ich, daß die beiden wirklich Blödsinn aushecken ;o) Viele Grüße Ute

Mitglied inaktiv - 09.02.2004, 08:38