Cherrybomb
Nach zwei Wochen in denen unser Leben komplett umgekrempelt wurde, komme ich auch endlich zum Schreiben eines Geburtsberichts! :)
Los ging es am 27.02. eigentlich direkt nach dem Frühstück. Auffällige Wehen, die ich zu dem Zeitpunkt noch als Senkwehen einsortiert habe. Wir verbrachten unseren ungeahnt letzten Tag in Zweisamkeit ganz normal und sind nachmittags sogar spazieren gegangen. Danach waren die Wehen erstmal weg.
Abends so um 19 Uhr rum dann plötzlich eine deutliche Veränderung der Wehen. Kamen praktisch aus dem Nichts, stiegen stark an und fielen nach einem Höhepunkt rapide ab. "Oh, oh", dachte ich mir nur und griff zum Wehentimer: Ziemlich regelmäßige 11 Minuten Abstand und noch gut zu überleben, haha. Ich habe mich mental darauf eingestellt, dass jetzt noch nichts passiert und bin so um 23 Uhr rum ins Bett. Nach 45 Minuten Schlaf waren die Wehen dann zu stark um Liegen zu bleiben. Dann passierte das, was wohl vielen wiederfährt: Die Frau tigert stundenlang alleine durch die Wohnung, beobachtet ihre Wehen und der Partner pennt seelenruhig im Bett.
Ab spätestens 1:30 Uhr konnte ich mir dann endgültig nicht mehr einreden, dass ich noch so viel mehr Zeit habe. Wehentätigkeit alle 5-6 Minuten. Ich hab mich aber gut gefühlt und hatte noch nicht den Impuls zum Krankenhaus aufzubrechen. Bisschen veratmen und gut ist. Erst ein Toilettengang ließ mich aufhorchen, als eine braune Blutung im Papier landete. Also ich im Kreißsaal angerufen: "Hab ich noch Zeit?". Ja, hätte ich, ich könnte natürlich kommen, wenn ich mich unwohl fühle. Nein, ich kann noch. Die Wehen habe ich gut weggesteckt. Eine halbe Stunde später wieder auf Toilette (ich musste so oft!) und eine starke, frische Blutung bekommen. Mehr als jemals bei einer Periode. Das hat mich dann doch beunruhigt. Habe also meinen Mann geweckt, auf den aktuellen Stand gebracht und entschieden zum KH aufzubrechen. Psychisch war das wohl eine Art Durchbruch, denn danach wurden die Wehen heftiger und ich musste zeitweise innehalten.
Wenig später sind wir im Kreißsaal aufgeschlagen. Die starke Blutung hat die Hebamme etwas verwundert. Bei der Aufnahmeuntersuchung war ich dann schon bei 3cm - hätte ich nicht gedacht, bisher ging ja alles noch! Ich habe trotzdem um eine PDA gebeten. Man muss sich ja nicht unnötig quälen.
Inzwischen ist es 4 Uhr vorbei und meine Wehentätigkeit ist praktisch zum Erliegen gekommen. Dank PDA kann ich sogar etwas schlafen. Ich chille im Bett bis etwa 9 Uhr morgens. Dann hat das Klinikpersonal genug und beschließt, Oxytocin zu geben. Was keiner bemerkt: Der Schlauch ist abgeknickt, das Oxytocin fließt nicht. Immerhin platzt die Fruchtblase.
Ansonsten passiert aber kaum was. MuMu auf 5 bis 6 cm. Ich solle sitzen, da ich im Liegen keine Wehen habe. Ich schneidersitze im Kreißsaal auf der Suche nach meiner inneren Mitte..öhm Wehe. Alle Viertelstunde erhöhen sie das Oxytocin, aber der Schlauch, ne?
Etwa 11:45 Uhr endlich die Korrektur des Schlauchs und dann ging es schnell. Von 7 cm auf vollständig geweitet in vielleicht 20 Minuten. Mich haut es aus der Bahn. Ob ich pressen will, werde ich gefragt. Ja, was weiß ich. Heimgehen und aufhören würde mir eher gefallen. Aber ich solle bei der nächsten Wehe zu pressen beginnen. Ist es das jetzt? Oh Gott! Ich also am Pressen. Total demotivierend, irgendwie fühlt sich das nicht an, als würde was passieren. Die Hebamme freudig "Ich kann schon die Haare sehen!" Ich versuche weiter die Wehen zu reiten, aber der Schmerz übermannt mich. Ich schreie ich könne das nicht, hyperventiliere vor lauter Schmerzen. Tönen, Luft anhalten und pressen? Schöne Theorie! Ich bin zu schockiert um überhaupt zu heulen und fühle mich, als würde man mich von innen zerschneiden. Wieso dauert der Kopf so lange rauszudrücken? Wie dick ist dieses Kind bitte? Nach einer gefühlten Ewigkeit ist er endlich raus. Danach soll ich die Luft anhalten und nochmal kräftig pressen, aber ich kann ja kaum noch atmen. Mir wird's schwindelig. Die Hebamme schiebt das Baby halb aus meinem Bauch. Da ist sie! Ich fühle gar nichts, nicht mal Erschöpfung. Ich bin leer und kann das, was ich sehe überhaupt nicht verarbeiten. Man packt das bläuliche Bündel auf meine Brust. Sie riecht nach süßem Fruchtwasser und Blut.
Meine Plazenta geht nicht komplett ab. Die Ärztin sagt, sie habe eine ungewöhnliche Form und wird hektisch. Schnell Ultraschall, dann hantiert sie mit den Fingern in mir herum und löst die Reste. Die Hebamme schiebt meinen Bauch nach unten und das Blut spült das Gewebe raus. Nach 10 Minuten Dauereinsatz bin ich um die Not OP herum gekommen.
Der Rest verschwimmt in meiner Wahrnehmung. Eine Stunde nach Geburt um 12:33 Uhr geht's aufs Familienzimmer. Ich habe wenig Erinnerungen an den ersten Tag. Aber sie ist da und nur darum geht's. Ich funktioniere. Erst am zweiten Tag sickert ein, was passiert ist.
Hallo aus dem Juli21 :) erstmal herzlichen Glückwunsch zur Geburt! und danke für den gut geschriebenen Bericht. Ich finde das immer sehr spannend wie es bei anderen läuft und es ist wahnsinn, wie unterschiedlich die Geburten sein können. Alles Gute!
Wundervoll geschrieben. Sehr anschaulich =) Aber alles in allem klingt es nach einer guten Erfahrung. Sehr schön, dass du dank des Einsatzes der Ärztin und der Hebamme um eine Operation herumgekommen bist.
Vielen Dank für den Bericht. Macht irgendwie Mut… Meine Angst gilt nämlich den ersten 20 Stunden oder so. Die Austreibung wird bestimmt so klappen… Alles Gute euch.